Archer Jeffrey
als ein Kellner sich zwischen sie stellte, um ihre Weingläser nachzufüllen. Sofort wandte Keith sich Carol Grenville zu, der Gemahlin des Geschäftsführers der Bank, die zu seiner Linken saß. Die einzigen Fragen, auf die Carol eine Antwort wollte, lauteten: »Wie geht es Kate und den Kindern?« und »Haben Sie die Neuinszenierung von Guys and Dolls gesehen?«
»Haben Sie die Neuinszenierung von Guys and Dolls gesehen, Dick?« fragte der Gouverneur.
»Leider nicht, Mario«, antwortete Armstrong. »Die beiden auflagenstärksten Zeitungen von New York und London zu führen läßt mir keine Zeit für einen Theaterbesuch. Um ehrlich zu sein, wundert es mich, daß Sie die Zeit dafür finden, wo doch Wahlen vor der Tür stehen.«
»Sie dürfen nie vergessen, Dick, daß auch Wähler Theater besuchen«, erwiderte der Gouverneur. »Und wenn man in der fünften Reihe im Parkett sitzt, sehen einen dreitausend Wähler gleichzeitig. Und die freuen sich immer, wenn sie sehen, daß man den gleichen Geschmack hat wie sie.«
Armstrong lachte. »Ich würde nie einen guten Politiker abgeben.« Er hob eine Hand. Augenblicke später erschien ein Kellner neben ihm. »Darf ich um einen Nachschlag bitten?« flüsterte Armstrong.
»Selbstverständlich, Sir«, versicherte ihm der für den Honoratiorentisch zuständige Kellner, obwohl er hätte schwören können, daß er Mr. Armstrong bereits einmal nachgereicht hatte.
Armstrong blickte nach rechts zu David Dinkins hinüber und bemerkte, daß dieser lediglich auf seinem Teller herumstocherte – eine Angewohnheit, die bei Personen üblich war, die nach dem Essen eine Rede halten mußten, wie Dick im Laufe der Jahre erkannt hatte. Der Bürgermeister hatte den Kopf gesenkt. Er las den fertig getippten Text und nahm hier und da Verbesserungen mit einem Four-Seasons-Kugelschreiber vor.
Armstrong dachte gar nicht daran, den Bürgermeister zu stören. Er bemerkte, daß Dinkins mit einer Handbewegung abwehrte, als der Kellner ihm eine Creme brulee anbot. Armstrong bedeutete dem Mann, sie auf den Tisch zu stellen, falls der Bürgermeister es sich anders überlegte. Bis Dinkins mit der nochmaligen Durchsicht seiner Rede fertig war, hatte Armstrong sein Dessert verschlungen und sah erfreut, daß eine Platte mit Petits fours zwischen sie gestellt wurde, gleich nachdem der Kellner den Kaffee eingeschenkt hatte. Während der darauffolgenden Reden begannen Armstrongs Gedanken abzuschweifen. Er versuchte jedoch, nicht an seine derzeitigen Probleme zu denken. Nachdem der Präsident der Bankiersvereinigung seine Dankesrede heruntergebetet hatte, wurde Armstrong klar, daß er sich an kaum etwas erinnern konnte, das gesagt worden war.
»Die Ansprachen waren brillant, finden Sie nicht?« sagte David Grenville über den Tisch. »Ich bezweifle, daß in New York in diesem Jahr eine erlesenere Schar von Gästen Reden halten wird.«
»Da haben Sie wahrscheinlich recht«, erwiderte Townsend. Er dachte momentan an nichts anderes als daran, wie lange er noch hier herumsitzen mußte, ehe Mrs. Beresford ihm nach Hause zu gehen erlaubte. Ein Blick auf E. B. ließ ihn erkennen, daß ihre Augen angespannt auf dem Honoratiorentisch hafteten.
»Keith«, ertönte eine Stimme hinter ihm. Er drehte sich um und fand sich in der heftigen Umarmung wieder, für die der Bürgermeister von New York bekannt war. Townsend fügte sich in das Schicksal, daß es einige Nachteile mit sich brachte, Eigentümer des Star zu sein.
»Guten Abend, Herr Bürgermeister«, sagte er. »Wie schön, Sie wiederzusehen. Darf ich Sie zu Ihrer brillanten Rede beglückwünschen?«
»Danke, Keith. Aber das ist nicht der Grund, weshalb ich mit Ihnen sprechen möchte.« Er tippte mit einem Finger auf Townsends Brust. »Warum habe ich das Gefühl, daß Ihr Chefredakteur etwas gegen mich hat? Ich weiß, daß er Ire ist, aber ich möchte Sie bitten, den Mann doch einmal zu fragen, wie ich eine weitere Gehaltserhöhung für die New Yorker Polizei ermöglichen soll, wo die Stadt bereits jetzt das ganze Geld für dieses Jahr ausgegeben hat. Möchte er eine neue Steuererhöhung? Oder bloß den Bankrott New Yorks?«
Townsend hätte dem Bürgermeister gern vorgeschlagen, er solle sein Problem mit der Polizei von E. B. lösen lassen, doch als David Dinkins endlich verstummte, versprach Keith dem Bürgermeister, sich gleich am nächsten Morgen mit dem Chefredakteur zu unterhalten. Er versäumte jedoch nicht, Dinkins darauf hinzuweisen, daß es stets seine
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