Ardeen: Band 2: Neue Wege (German Edition)
„Denk bloß nicht daran!“
Was ist das für ein Orakelspruch? „An was soll ich nicht denken..., Herr?“ Es fiel wirklich schwer, diese Kreatur ‚Herr‘ zu nennen. Nicht auffallen, sagte sich Eryn selbst.
„An alles, was euch Gefangenen so in den Sinn kommt. Vorarbeiter angreifen, das Werkzeug missbrauchen. Die Ketten aufbrechen. Eben alles. Dein Name?“
Der Typ ist widerlich. „Ned, Herr.“
„Nein, falsch!“
Ach wirklich, wer hätte es gedacht?
„Dein Name ist Dreck. Dreck 476. Wiederhole das!“
Gibt es dafür Gehaltszulage, mein Prinz? Eryn senkte seinen Blick um unterwürfig zu wirken: „Mein Name ist Dreck 476.“
Der andere schien endlich zufrieden: „Gut, hier entlang.“
Er brachte Eryn zu einem Platz, an dem ein Eisenring mit Kette im Boden eingelassen war. Die Kette musste er durch die Öse der Fußschelle führen und schließen. Dann gab man ihm einen schweren Hammer, mit dem er Steine zerschlagen sollte. Große Steine in kleine Steine. Die wurden dann von weiteren Gefangenen eingesammelt und man brachte ihm neue große Steine. Die Arbeit war staubig und schweißtreibend. Man musste aufpassen, dass die Splitter einen nicht im Gesicht trafen, besonders in die Augen. Aber die Arbeit ließ Eryn Zeit für erste Sondierungen. Er suchte nach den Magiern und scannte ein paar der Leute, die vorbeikamen. Die meisten waren andere Gefangene. Die häufigsten Gedanken galten der Hitze, dem Durst und dem Hunger. Oder stumpfsinnigem Zeug wie dem Zählen der herbeigebrachten Steine.
Manche dachten angstvoll an Tureg. Der musste ein richtig übler Bursche sein. Und dann gab es noch Karak, den sie alle als Turegs Bluthund oder verschlagenen Gesellen bezeichneten. Er musste einige der Gefangenen mit der Peitsche misshandelt haben. Eryn fand, dass die Beschreibung auf den Kerl passte, der ihn hergebracht hatte. Wenige einzelne der anderen Gefangenen bedachten ihn mit mitleidigen Gedanken in der Art wie: „ Das arme Schwein weiß noch nicht, was ihm hier alles blüht .“
Endlich gab es eine Pause und ein grauhaariger, dürrer Geselle brachte Eryn eine Schale mit undefinierbarem Essen.
Das erinnert mich an Halfords Küche.
„Hier, ich bin Zolas. Darf ich mich zu dir setzen?“
Das erste freundliche Wort . „Natürlich. Ich bin neu hier. Kannst du mir was erzählen, wie ich hier am besten klarkomme?“
„Natürlich. Man kann in viele Fettnäpfchen treten. Siehst du den fetten Arsch dort drüben? Das ist Tureg.“ Zolas zeigte mit der Hand auf eine Person und Eryn wandte den Kopf, um dem Fingerzeig zu folgen.
Plötzlich sprang Zolas auf und entfernte sich aus Eryns Reichweite. „Sorry, aber jeder sorgt für sich selbst. Und nimm dich vor Tureg in Acht! Aber das wirst du selbst rausfinden, denn der kümmert sich um alle Neuen persönlich.“
Es dauerte einen kurzen Moment, bis Eryn begriff, dass Zolas die Schüsseln getauscht hatte. Vor ihm stand nun eine leere und seine Mahlzeit befand sich in sicherer Entfernung auf dem Weg in Zolas Magen.
Was für ein Scheißort. Die Pest ist eine angenehmere Gesellschaft als diese Leute hier.
Nach der Pause ging das Steineklopfen weiter bis zum Abend.
Dann wurden sie zu den Baracken getrieben. Baracke war eigentlich schon ein zu hoch gegriffenes Wort für die Unterkünfte. Eher war es ein Unterstand, der Eryn stark an Stallungen erinnerte. Die hintere Wand war massiv. Die Seiten waren zwischen der Rückwand und einem Pfosten vorne halbhoch gemauert. Ein Dach war darübergezogen, das auf den Pfosten ruhte. Etwas Stroh lag auf dem Boden und getrocknete Scheiße in der Ecke.
Wie eine Box für Pferde – nur eben noch etwas kleiner. Man fühlt sich wie ein Stück Vieh.
Die Gefangenen mussten eine Kette durch einen Ring am Boden führen, dann durch die Schellen und wieder durch den Ring zurück. Die Kette wurde anschließend von den Aufsehern am Pfosten eingehängt, sodass der Gefangene sie nicht erreichen konnte. Die Bewegungsfreiheit war beschränkt auf einen kleinen Bereich. Eryn legte sich erschöpft auf den Boden und schloss die Augen. Seine Muskeln schmerzten und ebenso die Brandwunde an der Stirn. Hinzu kam der Hunger. Den Durst wenigstens hatte er löschen können. Während der Arbeit kam immer wieder ein hagerer, noch junger Bursche vorbei und gab den anderen Gefangenen mit einer Kelle aus einem Eimer zu trinken. Schales, abgestandenes Wasser, aber wenigstens ausreichend.
Nur einen Moment gab Eryn sich der erholsamen Entspannung hin, dann zwang
Weitere Kostenlose Bücher