Archer Jeffrey
Dick, nicht der Minister.«
»Ich kann mir trotzdem nicht vorstellen, daß die Behörde Townsend die Kontrolle über die halbe Fleet Street zugesteht. Wie auch immer – der Citizen ist die Zeitung, von der die Labour Party all die Jahre treu unterstützt wurde, während die anderen Blätter kaum mehr als Tory-Zeitschriften gewesen sind.«
»Aber die Kartellaufsichtsbehörde wird trotzdem zumindest den Anschein erwecken müssen, unparteiisch zu sein.«
»So unparteiisch, wie Townsend bei Wilson und Heath gewesen ist? Der Globe ist zu einem täglichen Liebesbrief an Mr. Heath geworden. Würde Townsend auch noch den Citizen in die Klauen kriegen, hätte die Labour-Bewegung keine Stimme mehr in diesem Land.«
»Das weißt du, und das weiß ich«, erwiderte Stephen. »Aber das Kartellamt setzt sich nicht nur aus Sozialisten zusammen.«
»Um so schlimmer!« brummte Armstrong. »Wenn ich den Citizen bekäme, würde Townsend zum erstenmal in seinem Leben erfahren, was echte Konkurrenz ist.«
»Mich brauchst du nicht zu überzeugen, Dick. Ich wünsche dir Glück mit dem Minister. Aber deshalb habe ich nicht angerufen.«
»Jedesmal, wenn du anrufst, geht es um ein Problem, Stephen. Was ist es diesmal?«
»Ich habe ein langes Schreiben von Sharon Levitts Anwalt erhalten, in dem er mit einer einstweiligen Verfügung droht.«
»Aber ich habe ihr vor Monaten eine Abfindung gezahlt. Sie kann keinen einzigen Penny mehr von mir erwarten!«
»Ich weiß von der Abfindung, Dick. Aber diesmal geht es um eine Vaterschaftsklage. Sharon hat einen Sohn geboren und behauptet, daß du der Vater bist.«
»Was! Beim Lebenswandel dieses Weibsbilds könnte jeder der Vater sein!« stieß Armstrong hervor.
»Möglich«, erwiderte Stephen. »Aber nicht mit diesem Muttermal unter dem rechten Schulterblatt. Und vergiß nicht, im Ausschuß der Kartellaufsichtsbehörde sitzen vier Frauen, und Townsends Frau ist schwanger.«
»Wann wurde der Bastard geboren?« Armstrong blätterte seinen Terminkalender zurück.
»Am 4. Januar.«
»Einen Moment!« Armstrong starrte auf die Eintragung bei dem neun Monate früheren Datum: Alexander Sherwood, Paris. »Dieses verfluchte Weibsstück muß es von Anfang an darauf angelegt haben, als sie vortäuschte, meine Chefsekretärin werden zu wollen. Sie wußte, daß sie auf diese Weise mit gleich zwei Abfindungen rechnen konnte! Was rätst du mir?«
»Sharons Anwälte wissen mit Sicherheit vom Kampf um den Citizen, und sie wissen auch, daß ein Anruf beim Globe genügen würde…«
Armstrong hob die Stimme. »Das würde dieses Flittchen nicht wagen!«
»Vielleicht nicht«, erwiderte Stephen. »vielleicht aber doch. Ich kann dir nur raten, es mir zu überlassen, die bestmöglichen Bedingungen auszuhandeln.«
»Wenn du meinst«, sagte Armstrong, nun auch etwas ruhiger. »Aber warne Sharon. Wenn sie auch nur ein Wort an die große Glocke hängt, ist noch am gleichen Tag Schluß mit den Zahlungen.«
»Ich werde mein Bestes tun«, versprach Stephen. »Aber ich fürchte, sie hat etwas von dir gelernt.«
»Und das wäre?« fragte Dick.
»Daß es sich nicht lohnt, einen zweitklassigen Anwalt zu nehmen. – Ich rufe dich an, sobald wir uns auf die Bedingungen geeinigt haben.«
»Ja, tu das.« Armstrong schmetterte den Hörer auf die Gabel.
»Pamela!« brüllte er durch die Tür, »wählen Sie Don Sharpes Nummer!«
Als der Chefredakteur der London Evening Post an den Apparat kam, sagte Armstrong: »Es ist etwas dazwischengekommen. Ich muß unseren Lunch verschieben.« Er legte auf, ehe Sharpe dazu kam, auch nur ein Wort zu sagen. Armstrong hatte schon vor geraumer Zeit beschlossen, daß dieser Redakteur durch einen fähigeren Mann ersetzt werden müsse, ja, er hatte sich sogar bereits an den Journalisten gewandt, den er für diese Stellung vorgesehen hatte. Doch durch den Anruf des Ministers mußte diese Sache noch ein paar Tage warten.
Dick machte sich keine allzu großen Sorgen wegen Sharon und darüber, daß sie den Mund nicht halten würde. Er hatte Akten über alle Redakteure in der Fleet Street angelegt und sogar noch umfangreichere Dossiers über ihre Bosse; überdies besaß er fast einen ganzen Aktenschrank mit Material über Keith Townsend. Seine Gedanken schweiften zu Ray Atkins zurück.
Nachdem Pamela die Morgenpost mit ihm durchgegangen war, ersuchte Dick sie um ein Exemplar von Dodd’s Parliamentary Companion. Er wollte noch einmal die Daten von Atkins’ Karriere durchgehen, die Ministerialposten, die er bekleidet
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