Ardeen: Band 2: Neue Wege (German Edition)
Schellen hatten bereits die ersten Spuren an seinen Gliedmaßen hinterlassen und die schäbige Kleidung wies nun noch mehr Flecken auf. Dafür hatte er sich während der Reise extra in den Uferschlamm eines Baches gekniet.
Ravenor band die Pferde an und sie gingen durch das kleine Tor in die Wachstube. Im Raum befanden sich zwei Wachsoldaten und ein Magier.
Der kleinere, drahtige Typ mit Rangabzeichen auf den Schultern streckte die Hand aus: „Die Papiere!“, forderte er und Ravenor griff in seine Schultertasche, um den Stapel herauszuziehen. Der andere nahm sie und begann darin zu lesen.
„Wie heißt du, Bursche?“
Eryn hielt den Kopf gesenkt: „Ned, Herr.“
„Ned. Ist das alles? Nur Ned?“
„Ja, nur Ned. Herr.“
„Die meisten Leute haben inzwischen zwei Namen. Wo kommt der denn her?“
Deren mischte sich ein: „Vom Land in der Nähe von Griscont. Hat im Suff einen Mann getötet bei einer Streiterei. Ist keiner von den ganz Harten. Sonst hätten wir ihn ohnehin sofort gehängt.“
Der Wachoffizier legte die Papiere auf den Tisch.
„Scheint kräftig zu sein. Wird eine Weile durchhalten.“
Der Magier schien unbeteiligt in der Ecke zu sitzen, doch Eryn merkte, wie er gescannt wurde und das ziemlich auffällig. Bewusst richtete er seine Gedanken auf die Geschichte. Hätte ich bloß nicht die Kneipe betreten. Es war ein Unfall. Das habe ich allen gesagt. Der Mann ist selbst gestürzt. Es war nicht meine Schuld...
Der Wachoffizier wandte sich an den Magier: „Gisnor, ist er unmagisch?“
Der Angesprochene nickte. „Hat kaum Talent. Der zaubert nicht einmal ein kleines Funzellicht. Hat auch nichts bei sich.“
„Gut, wir nehmen ihn. Loren, bereite schon mal alles vor! Die nächste Nummer findest du in der Liste.“
Loren war ein blonder Hüne, der zwar vor Muskeln, aber nicht unbedingt vor Intelligenz strotzte. Diesen Eindruck vermittelte er jedenfalls auf den ersten Blick. Langsam begann er auf dem Tisch nach besagter Liste zu suchen, denn da lag noch viel anderer Krempel herum.
„Dann könnt ihr gehen und euch auf den Weg nach Goldfähr machen.“
Erster Teil geschafft.
Da meldete sich Ravenor zu Wort: „Und was ist mit den Ketten?“
Was soll das denn? Ist der bekloppt? Der Magier ist zum Glück zu blöd, um lautlos abzuhören.
Der Wachoffizier fragte sich dasselbe: „Was soll mit den Ketten sein?“
„Nun, sie gehören Griscont und unser Kerkermeister führt akribisch Buch über das Inventar.“
Ich muss ihn aufhalten, der redet uns um Kopf und Kragen. „Ich wollte das alles nicht, Herr. Nur der andere ist...“
Ravenor drehte sich um und schlug Eryn mit dem Handrücken ins Gesicht.
„Halt endlich die Klappe! Schon den ganzen Weg lang müssen wir dein Gewäsch ertragen.“
Das hatte wehgetan. Gut, dann red halt weiter. Aber du erklärst dann auch alles dem Prinzen.
Den Wachoffizier ließ die ganze Sache kalt. Die Belange der Gefangenen interessierten ihn schon lange nicht mehr.
„Die Schellen sind doch geschmiedet. Die müssten wir durch den Schmied entfernen lassen, um dann neue anzulegen. Ist Lord Boron so arm, dass er sich das bisschen Eisen nicht leisten kann?“
Die Bemerkung war bissig, doch Ravenor ließ nicht locker: „Darum geht es nicht. Die Bilanz muss stimmen! Gib mir halt andere mit.“
Der Offizier gab sich geschlagen. „Gisnor, hol unseren ‚armen Freunden‘ ein paar Schellen, damit sie sich auf den Weg machen können. Zufrieden?“
Ravenor lächelte ergeben: „Wir sind schon so gut wie weg.“
„Hoffentlich“, murmelte der andere. Nun wandte er sich wieder seinem Handlanger zu: „Alles bereit?“
„Jawohl, Sir Wevar.“
Das Eisen steckte in der Glut des Ofens und leuchtete bereits rötlich.
„Dafür haltet ihr ihn fest. Schließlich müsst ihr ja sowieso auf die Schellen warten“, bemerkte Sir Wevar böse. „Und vorher – bevor ich es vergesse – noch die Papiere unterzeichnen! Hier und hier. Wer seid ihr nochmal?“
„Orlof und Droll von der Griscont-Wache.“
Ravenor ergriff den Stift und unterschrieb in geschwungener Schrift an besagten Stellen.
„Ich dachte, dort oben sind alle bei der Garde des Schwarzen Prinzen?“
Ravenor winkte ab: „Ich bin gottfroh, dass ich nicht bei denen bin. Viel zu anstrengend. Andauernd sieht man sie durch den Wald rennen mit schwerem Gepäck, durch den Dreck robben oder auf dem Exerzierplatz üben. Den Rest der Zeit reinigen sie dann ihre Waffen und die Rüstungen. Ich kann nicht verstehen,
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