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Archer, Jeffrey

Archer, Jeffrey

Titel: Archer, Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abels Tochter
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Hunderte Bewerbungs-schreiben von Frauen ein, die für den Vorsitzenden der Baron-Gruppe arbeiten wollten. Es kamen Briefe aus den Colleges Radcliffe, Vassar und Smith; sogar einer aus der Besserungsanstalt für Frauen in West Virginia. Die Antwort einer Dame, die offenbar noch nie vom Chicago-Baron gehört hatte, gefiel Abel jedoch am besten.

    Altes Pfarrhaus
    Much Hadham

    Hertfordshire/ England
    12. September 1938

    Sehr geehrter Herr,
    in Beantwortung Ihres Inserats in der heutigen Times möchte ich mich um die Stellung einer Gouvernante für Ihre Tochter bewerben.
    Ich bin zweiunddreißig Jahre alt und die sechste Tochter des Reverend L. H. Tredgold. Ich bin unverheiratet und Mitglied der Kirchengemeinde von Much Hadham in Hertfordshire. Im Augenblick habe ich eine Lehrstelle in der Volksschule des Ortes und helfe meinem Vater.
    Ich wurde im Cheltenham Ladies College erzogen, wo ich insbesondere Latein, Griechisch, Französisch und Englisch studierte. Etwas später erhielt ich ein Stipendium für das Newnham College in Cambridge.
    Bei der Abschlußprüfung bekam ich in den drei lebenden Fremdsprachen erste Preise, aber kein Diplom, da die Universität den Titel des Bachelor of Arts nicht an Frauen vergibt.
    Ich bin jederzeit zu einer Vorsprache bereit und würde mich freuen, in der Neuen Welt arbeiten zu dürfen.

    Mit vorzüglicher Hochachtung
    Ihre W. Tredgold

    Abel fiel es schwer, sich vorzustellen, daß es Institutionen wie das Cheltenham Ladies College gab oder überhaupt einen Ort wie Much Hadham, und ersten Preisen ohne entsprechendes Diplom mißtraute er.
    Er ließ sich von seiner Sekretärin mit Washington verbinden. Der Person, die er zu sprechen wünschte, las er den Brief laut vor. Die Stimme aus Washington bestätigte, daß es keinen Grund gäbe, an der Glaubwürdigkeit des Schreibens zu zweifeln.
    »Sind Sie sicher, daß es so etwas wie ein Cheltenham Ladies College überhaupt gibt?« beharrte Abel.
    »Natürlich, Mr. Rosnovski, ich bin selbst dort erzogen worden«, antwortete die Sekretärin des britischen Botschafters.
    Abends las Abel den Brief nochmals vor, diesmal Zaphia.
    »Was meinst du dazu?« fragte er, obwohl er sich bereits entschlossen hatte.
    »Gefällt mir nicht«, erwiderte Zaphia, ohne von ihrer Zeitschrift aufzuschauen. »Wenn wir schon jemanden aufnehmen müssen, warum nicht eine Amerikanerin?«
    »Überleg doch, wie vorteilhaft es ist, von einer englischen Gouvernante erzogen zu werden. Sie wäre sogar für dich eine gute Gesellschaft.«
    Diesmal sah Zaphia von ihrer Zeitschrift auf. »Wieso?
    Hoffst du vielleicht, daß sie auch mich erziehen wird?«
    Abel antwortete nicht.
    Am nächsten Morgen telegraphierte er nach Much Hadham und bot Miss Tredgold die Stellung der Gouvernante an.
    Als Abel die Dame drei Wochen später in der La Salle Street abholte, wußte er sofort, daß er die richtige Wahl getroffen hatte. Sie stand allein auf dem Bahnsteig, neben sich drei Koffer von unterschiedlicher Größe und unterschiedlichem Alter; es konnte nur Miss Tredgold sein. Groß, mager und ein wenig herrisch, überragte sie ihren Brotgeber um einige Zentimeter, vor allem, weil ein großer Haarknoten ihr Haupt krönte.

    Zaphia hingegen behandelte Miss Tredgold als Eindringling, der gekommen war, ihre Stellung als Mutter zu untergraben. Als sie die Dame ins Kinderzimmer führte, war Florentyna nicht zu sehen. Unter dem Bett lugten zwei mißtrauische Augen hervor. Miss Tredgold entdeckte das Kind zuerst und kniete nieder.
    »Ich fürchte, ich werde wenig für dich tun können, wenn du da unten bleibst, mein Kind. Ich bin viel zu groß, um unter einem Bett zu leben.«
    Florentyna lachte laut und kroch hervor.
    »Was du für eine komische Stimme hast«, sagte Florentyna, »woher kommst du?«
    »Aus England«, antwortete Miss Tredgold und setzte sich neben Florentyna aufs Bett.
    »Wo ist das?«
    »Ungefähr eine Woche weit weg.«
    »Ja, aber wie weit?«
    »Das hängt davon ab, auf welche Art du reist. Fallen dir drei Möglichkeiten ein, wie ich gereist sein könnte?«
    Florentyna dachte angestrengt nach. »Von unserem Haus würde ich ein Fahrrad nehmen, und wenn ich das Ende von Amerika erreicht habe, würde ich…«
    Keiner von beiden merkte, daß Zaphia das Zimmer verlassen hatte.
    Es dauerte nur ein paar Tage, und Florentyna hatte Miss Tredgold in den Bruder und die Schwester verwandelt, die sie nie haben würde.
    Florentyna konnte Stunden damit verbringen, ihrer neuen Gefährtin einfach

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