Ardeen: Band 2: Neue Wege (German Edition)
Pflaster und kaum hatten sie Naganor hinter sich gelassen, begannen Deren und Ravenor, Eryn aufzuziehen.
„Also, mich würde es ja wurmen, die nächsten Tage in Ketten verbringen zu müssen“, begann Ravenor und Deren ergänzte: „Glaubst du denn, in der Mine wird es besser? Da wird Eryn – Ned – an die schöne Zeit der Reise zurückdenken.“
Eryn steckte seinen Kopf durch den Schlitz der Plane.
„Deren, jetzt nimm mir die Ketten wieder ab. Man muss es ja nicht übertreiben.“
Mit todernstem Gesicht und verschränkten Armen wandte sich Deren um: „Das ist gegen den Befehl des Prinzen. Schließlich sollst du dich in deine Rolle einleben. Andererseits, für ein paar Gefälligkeiten könnte ich mein Herz erweichen.“
Ravenor, der die Zügel führte, steuerte auch seinen Senf bei: „Eigentlich brauchen wir gar nicht zu verhandeln. Der Gefangene wird uns die nächsten Tage sowieso bedienen und alle Arbeiten übernehmen, auf die wir keine Lust haben.“
„Die Rottfäule soll euch treffen!“, fluchte Eryn.
Mit einem Magiestrahl heißen Feuers zerschnitt er die Kette und ließ die Reste durch die Ösen gleiten.
„Dann mach ich es halt selbst! Und das ist für vorhin, Ravenor.“
Der Luftschlag traf Ravenor am Kopf: „Aua, was soll das? Verstehst du keinen Spaß mehr? Das vorhin war nur gespielt!“
„Ich mag es nicht, wenn man mich ‚gespielt‘ in die Rippen tritt.“
Eryn machte Anstalten, zu den anderen auf den Bock zu klettern.
„Wenn ich richtig zugetreten hätte, Ned , dann hätte ich dir die Rippen gebrochen wie trockene Zweige. Aber bleib lieber hinten versteckt, unsere Mission muss ja nicht gleich am Anfang scheitern, nur weil sich jeder fragt, warum ein Verbrecher zwischen zwei Soldaten sitzt.“
Ravenor hatte recht, was Eryns – Neds – Laune nicht wirklich besserte. Beleidigt zog er sich zurück und versuchte es sich, so gut es ging, auf der Ladefläche bequem zu machen. Dort waren noch mehrere Kisten aufgeladen, die den Platz beträchtlich einschränkten.
Die ganze Reise über gingen sie ihre Rollen immer wieder durch. Deren erklärte Eryn, wie sich Ned verhalten würde. Aus seiner Zeit bei der Stadtwache kannte er all die Charaktere der unterschiedlichen Verbrecher. Und dann gingen sie alle Fragen durch, die ihm gestellt werden könnten. Name, Geburtstag, Wohnort, Geburtsort, Verbrechen... Die Geschichte musste glaubhaft sein und mit den eingereichten Dokumenten übereinstimmen.
Schließlich kam der unselige Tag, an dem sie die Mine erreichten. Riesige Holzpalisaden mit Wachtürmen zu beiden Seiten des Torbogens waren schon von Weitem zu sehen. Zuvor hatten sie eine mächtige Eiche passiert. Der Baum wurde als Treffpunkt um Mitternacht in drei Tagen vereinbart. Dann sollte Eryn die ersten Informationen liefern und sie würden das weitere Vorgehen besprechen.
Das drohende schwarze Maul des Tores kam immer näher. Die Kette hatte Eryn inzwischen wieder magisch zusammengebastelt und langsam begann er, sich wirklich wie der arme Hund Ned zu fühlen, der in einem unbedachten Moment sein Leben zerstört hatte. Dann wurde er der Realität gewahr, in der er nur der glücklose Esel Eryn war, der einen wirklich beschissenen Auftrag zu erfüllen hatte.
„Wer da?“, tönte es aus einer kleinen Luke.
„Wachsoldaten aus Griscont von Lord Boron. Wir bringen einen Gefangenen für die Mine.“
„Warum bringt ihr ihn nicht zum Sammelplatz nach Arvon?“
Die Frage hatten sie erwartet. Deren antwortete: „Wir sind auf dem Weg nach Goldfähr zu Sir Orten und Lord Boron meinte, wir sollen den Gefangenen gleich hier abliefern und könnten uns den Weg nach Arvon sparen. Wir haben nur den einen und der landet dann sowieso wieder hier.“
Kurzes Schweigen. Die Wachen drinnen schienen sich zu beraten.
Vielleicht wollen sie mich gar nicht. Ich bin nicht wirklich scharf auf das Vergnügen, in der Mine arbeiten zu dürfen.
„Habt ihr Papiere?“
„Natürlich, alles da.“
„Nun gut, bringt ihn rein“, kam die Antwort, dann öffnete sich eine kleine Tür im großen Tor.
Deren kam hinten an den Wagen und schlug die Plane zurück.
„Runter mit dir! Gleich sind wir dich los“, herrschte er Eryn an.
Das Spiel hat begonnen.
Eryn entschied sich, so wenig wie möglich zu sagen. Die Ketten schränkten seine Bewegungsfreiheit ein, als er vom Wagen hüpfte. Wenn man ihn so sah, dann konnte man ihm die Geschichte von Ned wirklich abnehmen. Ein Dreitagebart stand ihm im Gesicht, die
Weitere Kostenlose Bücher