Ardeen: Band 2: Neue Wege (German Edition)
wahrscheinlich nicht mehr aus. In Anbetracht dessen, dass wir einen Kapitän und ein Schiff bezahlen müssen, um nach Traken zu kommen...“
Das Thema Geld gefiel Meister Raiden nicht besonders. Er konnte einerseits sehr großzügig sein, aber auf der anderen Seite war er spartanisch sparsam, ja fast geizig.
„Habe ich euch nicht bereits ausreichend Geld gegeben?“
„Mein Prinz, wir waren lange unterwegs. Ein Großteil davon ist bereits verbraucht.“
An diesem Punkt war absolute Kontrolle der Gedanken angesagt. Zum Glück schien Meister Raiden keinen Verdacht zu schöpfen.
Zumindest schlug er erst mal vor: „Du solltest mehr mit Bannen arbeiten.“ Was übersetzt ‚Zechprellerei und Betrug‘ bedeutete, doch dann lenkte er ein: „Ach was, ich weiß wie mäßig deine Kenntnisse diesbezüglich sind. Geh zu Meister Werge und lass dir weiteres Gold mitgeben. Und dann auf nach Traken. Kopier dir die Karte und aus Traken bringst du mir dann einen Knochen Rotbarts mit. Dort müsste ein ganzer Knochenhaufen von ihm liegen. Dann kann ich endlos in seiner Vergangenheit suchen. Ach ja, die Krone Kahls hätte ich auch gerne und das Grab in der See.“ Dann korrigierte er sich „...das Grab in der See kannst du vergessen, das war nur eine Metapher. Alles klar?“
„Jawohl, Meister Raiden.“
„Na, dann Leinen los.“ Dies war das einzige Kommando auf See, an das sich Meister Raiden erinnerte.
Zwei Tage später standen Ravenor und Eryn an die Reling der Lady Lane gelehnt und schauten dem Wellenspiel zu. Die Lady Lane war ein schnittiger Zweimaster und Kapitän Dorst ein erfahrener Mann. Sie hatten echtes Glück gehabt, so schnell eine Passage auf einem Schiff hinüber zu den Schoren gefunden zu haben. Und nun ritten sie bei strahlendem Sonnenschein sanft über die Wellen. Eine Zeit lang standen sie schweigend nebeneinander, dann begann Ravenor ein Gespräch:
„Das ist doch herrlich. Die Sonne, das Meer und das sanfte Schaukeln des Schiffes.“
Eryn teilte Ravenors Begeisterung für die Seefahrt nur zur Hälfte – maximal. „Es ist ganz nett. Mir wird nur immer leicht elend auf den Schiffen.“
„Dann zauber es halt weg.“
Unnützer Tipp eines Unmagischen . „Tue ich ja schon die ganze Zeit über, aber ganz geht das nicht. So ein Restgefühl bleibt. Ich fühle mich ungefähr so wie du jeden Morgen in den letzten Wochen, als du total versoffen aus dem Bett gekrochen bist. Es freut mich für dich, dass du wieder andere Seiten im Leben entdeckt hast als die Sauferei.“
Ravenor schluckte diesen Tadel nicht kommentarlos. „Also wirklich, manchmal glaube ich fast der Alte hat dir eine Gehirnwäsche verpasst. Du solltest dich mal selbst hören. Trink nicht so viel, nimm deine Aufgabe ernst, bla, bla, bla. Noch sind wir jung, Bergwufti, und solange das so ist, werde ich für meinen Teil das Leben genießen, so wie es mir gefällt. Und dabei möchte ich eben ein paar Tage sturzbetrunken sein und an anderen Tagen Spaß mit den Weibern haben – oder beides – und, wenn sich die Gelegenheit bietet, mal gar nichts tun und in der Sonne stehen, so wie jetzt. Man kann sich noch den übrigen Rest des Lebens pflichtbewusst abrackern. Außerdem hat mir der Alte das Kommando weggenommen, wofür bin ich also verantwortlich? Für dich. Nee – Du kannst auf dich selbst aufpassen! – Nein, nur für mich alleine und das genieße ich gerade eben.“ Ravenors Logik war nicht ganz von der Hand zu weisen.
Eine Bö traf die Segel und jagte das Schiff vorwärts. Instinktiv schloss sich Eryns Griff fester um die Reling. Eigentlich war es absurd, sich so übertrieben festzuhalten, doch das Meer und die Schiffe waren einfach nicht seine Welt.
„Wenn du so an deinen Vergnügen hängst, dann verrate mir mal eines. Warum hast du so eine überaus ehrliche und äußerst provokative Kostenaufstellung verfasst? Du weißt, ich habe sie so weitergereicht, wie du sie mir gegeben hast.“
Um den Beutel Restgeld bei Meister Werge abzugeben, hatte Eryn extra noch einmal durch die Tore hin- und herreisen müssen. Darin hatte besagte Aufstellung gelegen. Aber ohne diese Abrechnung ihrer ersten Ausgaben hätte Meister Werge den neuen Beutel Gold sonst nicht herausgegeben. Dabei faselte der Verwalter für Eryn unverständliches Zeug von Kontoabschlüssen und Fristen der Bilanzen. Wohl eher seine eigenen Regeln der Ordnung. Denn Eryn konnte sich nicht vorstellen, dass Meister Raiden in dieser Hinsicht Vorgaben machte.
Ravenor lachte:
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