Ardeen: Band 2: Neue Wege (German Edition)
Raum.
„Gut, dann lasst uns anfangen“, eröffnete Prinz Raiden das Mahl. Ravenors Hand wanderte vorsichtig zu einer der Schüsseln.
„Was ist jetzt falsch, meine Herren?“
Man konnte meinen, Ravenor hätte sich verbrannt, so schnell zog der die Finger wieder zurück. Ein Moment peinlichen Schweigens folgte.
„Nun, ich vermute, Ihr habt keinerlei Ahnung und Prinz Raiden möchte Euch Eure Unwissenheit auch nicht andauernd vor Augen führen.“ Eine Kunstpause folgte. Dann setzte Meister Lovin zur Erklärung an:
„Zzzt, Zzzt, der Diener hätte vorlegen müssen. Ihr solltet über besseres Personal nachdenken, Eure Hoheit.“
Da kam Eryn spontan in den Sinn, wie er sich an dem Gespräch beteiligen könnte: „Wenn Ihr nichts dagegen habt, dann könnte ich diesen Part übernehmen und Euch vorlegen, mein Prinz. Schließlich solltet Ihr Eurem Stand entsprechend behandelt werden.“
Der Blick des Prinzen strafte ihn ab: „ Sitzen bleiben ! Ihr seid nicht hier, um das Servieren von Speisen zu erlernen.“ Meister Lovin klimperte unwillig mit den Augen als Prinz Raiden kurz laut geworden war, dann säuselte er dazwischen:
„Manchmal sind keine Diener zur Hand, dann muss man sich eben anders behelfen. Legt Euch bitte selbst vor.“
In einem Spießrutenlauf von Ermahnungen schafften sie es letztendlich doch, ein paar Bissen auf ihre Teller zu platzieren. Und was es da nicht alles gab, eingerahmt von den inzwischen ziemlich verhassten Zzzt, zzzts: „Dezent und elegant, mit einer Hand, die Schüsseln werden nicht verrückt, man greift nicht über den Teller hinweg, selbigen lädt man auch nicht übermäßig voll und der Rand muss sauber bleiben, und, und, und...“
Bei all diesen Hindernissen interessierte Ravenor eines brennend: „Entschuldigt meine Frage, Meister Lovin, aber wie bekomme ich auf diese Art und Weise ein Stück Fleisch von dem Tablett dort drüben?“
Meister Lovin hüstelte: „In diesem Falle – gar nicht. Dazu müsste Euch ein Diener fragen, was Ihr wünscht. Aber da keiner zugegen ist...“
Als Antwort erhob sich ein Stück Braten und schwebte über den Tisch auf Prinz Raidens Teller: „Da seht Ihr, wie abhängig wir armen Adeligen von gutem Personal sind. Ansonsten müssten wir kläglich verhungern.“
Zu witzig. Inzwischen war Eryn selbst zu verärgert um seine Gedanken zu kontrollieren.
Aber da ertönte wieder einmal das Unwort des Tages: „Zzzt, zzzt, man sollte keine Magie bei Tisch einsetzen.“
War das gerade ein Tadel für Prinzen Raiden? Hoffentlich wirft der jetzt Meister ‚ Zzzt, Zzzt ‘ in hohem Bogen hinaus.
Dem Wunschdenken wurde nicht entsprochen. „Meister Lovin, Ihr überschreitet gerade die Grenzen Eures Auftrages. Darf ich Euch daran erinnern, dass Ihr Euch nur um das kümmert, wofür ich Euch habe kommen lassen.“
Der Etikettemeister verbeugte sich leicht: „Mein Prinz, entschuldigt meinen Übereifer. Ich habe das nur erwähnt, damit die jungen Herren es richtig lernen können. Alles andere liegt mir natürlich fern.“ Sie aßen schweigend – zumindest Eryn, Ravenor und Prinz Raiden. Meister Lovin korrigierte derweil:
„Kleine Bissen nehmen und den Mund geschlossen halten beim Kauen. Das Besteck bleibt in den Händen und zeigt auch nicht zum Himmel. Es wird ohne Hast gespeist und nicht gewürgt. Wir sind zivilisierte Menschen und keine Schlangen. Auch die weicheren Nahrungsmittel werden zerschnitten und nicht zermanscht. Bitte, meine Herren, keine unappetitlichen Essgeräusche.“ Und, und, und...
Dann legte der Prinz das Besteck aus der Hand und das Essen war beendet. Eryn konnte nicht behaupten, dass sein Hunger gestillt war.
„Ich nehme mal an, es ist nicht Sinn und Zweck eines solchen Essens, satt zu werden.“ Eryn hatte allgemein gesprochen und der Prinz antwortete:
„Also ich bin durchaus satt. Wer nicht viel arbeitet, der braucht auch nicht viel zu essen und, wenn man seine Zeit bei Tisch vertrödelt, nun, dann ist man wohl selbst schuld.“
Die besten Speisen auf dem Teller und mir knurrt immer noch der Magen. Ich muss später noch mal in der Küche vorbeischauen, denn gerade bin ich überhaupt nicht satt geworden .
Er fand den Gedanken nicht verwerflich, doch der Prinz hatte andere Ansichten: „Und nun Schluss für heute. Ab geht’s auf eure Zimmer.“ Mit diesen Worten wollte der Prinz sie fortschicken, doch Ravenor startete einen Versuch, sich zu beschweren:
„Mein Prinz, bei allem Respekt, aber was sollen wir zu dieser Zeit schon
Weitere Kostenlose Bücher