Ardeen: Band 2: Neue Wege (German Edition)
vergangen war.
Als die Zeit des Abendessens nahte, gesellte sich Prinz Raiden zu den anderen in die Halle. Lord Boron konnte leider nicht bleiben, weil er noch eine Besprechung mit den Kommandanten hatte, aber die Einladung für den nächsten Tag nahm er gerne an.
Diener hatten bereits aufgedeckt und Prinz Raiden bemerkte freundlich:
„Lasst uns Platz nehmen“, dann fragte er scheinheilig: „Wie seid Ihr vorangekommen, Meister Lovin?“
„Ähm, ähm. Es ist schwierig mit den beiden.“
Gerade als sich Ravenor setzen wollte, traf ihn der Taktstock des Etikettemeisters: „Zzzt, Zzzt, nicht bevor der Prinz sich gesetzt hat.“
Genaueres Hinsehen offenbarte Meister Raiden, dass Ravenors Arme bereits mit dünnen roten Striemen übersät waren und auch Eryns sahen nicht besser aus. Meister Lovin dirigierte seine neuen Schützlinge mit seiner Dompteursrute zu zwei nebeneinanderstehenden Stühlen. Er selbst setzte sich auf die andere Seite und Meister Raiden saß am Kopf der Tafel – wie immer an seinem angestammten Platz.
„Wir sollten mit gepflegter Konversation beginnen, bis die Speisen serviert sind“, schlug der Etikettemeister vor, aber Eryn und Ravenor saßen mit geradem Rücken und irgendwie ziemlich verkrampft da. Keiner wollte beginnen. Fast erregte der Anblick Prinz Raidens Mitleid, wenn es nicht so tragisch-komisch gewesen wäre:
„Meine Herren, keine falsche Scheu. Sir Ravenor, Ihr seid doch sonst nicht auf den Mund gefallen und Magierschüler Eryn, Eure Neugierde verleitet Euch doch sonst andauernd zum Plappern“, versuchte der Prinz den beiden aufmunternd die Scheu zu nehmen. Wobei er im Beisein von Meister Lovin auch Eryn mit förmlicher Anrede ansprach. Tun wir mal so, als ob die zwei Halunken Edelleute wären.
Es war Eryn, der sich schließlich vorwagte: „Mein Prinz, seid Ihr bei Euren Forschungen weitergekommen?“
Noch bevor Prinz Raiden darauf antworten konnte, unterbrach Meister Lovin das Gespräch:
„Zzzt, Zzzt, es ist nicht angemessen, beim Mahle über die Arbeit zu reden. Leichte, heitere Konversation ist erwünscht.“
Nun konnte Ravenor nicht an sich halten und bemerkte belehrend und ziemlich pampig: „Der Prinz schätzt belangloses Gerede nicht.“
„Zzzt, Zzzt. Erstens versuchen wir hier etwas zu lernen, zweitens ist es nicht an Euch zu beurteilen, was der Prinz schätzt und was nicht und drittens ist Eure Wortwahl präpotent.“ ‚Drittens‘ wurde wieder mit dem Taktstock unterstrichen, der, dank seiner Länge, auch über den Tisch hinweg einsetzbar war. Ein zweiter Hieb traf dann gleich darauf Eryn, der sehr überrascht gar nicht wusste, wie er dazu kam.
„Zzzzzt Hände auf den Tisch. Das sieht aus, als ob Ihr sonst wohin greifen wolltet“, und Meister Lovin beendete den Satz mit einem sehr eindeutigen Hüsteln.
Durch das steife Sitzen begannen sich Ravenors Schultern und Nacken zu verkrampfen und er dehnte den Halsmuskel, in dem er den Kopf links und rechts zur Seite nahm. Zipp! Der Taktstock tanzte vor seiner Nase.
„Könnt Ihr das bitte unterlassen! Es kann doch nicht so schwer sein, ruhig und aufrecht zu sitzen. Prinz Raiden, ich möchte mich nicht beklagen, aber die beiden hier sind, gelinde gesagt, ...schwierig.“
Mit verzogenem Mund unterdrückte Meister Raiden erneut ein Lachen:
„Meine Worte, Meister Lovin, und ich weiß, wovon ich rede. Manchmal sind sie recht stur und uneinsichtig, gepaart mit einer gewissen Begriffsstutzigkeit. Aber ich habe vollstes Vertrauen in Eure Methoden und bin davon überzeugt, dass Ihr letztendlich Erfolg haben werdet.“
Dann brachten Bedienstete erlösenderweise endlich die Speisen. Zumindest bedeutete dies vorerst das Ende des Themas ‚Konversation‘. Es roch herrlich und Eryn knurrte bereits der Magen. Aber er befürchtete, dass das Essen kein Genuss werden würde. Schon beim Griff nach Messer und Gabel sauste ihm der Taktstock auf die Finger. Patsch.
„Zzzt, Zzzt, nicht bevor der Prinz zum Besteck gegriffen hat und nicht bevor alle Speisen aufgetragen wurden.“
Aus dem Augenwinkel bemerkte Eryn, dass Meister Raiden gerade noch die Hand zurückzog, die schon auf halben Weg zu Messer und Gabel gewesen war. Ha! Er genügt den Anforderungen dieses Knilchs offenbar auch nicht.
Darauf folgte eine Zaubersanktion des Prinzen mit der Bemerkung: Eryn, ich kann dich hören.
Nachdem mehrere Speisen auf dem Tisch standen, meldete ein Diener: „Es ist alles serviert, mein Prinz“, und ging anschließend aus dem
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