Ardeen: Band 2: Neue Wege (German Edition)
getraut, aber nur einmal, immer mit der Angst im Nacken, entdeckt zu werden. Doch die Kerle waren einfach nur schlecht in ihrem Tun. Der Haken beim Gedankenlesen war der, dass die belauschte Person in jenem Moment auch an das Verbotene denken musste. Informationen über das Wetter und andere Belanglosigkeiten brachten keine Erkenntnisse. Aber irgendjemand musste doch etwas wissen. Die Gefangenen schloss er inzwischen getrost aus. Auch konnte es keine große Gruppe sein, denn sonst hätte Eryn bereits fündig werden müssen. Die Frage, die ihn weiterbringen konnte, war: Wie kamen die Steine aus dem Lager? Oder war alles nur ein Hirngespinst von Sir Orten? Der Gedanke war zu frustrierend, um wahr zu sein. Dann prüfen wir mal die Bücher.
Tagsüber beobachtete Eryn die Produktion. Auf dem Übergabeformular wurden 173 Steine notiert. Das hatte Eryn mit einem Spionageauge deutlich sehen können. In der Nacht schlich er sich in die Verwaltung und suchte in den Büchern. Und da stand es: Übergeben – 73 Steine, dazu abgelegt das Übergabeformular mit ebenfalls 73 Steinen. Die erste heiße Spur – ganze 100 Steine Differenz . Jemand fälscht die Papiere . Der nächste Suchzauber würde bald über das Lager rauschen, begleitet von der Runde der Wachen. Die Wachen waren nicht so sehr Eryns Problem, aber der Suchzauber würde ihn als reale Person entdecken. So ging er schnell in seinen Pferch zurück und legte sich schlafen. Die Zeit des Ausruhens war ohnehin viel zu kurz.
Der neue Tag brachte die gewohnte Mischung aus Arbeit und Erniedrigung, wobei sich Eryn zum hundertsten Mal in diesen Tagen schwor, dass die Aufseher dafür bezahlen würden. Die Aufseher waren durchweg selbst verurteilte Verbrecher, die von den Soldaten für die ‚Betreuung‘ der anderen Gefangenen ausgesucht worden waren. Solange sie ihren Job gut machten und für fleißige Arbeit und Ruhe sorgten, bekamen sie viele Vergünstigungen. Wie sie ihr Ziel erreichten, war den Soldaten gleichgültig.
Das Augenmerk Eryns richtete sich nun auf den Bereich der Buchhaltung. Vier Männer arbeiteten dort und wurden von Sir Wevar, dem Offizier, den Eryn gleich am ersten Tag kennengelernt hatte, und Sir Alvar kontrolliert. Ruge, Halan, Thorn und Salys waren die Beschäftigten in der Verwaltung und hatten somit Zugang zu den Büchern. Langweilige, trockene, akribische und penibel korrekte Gesellen. Wenigstens waren das mal Leute hier in dieser Mine, die für ihren Job richtig gut qualifiziert waren. Wenn diese vier nichts mit der Sache zu tun hatten, dann blieben nach Eryns Überlegung nur noch zwei übrig.
Der neue Tag brach an und es gab eine Abwechslung im Lager. Der Bader kam mit seinen Gehilfen. Er fungierte als Unterstützung des Heilmagiers, vor allem, wenn es darum ging, faulige Zähne zu ziehen, die der Heilmagier mit seinen Künsten gar nicht behandeln konnte.
Wie auch all die anderen Krankheiten nicht, aber da war es weniger auffällig.
Dann ließen sich die Soldaten und Offiziere vom Meister fachgerecht rasieren und die Haare schneiden, derweil seine zwei Gesellen die Köpfe der Gefangenen kahl schoren. Alles, damit sich kein Ungeziefer ausbreitete. In kleinen Gruppen brachten die Aufseher die Gefangenen zum Wagen und dann ging es im Akkordtempo unter das Messer. Das Warten war eine willkommene Pause und Eryn scannte den Bader und seine Helfer. Der Meister dachte an seine große Kunst, eine Frisur zu gestalten. Die Gesellen hatten eher banale Gedanken. Der eine dachte an eine Frau, die er am Abend treffen wollte, und der andere dachte ans Schafescheren. Dann war Eryn an der Reihe. Mit dem Kopf wurde er in den Bottich mit Seifenlauge getunkt, den schon all die Männer vor ihm benutzt hatten. Die Lauge brannte in den Augen. Darum hielt Eryn die Lider geschlossen und benutzte sein magisches Auge, um nicht ganz blind zu sein.
Der Bottich stand nahe am Wagen und als man seinen Kopf aus dem Wasser zog, da bemerkte er eine Reflexion unter dem Wagen. Nur ganz schwach und gut verborgen. Selbst die meisten Magier hätten es nicht bemerkt, aber seine starken Gaben deckten das Verborgene auf.
Während das Rasiermesser über Kopf und Wangen tanzte und die Haare zu Boden fielen, untersuchte Eryn den Wagen magisch genauer. Ein Behälter, klein und unscheinbar, dazu noch mit sehr starker Magie verborgen, wurde für ihn sichtbar.
So also kommen die Diamanten nach draußen. Jemand benutzt das Gefährt ohne Wissen des Eigentümers. Raffiniert. Dann war die Rasur
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