Archer Jeffrey
kleinen Scotch mit viel Soda«, entgegnete der Minister.
Armstrong schenkte den Drink ein; dann führte er Atkins ins Nebenzimmer. Er knipste das Licht an – und damit ein verborgenes Tonbandgerät. Atkins lächelte erleichtert, als er sah, daß an dem langen Eßtisch nur für zwei Personen gedeckt war. Armstrong rückte ihm einen Stuhl zurecht.
»Danke, Dick«, sagte Atkins nervös. »Es ist sehr freundlich von Ihnen, sich so schnell für mich Zeit zu nehmen.«
»Es ist mir ein Vergnügen, Ray.« Armstrong setzte sich auf seinen Stuhl am Kopf der Tafel. »Ich freue mich immer, jemanden zu treffen, der so unermüdlich für unsere Sache arbeitet. Auf Ihre Zukunft«, er hob sein Glas, »die rosig ist, wie jeder versichert.«
Armstrong bemerkte, wie die Hand des Ministers zitterte, als er antwortete: »Sie tun sehr viel für unsere Partei, Dick.«
»Wie freundlich von Ihnen, daß Sie das sagen.«
Während der beiden ersten Gänge unterhielten die Männer sich über die Chancen der Labour Party, die nächste Wahl zu gewinnen. Beide gestanden, daß sie diesbezüglich nicht sehr optimistisch waren.
»Obwohl die Meinungsumfragen jetzt ein wenig besser aussehen«, sagte Atkins, »braucht man bloß die örtlichen Wahlergebnisse zu studieren, um zu erkennen, was sich da draußen in den Wahlkreisen wirklich tut.«
»Stimmt«, bestätigte Dick. »Nur ein Narr würde sich von Meinungsumfragen beeinflussen lassen, wenn es um die alles entscheidende Wahl geht. Obwohl ich glaube, daß Ted Heath bei der Fragestunde im Unterhaus gegenüber Wilson stets den kürzeren zieht.«
»Das stimmt, aber das bekommen leider nur ein paar hundert Abgeordnete mit. Würde das Fernsehen Unterhaussitzungen übertragen, könnte die ganze Nation miterleben, daß Harold bei weitem nicht Teds Klasse hat.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, daß ich das noch erlebe«, brummte Dick.
Atkins nickte, schwieg jedoch. Nachdem das Geschirr abgeräumt war, wies Dick seinen Butler an, sie allein zu lassen. Er schenkte dem Minister Rotwein nach, doch Atkins nippte nur am Glas. Er machte den Eindruck, als überlege er, wie er ein peinliches Thema anschneiden sollte. Als der Butler die Tür hinter sich geschlossen hatte, holte Atkins tief Atem. »Die ganze Angelegenheit ist mir wirklich peinlich«, begann er zögernd.
»Sagen Sie alles, wonach Ihnen ist, Ray. Von mir wird niemand etwas erfahren. Denken Sie daran, daß wir uns für dasselbe Team einsetzen.«
»Danke, Dick«, erwiderte der Minister. »Ich wußte gleich, daß Sie der Richtige sind, mit dem ich über mein kleines Problem sprechen kann.« Er spielte mit seinem Glas und schwieg wieder eine Zeitlang. Dann platzte er plötzlich heraus: »Die Evening Post stochert in meinem Privatleben herum, Dick, und gerade jetzt kann ich keinen Skandal gebrauchen.«
»Das tut mir leid.« Armstrong hatte ein ganz anderes Thema erwartet. »Was haben die Leute von der Evening Post Ihnen denn angetan?«
»Sie haben mir gedroht.«
»Ihnen gedroht?« Armstrongs Stimme klang verärgert. »Womit?«
»Na ja, ›gedroht‹ ist vielleicht etwas drastisch ausgedrückt. Aber einer Ihrer Reporter hat ständig in meinem Büro angerufen und an den Wochenenden bei mir zu Hause. Manchmal zwei-, dreimal am Tag.«
»Glauben Sie mir, Ray, davon wußte ich nichts«, versicherte Armstrong. »Ich werde mir Don Sharpe vorknöpfen, sobald Sie gegangen sind. Sie können sich darauf verlassen, daß Sie nicht mehr behelligt werden.«
»Danke, Dick.« Diesmal nahm Atkins einen Schluck Wein. »Aber es sind nicht sosehr die Anrufe, die mich beunruhigen, sondern die Story, die ausgegraben wurde.«
»Würden Sie sich besser fühlen, wenn Sie mir erzählen, worum es geht, Ray?«
Der Minister starrte auf den Tisch. Geraume Zeit verging, ehe er den Kopf hob. »Es ist schon sehr lange her«, begann er, »so lange, daß ich bis vor kurzem fast vergessen hatte, daß es je passiert ist.«
Armstrong schwieg und füllte das Glas seines Besuchers nach.
»Kurz nachdem ich in den Stadtrat von Bradford gewählt worden war«, Atkins nahm wieder einen Schluck Wein, »lernte ich die Sekretärin des Wohnungsamtleiters kennen.«
»Waren Sie damals schon mit Jenny verheiratet?« fragte Armstrong.
»Nein. Jenny und ich haben uns erst zwei Jahre später kennengelernt, kurz bevor ich für den Wahlkreis Bradford West gewählt wurde.«
»Wo liegt dann das Problem?« fragte Armstrong und versuchte, einen lockeren Tonfall anzuschlagen: »Sogar die Labour Party hat nichts gegen eine
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