Ardeen: Band 2: Neue Wege (German Edition)
und beißt.“
Der nächste Tag begann genauso wie üblich und schon bald dachte Eryn überhaupt nicht mehr an die seltsamen Geschehnisse vom Vortag.
Bis Meister Raiden ziemlich abrupt die Arbeit beendete und meinte: „So, es ist Zeit. Hol Sir Ravenor und dann wartet unten in der großen Halle.“
„Mein Prinz, darf ich fragen, warum wir heute so früh Schluss machen?“ Neugierig wartete Eryn auf die Antwort, aber Prinz Raiden hielt sich bedeckt:
„Wart’s ab.“ Und dabei huschte dieses breite Grinsen über sein Gesicht.
Nichts Gutes. Das kann nichts Gutes sein. „Wie Ihr wünscht, Meister Raiden.“ Dann ging er, um Ravenor zu holen. Zumindest trifft es mich nicht alleine – das, was da gerade im Busch ist. Sicherlich hat das mit gestern Abend zu tun .
Auf dem Weg rätselte er zusammen mit Ravenor über den Grund.
„Eine Wette, da bin ich mir fast sicher. Und wir sind mitten drin – in was auch immer“, meinte Ravenor und Eryn überlegte krampfhaft:
„Er hat keinen Grund, uns Schlechtes zu tun. Wir haben nichts falsch gemacht. – Ich zumindest nicht.“ Oder doch? Nein, da war nichts.
Ravenor schlug ihm auf die Schulter: „Eryn, du hörst dich manchmal an wie ein Schisser. Ich dachte immer, du bist so ein harter Bergkrieger ohne Furcht und Tadel.“
Diesmal schlug Eryn verbal zurück: „Ich bin inzwischen ein sensibler Magierschüler, der dem Intellekt mehr Wert beimisst als der rohen Gewalt.“
„Ein Weichling, wolltest du sagen.“ Sie erreichten die Tür.
„Sssscht jetzt“, brachte Eryn seinen Freund zum Verstummen und öffnete die Tür. Dann traten sie ein. In der Halle erwarteten sie Prinz Raiden und ein kleiner, älterer Mann mit faltigem Gesicht, ähnlich einer Bulldogge. Er hatte einen birnenförmigen Körper mit dünnen Armen, die von schmalen Schultern baumelten und einen kugelförmigen, vorgewölbten Bauch .
Ein ziemlich komischer Geselle in reichlich geckenhafter Kleidung, war Eryns erste Einschätzung und er wunderte sich weiter: Ein seltsamer Mann, der keinerlei Waffen trägt. Nur diesen dünnen Stock. Ich hatte zuerst schon gedacht, das wäre ein Pfeil. Aber ohne Spitze und Federn ist es wohl nur ein dünnes Stöcklein. Wofür das auch immer gut sein mag?
„Mein Prinz, wie befohlen zur Stelle“, meldete Ravenor als Ranghöherer.
„Nun, meine Herren, begrüßt Etikettemeister Lovin.“
Im Chor kam das Begrüßungssprüchlein und Meister Raiden konnte sein Grinsen kaum verbergen: „Meister Lovin wird sich um Eure Ausbildung kümmern. Ich erwarte vollste Mitarbeit. Ach ja, und Eryn, leg das hier an.“
Der Prinz warf ihm einen Magieblocker zu.
Das ist... schändlich. „Meister Raiden, was habe ich falsch gemacht?“, fragte Eryn gekränkt.
Wieder unterdrückte Prinz Raiden sein Grinsen mühsam: „Nichts, Magierschüler Eryn. Reine Vorsichtsmaßnahme und bei dem, was Ihr beide nun lernen werdet, brauchst du keine Magie. Und vorsichtshalber sage ich es gleich jetzt: Ich will keine Klagen über Euch hören. Meister Lovin ist hier, um Euch Tischsitten beizubringen. Ich hoffe auf erste Erfolge beim Abendessen. Und nun lasse ich Euch besser allein. Meister Lovin, beginnt bitte mit Eurer Arbeit.“
Kaum war Prinz Raiden zur Tür hinaus, da begann Meister Lovin mit fisteliger Stimme zu sprechen: „Dürfte ich Eure Namen erfahren, werte Herren?“
„Jawohl, Meister Lovin. Sir Ravenor, Offizier der Schwarzen Garde und persönlicher Adjutant des Prinzen von Ardeen!“, schmetterte Ravenor in den Raum und Eryn fügte an: „Magieranwärter Eryn, persönlicher Schüler von Meister Raiden, dem Herrn des Schwarzen Turmes.“
Und da bekamen sie das erste von unzähligen „Zzzt, Zzzt“ zu hören:
„Zzzt, Zzzt, meine Herren, Ihr seid hier nicht auf dem Exerzierplatz. Es geht hier um höfliche Konversation. Man wird nie laut in einem Gespräch, das ist unhöflich. Also versuchen wir es noch einmal...
Lord Boron suchte Prinz Raiden in seinem Arbeitszimmer auf. Schon durch die Tür hindurch hörte man den Prinzen lauthals lachen und Lord Boron trat verwundert ein.
„Mein Prinz, es freut mich, Euch in so guter Stimmung anzutreffen. Die Arbeit in den letzten Wochen war nicht etwa zu viel?“ Prinz Raiden winkte seinen Kommandant heran.
„Nein, nein, das ist zu komisch. Ich habe meine Arbeit extra unterbrochen, um mir das hier anzusehen.“ Als Lord Boron sich umdrehte, sah er ein großes magisches Fenster, durch das man die Halle der Zitadelle sehen konnte
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