Ardeen: Band 2: Neue Wege (German Edition)
das nicht. Kaum war die Tür geschlossen und Gisnors Schritte draußen verhallt, war Loren mit einer leisen, fließenden Bewegung auf den Beinen und ging in eine Ecke des Raumes. Das Bewegungsmuster passte so gar nicht mehr zu dem behäbigen Tölpel, den er sonst abgab. Ein Stein glitt aus dem Mauerwerk und aus einem Fach dahinter holte er ein Buch hervor. Loren schlug es auf dem Tisch auf und zog aus der Schublade ein zweites, identisches Exemplar hervor.
Interessant, das Bilanzbuch.
Die letzten Seiten wurden aufgeschlagen und dann steckte sich Loren einen Ring an den Finger, bevor seine Hände über die Seiten wanderten.
Kopierzauber, Artefakte, Geheimfächer, wer hätte das gedacht? Dieser Loren ist ein hundertmal besserer Schauspieler, als ich das je sein könnte. Tut so, als könne er nicht bis drei zählen und hat in Wirklichkeit mehr auf dem Kasten, als die anderen alle zusammen. Wahrscheinlich verfügt er auch selbst über Magie und hat diese genauso gut verschleiert wie ich. Die Magie und seine Gedanken.
Die Zahlenreihen wurden kopiert und verändert, dann wurde das eine Buch vermutlich mit einem Glaub-mir-ich-bin-die-Wahrheit-Zauber verschlossen und das andere verschwand wieder im Versteck.
Schnell geändert und getauscht. Sicherlich sind dort auch die Diamanten.
Kaum war Loren fertig, verwandelte er sich wieder in den riesigen Tölpel.
Er schirmt sich ab. Niemand schöpft Verdacht, wenn ein Dummkopf nichts denkt.
Das ganze Warten hatte sich nun doch ausgezahlt. Eryn schwebte auf einer Welle des Hochgefühls. Seine Zeit hier war so gut wie vorbei. Das nächste Treffen mit Ravenor konnte er kaum noch erwarten.
Eryn erreichte im Dunkeln der Nacht die Eiche und fand dort Ravenor wartend vor.
Nachdem Eryn seine Schutzmaßnahmen getroffen hatte, fingen sie fast gleichzeitig an zu reden.
„Ich weiß jetzt...“
„Wir haben ihn.“
Eryn ließ Ravenor zuerst reden, während er sich hungrig über das Essenspaket hermachte.
„Wir haben unseren Mann. Deren hat ihn entdeckt, als er sich unsichtbar durch die Tür schleichen wollte. Er hat ihn beobachtet und ist ihm dann gefolgt. Tja, man muss nicht unsichtbar sein, um nicht gesehen zu werden. Und rate mal, in wessen Haus der verschwunden ist?“
Eryn kaute gerade an einem großen Bissen und konnte die dramaturgische Kunstpause Ravenors gar nicht so recht würdigen.
„Ein Merett natürlich. Wann immer es um Geld geht, da findest du einen Merett.
Der Bader kommt in zwei Tagen wieder zur Mine. So lange möchte Lord Orten noch warten, bevor er zuschlägt.“
„Das braucht er nicht, ich habe den Mann hier im Lager. Es ist dieser blonde Riese, wenn du dich erinnerst. Wir können das Spiel sofort beenden“, brachte Eryn zwischen zwei Bissen hervor.
„Der Dummknecht?“
„Das hab ich zuerst auch gedacht, aber der kann schauspielern, das hältst du nicht für möglich. Außerdem benutzt er eine Reihe von Artefakten. Ich könnte mir nicht vorstellen, für Monate in die Rolle eines Idioten zu schlüpfen.“ Ravenor, den Kommentar dazu kannst du dir sparen. Ich weiß, was du sagen möchtest. Aber Ravenor überraschte Eryn mit ernsten Worten:
„Der Typ ist wirklich erstaunlich. Ich werde Sir Orten deinen Vorschlag unterbreiten, aber ich vermute, dass er dich nicht vor der nächsten Übergabe hier herausholen wird. Auf meine Fragen hin hat er sich bisher so geäußert, dass er dich unauffällig wieder aus der Mine entfernen möchte.“
„Na klar. Gefällt mir auch so gut hier drinnen. Was sind schon ein paar Tage mehr. Ich könnte die ganze Tarnung auffliegen lassen. Wenn ich diesem Karak zum Beispiel die Eier mit ein bisschen Feuermagie brate.“
Es war ungewohnt, dass Ravenor beschwichtigte, da er sonst immer der Unvernünftige und Aufbrausende war: „Eryn, halt dich noch etwas zurück und mach nicht alles kaputt. So eine Aktion könnte das Verhältnis zwischen dem Prinzen und Sir Orten erheblich verschlechtern und, wenn die hohen Herren sich streiten, dann fällt alles auf uns zurück. Besser, Lord Orten ist mit unserer Arbeit zufrieden und der Prinz von Ardeen auch. Ich könnte mir auch vorstellen, dass da beide Seiten etwas ‚springen‘ lassen.“
Missmutig brummte Eryn, wusste aber, dass Ravenor recht hatte.
„Nun gut, aber ich will, dass Karak und Tureg ebenfalls ihre gerechte Strafe erhalten. Sie schikanieren die Gefangenen und bringen manche sogar um. Ganz zu schweigen davon, dass sie jeden Neuen aus Prinzip ficken. Und wer ihnen
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