Ardeen: Band 2: Neue Wege (German Edition)

Schülers warten durfte. Und Warten und Meister Raiden waren zwei Dinge, die überhaupt nicht zusammenpassten. Was ihn wieder wütend an seinen Bastardsohn denken ließ, der an dem Ganzen schuld war. Natürlich wusste Prinz Raiden, dass Ravenor von der Fee verzaubert worden war und eigentlich nichts dafür konnte.
    Und doch ist es Ravenors Schuld, dass Eryn nun seine Zeit sinnlos in Gahaeris verplempert.
    Als Strafe dafür hatte Prinz Raiden Sir Ravenor tagsüber zur Ausbildung der neuen Rekruten im Schwertkampf eingeteilt und danach zum Dienst als Ordonnanz in der Zitadelle, wobei jeglicher Ausgang gestrichen war. So lange, bis Eryn zurückkehrt ist das nur allzu gerecht.
    Ein paar Male hatte Meister Raiden versucht, Eryn telepathisch zu rufen, doch der Grüne Turm war abgeschirmt und er konnte keine Verbindung bekommen. Er überlegte, ob er den Seelenbann benutzen sollte, aber Eryn würde mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht antworten können und dann stellte dies eine unnötige Grausamkeit dar, die sein Schüler nicht verdient hatte. Nein, Eryns Forschung war ja erfolgreich gewesen, und die wahren Schuldigen an diesem Dilemma waren Tellenor, die Fee und Ravenor, aber diesmal keinesfalls Eryn.
    Erneut kam er zu dem Gedanken zurück: Vier geschlagene Monate, um die Antwort auf ein paar Fragen zu erhalten. Das ist quälend!
    Als Ablenkung hatte er sogar begonnen, Ravenor in Strategie und Taktik zu unterweisen. Es war aus einer Laune heraus geschehen, in Verbindung mit einer unbedachten Bemerkung Ravenors. Und dazu kam noch der Umstand, dass jeder Orten- und Agaratabkömmling mehr über dieses Thema wusste als sein missratener Sprössling. Die hatten alle – wie er selbst auch – bereits als Kinder die Grundlagen über Militäraufstellungen und Schlachtstrategien gelehrt bekommen.
    Ravenor konnte zwar Schwerter schmieden und schwingen, doch seine bevorzugte Kriegstaktik bestand darin, ohne Rücksicht auf Verluste vorzupreschen und wild um sich zu schlagen. Den wenigen allgemeinen Unterricht zum Thema Kampftaktik in der Garnison hatte Sir Ravenor in seiner Arroganz offensichtlich als unwichtig abgetan. Kampfaufstellung und Truppeneinteilung waren reine Fremdworte für ihn. Formationen, meinte er, wären nur für den Exerzierplatz. Diese Anschauungen Ravenors teilte Prinz Raiden in keinster Weise. Und der Schwarze Prinz war weiterhin der Meinung, Ravenors Wissen sei für einen Offizier seiner Garde zu dürftig. Wenn man dann noch bedachte, dass Ravenor neben einem Sir Askir Orten wie ein dummer Bauernjunge aussah, kratzte das erheblich an Prinz Raidens Stolz.
    Wird Zeit, dass der Junge mal was Anständiges lernt und damit meine ich nicht kartenspielen und rumzuvögeln. Hinzu kam, dass diese Nachhilfelektionen Meister Raiden die Zeit des Wartens auf Eryns Rückkehr vertrieben, womit man wieder beim Thema war.
    Wenn ich wenigstens eine Verbindung hätte, dann könnte ich Eryn fachliche Fragen stellen. Natürlich könnte ich Tellenor darum bitten, aber so verzweifelt bin ich noch nicht. Schlimm genug, dass er mich zu diesem Handel gezwungen hat.
    Das war der Moment, in dem der Schwarze Prinz erneut versuchte, Eryn zu erreichen – und da kam überraschend eine Antwort.
    „ MEISTER RAIDEN ! ...Gerade schlecht...“
    „Was soll das denn? Begrüßt man so seinen Meister, Schüler? Wo bist du?“
    „Im Wald... arrrg... ein Tier verfolgt... aaarrrrrg – Hilfe!“
    „Was zur Hölle passiert da gerade? Wirst du angegriffen?“
    Kurze Pause . „Ja, ein Dämon, magisch. Kein Feuer. Arrrg.“
    Das kann nicht wahr sein ! Ein Biest bedrängt gerade meinen Schützling, und wo ist Tellenor? Offensichtlich eilt ihm keiner zu Hilfe. Und das klang ganz gewaltig nach einem Hilferuf.
    „Eryn, hör zu. Öffne die Ader Silber und lass mich als Tandem aufspringen. Wenn ich die Kontrolle über dich übernehme, kann ich die Situation in den Griff bekommen.“
    „Arrgg, Scheiße, einen Moment... Hilfe... jetzt!“
    Kaum war Meister Raiden in Eryns Körper gedrungen, zog er alle seine Schilde hoch. Keinen Augenblick zu spät, denn ihn traf ein heftiger Schlag des Kreises Geist und das Wesen versuchte, ihm Lebensenergie zu rauben. Raiden fuhr in die Richtung herum, aus der der Angriff gekommen war – und das gerade rechtzeitig. Scharfe Klauen schlugen nach ihm, um ihn zu zerfleischen. Prinz Raiden sah sich einem wilden Tageroth direkt gegenüber. Gattung Dämon. Immun gegen die meisten Kreise. Magisch wie auch körperlich mit tödlichen