Ardeen: Band 2: Neue Wege (German Edition)
Lexikon waren sie nun beim Buchstaben ‚P‘ angelangt.
Ein Problem gab es noch bei der Wahl des besten Zeitpunktes für den Aufbruch. Nachts durch einen gefährlichen und unbekannten Wald zu rennen, war nicht die klügste Entscheidung, auch wenn Eryn dann die längste Zeitspanne für seine Flucht zur Verfügung gehabt hätte. Morgens trafen sie sich alle zum Üben, nach dem Mittagessen saß er dann im Garten und abends kam Lyra und fragte ihn aus. Nach einiger Überlegung hatte Eryn dann doch einen Plan.
Sie standen auf der Wiese und übten ihre Bewegungen im Licht der ersten Sonnenstrahlen. Eryn wusste, welche Art von Verletzung er glaubhaft vortäuschen musste, die auch nicht sofort ganz geheilt werden konnte. Er stürzte und gab vor, sich den Knöchel verstaucht zu haben. Natürlich heilte er ihn sofort und auch die Grünen Magier konnten keine Verletzung mehr feststellen, weil da in Wirklichkeit auch keine war. Aber Eryn machte glaubhaft, dass sich die verletzte Stelle noch komisch anfühle und er sich besser in seinem Zimmer ausruhen wolle.
In Naganor hätten sie mir jetzt gnadenlos in den Arsch getreten. Allein die Vorstellung: ‚Sir Galden, ich hab mir den Knöchel gestaucht, aber die Magier können keine Verletzung mehr finden, darf ich trotzdem auf der Stube bleiben?‘, wäre reiner Hohn und Spott gewesen.
Doch die Grünen in ihrer Überfürsorglichkeit hatten dafür natürlich vollstes Verständnis. Und nur, um Besucher fernzuhalten, fügte Eryn noch hinzu: „Wenn ich mich jetzt etwas ausruhe, dann bin ich sicherlich zu Mittag wieder auf den Beinen.“
Lyra wollte ihn noch begleiten, doch auch dafür fand Eryn Worte:
„Es wäre egoistisch von mir, dich vom Üben abzuhalten. Meine Heilmagie ist ausreichend und den Schmerz habe ich vorerst betäubt. Die Stelle fühlt sich noch etwas komisch an und da möchte ich nichts riskieren. Also mach dir keine weiteren Sorgen.“ Fehlt bloß noch, dass sie sagt: ‚Wie tapfer du bist, Eryn.‘
Aber sie nickte nur zustimmend.
Kaum war er außer Sicht, begann er zu laufen. Zurück im Zimmer schnappte er sich seine Sachen und belegte das Bett mit einem Illusionszauber. Der oberflächliche Beobachter sah ihn nun schlafend dort liegen. In ein paar Minuten war er die Treppe wieder hinuntergesprungen und zum Haupteingang hinaus. Er sah kurz hinüber zu dem Platz, wo die anderen noch ihre Übungen machten und lief dann in die entgegengesetzte Richtung davon. Hinter einem der Felder lag die kleine Begrenzungsmauer endlich vor ihm. Der Schritt darüber war unglaublich... befreiend und dann trugen ihn seine Füße schnell in den Schatten des Waldes.
Es war keiner der lichten Bergwälder, wie er sie kannte. Der Wald um Gahaeris war dunkler, feuchter und bedrohlicher, voller Gestrüpp und Baumarten, die Eryn fremd waren.
Ich muss Vorsicht walten lassen! Schließlich hat mir Lyra gut genug beschrieben, welchen Wesen ich hier begegnen könnte, und ich lege keinen Wert darauf, einem Daerfang, einer wilden Bestie aus der Gattung Dämon oder ähnlichen Untieren über den Weg zu laufen.
Magisch erweiterte er seinen Sichtbereich und setzte Warnzauber in einem Kreis um sich herum.
Es ist ein verdammt großer Wald . Eryn erinnerte sich an den Blick von der Spitze des Turmes. Aber irgendwann endet auch dieser Wald und dann werde ich auf ein wogendes Grasland hinaustreten und werde früher oder später wieder Menschen und Städte finden.
Doch zuerst eines nach dem anderen. Zunächst gilt es viele Meilen zwischen mich und Gahaeris zu bringen. Ein paar falsche Spuren zu legen, kann auch nicht schaden . Als Magier hatte man da erstaunliche Möglichkeiten. Und Meister Calwas hatte ihn auch so einiges gelehrt. Eryn tobte sich so richtig aus und kurz darauf trugen verschiedenste Tiere, denen er begegnet war, das Muster seiner Spur auf ihren Wegen mit sich, wobei er seine eigene Spur verwischte. Tiefer und tiefer trugen ihn seine federnden Schritte in den Wald hinein und eine unbeschwerte Leichtigkeit erfüllte ihn.
Frei, frei, frei...
Der Herr von Naganor verfluchte zum wiederholten Male das Fehlen seines Schülers. Nicht nur, dass Ravenor für die Erfüllung der kleinen Aufgaben des täglichen Lebens ein nicht besonders guter Ersatz für Eryn war. Nein, auch der Umstand, dass Eryns erfolgreiche Erforschung des Unhaer neue Möglichkeiten eröffnete, auf deren weitere Erforschung Prinz Raiden brannte. Nur, dass er noch geschlagene vier Monate auf die Rückkehr seines
Weitere Kostenlose Bücher