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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Aufstieg
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über die Täler
von Yorkshire, die dunklen Wolken, sogar das Bild von der
Yorker Kathedrale im Nußbaumrahmen hing noch über dem
Bett. Sie schlief recht gut und stieg am Morgen um acht Uhr
wieder die Treppe hinunter. Die Köchin erklärte ihr, daß Miss
Amy noch nicht aufgestanden war, also frühstückte sie auch
allein.
Nachdem alle zugedeckten Speisen weggeräumt waren, las
Mrs. Trentham im Salon die Yorkshire Post und wartete auf
ihre Schwester. Eine Stunde später spazierte die alte Katze
herein, aber Mrs. Trentham verscheuchte sie rasch mit einer
heftigen Handbewegung. Die Standuhr in der Halle hatte
bereits elf Uhr geschlagen, als Amy endlich das Zimmer betrat.
Auf einen Stock gestützt, ging sie schwerfällig auf ihre
Schwester zu.
»Es tut mir leid, Ethel, daß ich gestern abend nicht mehr auf
war, als du gekommen bist. Meine Arthritis macht mir wieder
zu schaffen.«
Mrs. Trentham antwortete nicht darauf, sondern
beobachtete, wie ihre Schwester sich auf sie zuschleppte. Sie
konnte es kaum fassen, wie ihre Schwester in den letzten drei
Monaten zusammengefallen war.
Amy war immer zierlich gewesen, doch nun war sie
gebrechlich. Und selbst wenn sie immer ruhig gewesen war,
jetzt war sie fast unhörbar. Und wie sie früher vielleicht ein
wenig blaß gewesen war, war sie nun fahl, und ihr Gesicht war
so tief gezeichnet, daß sie viel älter als ihre neunundsechzig
Jahre wirkte.
Amy ließ sich vorsichtig auf dem Stuhl neben ihrer
Schwester nieder und atmete ein paar Sekunden schwer, als
wolle sie ausdrücken, daß ihr der Weg vom Schlafzimmer zum
Salon große Mühe gemacht habe.
»Es ist lieb von dir, daß du meinetwegen deine Familie
allein läßt und nach Yorkshire gekommen bist«, sagte Amy,
und die rote Katze kletterte auf ihren Schoß. »Ich muß
gestehen, seit Papas Tod komme ich mir so hilflos vor.« »Das ist verständlich, meine Liebe.« Mrs. Trentham lächelte
dünn. »Ich hielt es für meine Pflicht, zu dir zu kommen – und
ich tue es natürlich gern. Jedenfalls bereitete mich Vater darauf
vor, daß es dazu kommen könnte, wenn er einmal nicht mehr
ist. Er gab mir spezielle Anweisungen, was ich unter diesen
Umständen tun sollte.«
»Oh, das freut mich.« Amys Gesicht leuchtete zum
erstenmal auf. »Bitte sag, was Papa wollte.«
»Vater sagte, daß du das Haus so rasch wie möglich
verkaufen und entweder bei Gerald und mir in Ashurst wohnen
sollst …«
»Oh, das könnte ich dir nie zumuten, Ethel.«
»… oder in eines dieser hübschen kleinen Hotels an der
Küste ziehen sollst, die hauptsächlich pensionierte Ehepaare
oder Alleinstehende aufnehmen. Er meinte, dadurch würdest
du einen netten Anschluß finden und das täte dir gut. Ich würde
dich natürlich lieber bei uns in Buckingham haben, aber bei
den ständigen Fliegeralarmen …«
»Er hat mir nie etwas davon gesagt, daß das Haus verkauft
werden soll«, murmelte Amy besorgt. »Ganz im Gegenteil, er
bat mich …«
»Ich weiß, meine Liebe, aber er erkannte, welche Belastung
sein Tod für dich sein würde, und er ersuchte mich, es dir
schonend beizubringen. Du wirst dich zweifellos an das lange
Gespräch erinnern, das er und ich in seinem Arbeitszimmer
führten, als ich ihn das letzte Mal besuchte.«
Amy nickte, aber die Bestürzung war noch nicht gewichen. »Ich besinne mich auf jedes Wort, das er sagte«, fuhr Mrs.
Trentham fort. »Natürlich werde ich mein möglichstes tun, daß
seine Wünsche erfüllt werden.«
»Aber ich wüßte nicht, wo ich anfangen soll!«
»Zerbrich dir darüber nicht den Kopf, meine Liebe.« Mrs.
Trentham tätschelte ihrer Schwester den Arm. »Genau deshalb
bin ich ja hier.«
»Aber was wird aus dem Personal und meinem geliebten
Garibaldi?« fragte Amy besorgt, während sie die Katze
streichelte. »Vater würde mir nie vergeben, wenn nicht für alle
bestens gesorgt würde.«
»Da kann ich dich beruhigen«, versicherte ihr Mrs.
Trentham. »Er hat wie immer an alles gedacht und mir genaue
Anweisungen erteilt, was mit den Dienstboten geschehen soll.« »Wie lieb von Papa. Aber ich bin mir trotzdem nicht so
sicher …«
Mrs. Trentham brauchte zwei weitere Tage geduldigen
Zuredens, ehe sie Amy endlich überzeugen konnte, daß ihre
Pläne für die Zukunft sich als das Beste erweisen würden, und
mehr noch, daß es das war, was ihr Vater gewollt hatte. Von dem Augenblick an zog Amy sich in ihr Zimmer
zurück und kam nur noch am Nachmittag heraus, um einen
kurzen Spaziergang durch den Garten zu machen und hin und
wieder nach

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