Ardeen: Band 2: Neue Wege (German Edition)
nicht lohnt, ihnen etwas über Magie beizubringen und den Magischen gibt es noch eine dritte Ausprägung: die Latenten. Sie tragen große Magie in sich, können aber ähnlich wie du am Anfang nicht darauf zugreifen. Oftmals sind es Latente, die ein Kind mit starkem schwarzen Kreis zeugen, was bei mir der Fall war. Warum das so ist, weiß keiner wirklich. Je größer die Zahl der Kreise beider Elternteile, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Spross über viele Kreise verfügt. Nur zweimal zwölf würde mit Sicherheit zwölf Kreise hervorbringen, was die Vermutung untermauert, dass dein Fennvater nicht dein richtiger Vater war und deine Mutter allenfalls eine Latente.“
Die Erkenntnis war für Eryn doch recht erschütternd. Zwar hatte Prinz Raiden seinerzeit bereits behauptet, Eryn könne kein Fenn sein, doch damals hatte er das nicht wirklich geglaubt. Später dann waren ihm so viele andere Sachen durch den Kopf gegangen, dass er sich damit nicht weiter beschäftigt hatte und auch der Prinz war nicht mehr auf das Thema zurückgekommen. Diese wissenschaftliche Darlegung war erschreckend überzeugend.
„Oder du bist gänzlich ein Findelkind. Ein kleiner Kuckuck“, stichelte der Prinz.
Eryn fand das gemein: „Meine Mutter war mit Sicherheit meine Mutter und mein Vater war mir ein wahrer Vater.“
Meister Raiden beschwichtigte. „Nun mal nicht so gereizt. Dann war deine Mutter zumindest eine Latente mit starken Anlagen. Sie muss von großen Magiern abstammen. Aus welchem Ort kam sie doch gleich?“
Eryn musste passen. „Sie hat darüber nie gesprochen. Nur von den Zieheltern, bei denen sie groß geworden ist. Das waren Händler aus dem Tiefland.“
„Nun, dann stecken wir in einer Sackgasse und es wird wohl ein Geheimnis bleiben... Es sei denn, du hast etwas von ihr. Knochen, Haare...“
Eryn schüttelte den Kopf. „Sie sind verbrannt worden.“
Der Prinz konnte es nicht lassen, Eryn aufzuziehen: „Schade, sonst hätte ich in ihre Vergangenheit sehen können. Zu dem Zeitpunkt, als Nurin ihr unter den Rock schaute...“
Aber Eryn wagte es, dagegenzuhalten: „Darum, mein Prinz, habt Ihr auch so um mich gefeilscht mit Meister Tellenor. Ihr wolltet mich gar nicht wegschicken. Das war schon fast wie ein Lob! Nicht, dass ich mal eines gehört hätte. Zuerst war ich skeptisch und misstrauisch, was mich in Gahaeris bald erwarten wird. Aber, wenn ich bedenke, was ich bisher erleiden musste...“
Da traf ihn der Zauber.
„Undankbarer Bengel. Bei all den Mühen, die ich in deine Ausbildung verschwendet habe, nichts als Undank. Denk an meine Worte: Du wirst noch darum betteln, nach Naganor zurückkommen zu dürfen, wenn du in Gahaeris vor Langeweile stirbst. Außerdem sind wir verbunden. Ich kann dich jederzeit rufen. Aber zuerst werde ich zu meinem Wort stehen. Ein halbes Jahr Blümlein mit Tau benetzen und dafür kannst du dich bei Sir Ravenor bedanken.“
Tja, das stimmt. Ravenor trägt an allem Schuld. Ein halbes Jahr im Grünen Turm kann nicht so schlimm sein. Sicherlich übertreibt der Prinz maßlos. Zumindest wird mich Meister Tellenor nicht andauernd mit Zaubern traktieren . So hoffte Eryn wenigstens.
Just in diesem Moment wurde die Zeltplane zurückgeschlagen und Meister Tellenor trat heraus. Er sah erschöpft aus und wirkte dadurch noch älter.
„Er ist geheilt. Die Ähnlichkeit des Mannes mit Euch ist erstaunlich, Meister Raiden.“
„Soll vorkommen“, brummte der Prinz vor sich hin und lenkte dann schnell vom Thema ab: „Meinen aufrichtigen Dank für Eure Mühen, Meister Tellenor. Wann soll mein Schüler nach Gahaeris kommen?“
Der Alte kniff die Augen zusammen. „Ich nehme ihn gleich mit. Wofür Zeit verschwenden?“
Das Tor flackerte bereits.
„Und, Meister Tellenor, versaut mir den Jungen nicht, nachdem ich so viel Zeit in seine Ausbildung investiert habe.“
„Pahhh, als ob Ihr jemandem etwas Vernünftiges beibringen könntet.“
Noch bevor der Schwarze Prinz etwas erwidern konnte, packte Meister Tellenor Eryn mit erstaunlicher Kraft am Arm und zog ihn durchs Tor.
Ravenor hatte einen schönen Traum, als es zu regnen begann. Er mischte zuerst den Traum mit der Wirklichkeit, bis ihm bewusst wurde, dass der Regen nicht zum Traum gehörte. Sofort war er wach und schlug die Augen auf. Über ihm spannten sich die Stoffbahnen eines Zeltes. Trotz des Schlafes fühlte sich Ravenor schwach und benebelt, darum dachte er zuerst: Oh, Eryn hat ein Zelt gebaut, gegen den Regen.
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