Archer Jeffrey
Dick, denn hier würde es keiner für Sie tun«, sagte Sally mit ironischer Gelassenheit. Dick sprang mit rotem Gesicht auf, drückte die Handflächen auf die Schreibtischplatte und starrte auf Sally hinunter. Sie bedachte ihn mit einem breiten Lächeln, drehte sich um und schritt ruhig aus seinem Büro. Glücklicherweise hörte Dick den rauschenden Applaus nicht, der Sally begrüßte, als sie durchs Vorzimmer ging, sonst hätten noch mehrere andere Angestellte ihr Los geteilt.
Armstrong griff nach dem Telefon und wählte eine Nummer.
»Wachdienst. Kann ich Ihnen behilflich sein?«
»Hier Dick Armstrong. Mrs. Carr wird in wenigen Minuten das Haus verlassen. Dulden Sie unter keinen Umständen, daß sie in ihrem Firmenwagen wegfährt, und sorgen Sie dafür, daß sie nie wieder das Haus betreten kann. Ist das klar?«
»Ja, Sir«, antwortete eine ungläubige Stimme.
Armstrong schmetterte den Hörer auf die Gabel, hob ihn jedoch sofort wieder und wählte eine andere Nummer.
»Buchhaltung«, meldete sich eine Stimme.
»Stellen Sie mich zu Fred Preston durch.«
»Er spricht derzeit an einem anderen Apparat.«
»Dann sorgen Sie dafür, daß er auflegt!«
»Wen soll ich melden?«
»Dick Armstrong!« brüllte er. Dann war für einen Moment nichts mehr zu hören, bis die Stimme des Oberbuchhalters sich meldete.
»Hier Fred Preston, Dick, Tut mir leid, daß…«
»Fred, Sally hat soeben fristlos gekündigt. Sperren Sie ihren Monatsscheck. Und schicken Sie ihr die Entlassungspapiere sofort an ihre Adresse.«
Als keine Erwiderung kam, brüllte Armstrong: »Haben Sie mich verstanden?«
»Ja, Dick. Ich nehme an, daß Sally die ihr zustehenden Gratifikationen bekommen soll, sowie eine größere Abfindungssumme?«
»Nein! Sie soll nichts weiter bekommen, als was ihr nach dem Gesetz und ihrem Arbeitsvertrag zusteht!«
»Wie Sie sicher wissen, Dick, hatte Sally nie einen Arbeitsvertrag. Sie ist die dienstälteste Angestellte der Firma. Finden Sie nicht, daß sie unter diesen Umständen…?«
»Noch ein Wort, Fred, und Sie bekommen ebenfalls sofort Ihre Papiere!« Wieder schmetterte Armstrong den Hörer auf die Gabel und hob sofort zum drittenmal ab. Diesmal wählte er eine Nummer, die er auswendig kannte. Obwohl augenblicklich abgenommen wurde, blieb es am anderen Ende still.
»Ich bin’s, Dick«, begann er. »Leg nicht auf. Ich habe Sally soeben gefeuert. Sie hat das Haus bereits verlassen.«
»Das ist eine wundervolle Neuigkeit, Darling«, freute sich Sharon. »Wann fange ich an?«
»Montag morgen.« Er zögerte. »Als meine Sekretärin.«
»Als Chefsekretärin!« erinnerte sie ihn. »Aber mir ist lieber, wenn du mich anderen gegenüber als deine Assistentin bezeichnest.«
»Ja, sicher, wie du willst. Wie wär’s, wenn wir übers Wochenende die Einzelheiten besprechen? Wir könnten zur Jacht fliegen …«
»Aber was ist mit deiner Frau?«
»Ich habe sie gleich heute früh angerufen und ihr gesagt, daß ich dieses Wochenende nicht nach Hause komme.«
Erst nach einer langen Pause sagte Sharon: »Ja, ich würde das Wochenende gern mit dir auf deiner Jacht verbringen, Dick. Aber wenn uns in Monte Carlo irgendeiner von deinen Bekannten begegnet, wirst du mich als deine Assistentin vorstellen, nicht wahr?«
Sally wartete vergeblich auf ihren Gehaltsscheck, und Dick machte keine Anstalten, sich mit ihr in Verbindung zu setzen. Freunde im Büro erzählten ihr, daß Miß Levitt – sie bestand darauf, so genannt zu werden – bereits als Chefsekretärin angefangen hatte und im Büro das absolute Chaos herrsche. Armstrong wußte nie, wann er wo sein sollte; seine Schreiben blieben unbeantwortet, und seine Laune verschlechterte sich von Tag zu Tag. Doch niemand wagte es, ihn darauf aufmerksam zu machen, daß es an ihm lag, das Problem mit einem Anruf zu lösen – wenn er wollte.
Bei einem Drink in einem Pub in der Nähe machte ein befreundeter Anwalt Sally darauf aufmerksam, daß sie – aufgrund eines vor kurzem erlassenen Gesetzes – nach einundzwanzigjähriger, ununterbrochener Anstellung rechtlich in einer sehr guten Position war, Armstrong wegen ungerechtfertigter Kündigung zu belangen. Sally erinnerte den Anwalt, daß sie keinen Anstellungsvertrag habe und niemand besser wisse als sie, zu welchen Taktiken Armstrong fähig sei, wenn sie versuchte, gerichtlich gegen ihn vorzugehen. Schon nach einem Monat würde sie die Anwaltskosten nicht mehr bezahlen können und hätte keine Wahl, als sich geschlagen zu geben. Wie oft hatte sie in
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