Archer Jeffrey
Arbeit selber macht.
Verdammt, er ist über Vierzig!«
»Ein Grund mehr, ihm zu helfen«, beharrte seine Gattin und
strich Butter auf ihre zweite Scheibe Toast.
»Nein, Ethel. Nein und noch mal nein!«
»Aber siehst du denn nicht ein, daß es eine von Nigels
Verpflichtungen ist, der Firma neue Klienten zuzuführen? Und
momentan ist das besonders wichtig, weil ich sicher bin, daß
man ihm nun, da der Krieg zu Ende ist, bald anbieten wird, ihn
als Kompagnon aufzunehmen.«
Major Trentham versuchte gar nicht, seine Ungläubigkeit
über diese Neuigkeit zu verbergen. »Wenn es so ist, sollte er
seine eigenen Beziehungen besser nutzen – vor allem die, die
er in der Schule und in Sandhurst anknüpfte, vom
Finanzdistrikt ganz zu schweigen. Er darf sich nicht einbilden,
immer nur auf die Freunde seines Vaters zurückgreifen zu
können.«
»Das ist nicht fair, Gerald. Wenn er sich nicht auf sein eigen
Fleisch und Blut verlassen kann, wie soll er da erwarten, daß
ihm jemand anderes zu Hilfe kommt?«
»Zu Hilfe kommt? Das trifft den Nagel auf den Kopf.«
Geralds Stimme hob sich bei jedem Wort. »Denn genau das
hast du seit dem Tag seiner Geburt getan! Und das ist
wahrscheinlich der Grund, weshalb er immer noch nicht auf
eigenen Beinen stehen kann!«
»Gerald!« Mrs. Trentham zog ein Taschentuch aus ihrem
Ärmel. »Ich hätte nie gedacht …«
»Wie auch immer«, sagte der Major, um wieder ein bißchen
Frieden herzustellen, »so beeindruckend ist mein Vermögen
ohnehin nicht. Wie ihr, du und Mr. Attlee, sehr wohl wißt,
besteht es hauptsächlich aus Grundbesitz, und zwar bereits seit
Generationen.«
»Es kommt doch nicht auf die Höhe an«, sagte Mrs.
Trentham tadelnd. »Es geht ums Prinzip.«
»Eben«, entgegnete Gerald. Er faltete seine Serviette, stand
vom Frühstückstisch auf und verließ das Zimmer, ehe seine
Gemahlin noch ein Wort sagen konnte.
Mrs. Trentham griff nach der Morgenzeitung ihres Gatten
und fuhr mit dem Finger die Geburtstagsehrenliste entlang, wo
wie in jedem Jahr die Namen derjenigen aufgeführt waren,
welche der König in den Ritterstand erhoben hatte. Ihr Finger
zitterte, als er beim Buchstaben »T« innehielt.
Nach Mr. Harris’ Bericht war Daniel Trumper den zweiten Sommer nach Kriegsende mit der Queen Mary nach Amerika gereist. Doch der Privatdetektiv konnte Mrs. Trenthams nächste Frage, die nach dem Warum, nicht beantworten. Harris konnte ihr nur versichern, daß er zu Beginn des neuen akademischen Jahres in seinem College zurückerwartet wurde.
Während der Wochen seiner Abwesenheit verbrachte Mrs. Trentham viel Zeit bei ihren Anwälten in Lincoln’s Inn Fields, die einen Antrag für eine Baugenehmigung für sie vorbereiteten.
Sie war bereits bei drei Architekten gewesen, die alle noch neu in ihrem Beruf waren, und hatte sie beauftragt, einen vorläufigen Plan für ein Mietshaus zu entwerfen. Der Sieger, versicherte sie den dreien, würde den Auftrag erhalten, während die beiden anderen je mit hundert Pfund entschädigt würden. Alle drei erklärten sich gern damit einverstanden.
Etwa zwölf Wochen später legte ihr jeder seinen Bauplan vor, doch nur einer wurde Mrs. Trenthams Anforderungen gerecht.
Nach Meinung des Seniorsozius der Anwaltsfirma würde das Elektrizitätswerk von Battersea, verglichen mit dem geplanten Mietshaus des jüngsten der drei, Justin Talbot, wie das Schloß von Versailles aussehen. Mrs. Trentham gedachte indes nicht, dem Anwalt gegenüber zuzugeben, daß bei ihrer Wahl die Tatsache eine Rolle spielte, daß Mr. Talbots Onkel Mitglied des Planungsausschusses für diesen Bezirk war.
Doch selbst, falls Talbots Onkel seinem Neffen zu Hilfe kommen sollte, war sich Mrs. Trentham keineswegs sicher, daß die Mehrheit des Ausschusses ein so verunstaltendes Vorhaben genehmigen würde. Nach dem eingereichten Plan würde das Mietshaus wie ein Bunker aussehen, den sogar Hitler abgelehnt hätte. Doch ihre Anwälte hatten ihr geraten, sie solle in ihrem Antrag erstens angeben, der Hauptzweck des Baus sei, billigen Wohnraum im Zentrum Londons für Studenten und arbeitslose Alleinstehende zu schaffen, die für begrenzte Zeit dringend Unterkunft benötigten; und zweitens, daß alle Einnahmen aus diesen Wohnungen an eine wohltätige Stiftung gehen würden, die Familien mit dem gleichen Problem helfen sollte; drittens sollte sie den Ausschuß darauf aufmerksam machen, wie bemüht sie darum gewesen war, neue Talente zu suchen und zu fördern, indem sie ihnen eine Chance gab, sich als
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