Ardeen: Band 3: Nimrod (German Edition)
als sie sich auf mich stürzten.“
„So, ihr habt mich also gesucht, Menschlein. Warum?“
Offensichtlich war es der Herr von Naganor leid, als Menschlein bezeichnet zu werden und so stellte er sich vor: „Erhabener, ich, Prinz Raiden von Ardeen, Herr von Naganor, suche Wissen. Ich wurde geboren in der Zeit des Großen Kriegs und dennoch erzählt man sich nach all den Jahren immer noch von der unglaublichen Weisheit des Großen Grauen.“
Der Drache stieß kleine Rauchwolken aus seinen Nüstern. „Lass die Schmeicheleien. Ich bin schon lange immun dagegen. So, ein Herr des Schwarzen Turmes. Du bist jung dafür, wenn auch nicht ganz unbegabt. Und dein Begleiter?“
„Mein Schüler Eryn.“
„Ein kurzer Name, verglichen mit deinen hochtrabenden Titeln“, bemerkte der Drache zynisch.
Meister Raiden ergänzte: „Eryn Bluthand.“
„Das alte Wort für Eidbrecher – seid ihr das nicht alle, Menschlein? Lug und Trug, Eidbruch und Verrat, das ist es, was die Magier immer taten. Diese Einschätzung des Drachen über die Magier erweckte keine Zuversicht und rief sofort Meister Raidens Rechtfertigung auf den Plan:
„Was weit vor meiner Zeit geschah, ist nicht mein Verbrechen. Sind wir Eure Gefangenen, Erhabener? Was werdet Ihr mit uns tun?“
Einen quälend langen Moment herrschte Schweigen, dann tönte die Stimme des Erhabenen in ihren Köpfen. „Das habe ich noch nicht entschieden. Ich würde sagen, ihr seid meine Gäste.“
Reiche Meister Raiden den kleinen Finger und er greift sofort nach der ganzen Hand. „Und warum behandelt Ihr uns als Gäste dann so demütigend? Beraubt uns aller Kleidung, lasst uns nackt vor Euch treten und verpasst uns diese Armreife.“ Und dabei hielt er seine Unterarme mit dem Einzigen, was er am Körper trug, hoch.
„Seit wann ist Nacktheit demütigend? Falls es dir entgangen sein sollte, eitles Menschlein, auch ich bin nackt. Ihr minderwertige Spezies ‚Mensch‘ braucht harte Rüstungen, weil eure Haut so schnell zerreißt und Felle, weil ihr der Kälte nichts entgegenzusetzen habt und Taschen, in denen ihr Dinge verstecken könnt. Und nimmt man euch das alles weg und ihr steht da, wie die Natur euch ausgestattet hat, dann stellt man fest, dass ihr hässlich ausseht und euch dessen schämt. Ich schätze es nicht, wenn man versucht, vor mir etwas zu verbergen. Ein Ring, ein Edelstein, manchmal nur ein Stück Stoff, alles kann mit einem Zauber belegt sein. Über die Jahre habe ich meine Erfahrungen damit gemacht und darum treten alle ausnahmslos nackt vor mich. Aber da es deiner Eitelkeit einen so herben Schlag versetzt, Menschlein, will ich dir einen Gefallen tun.“
Vor Raiden und Eryn tauchten jeweils ein Gürtel und ein Stück Stoff auf. Sie griffen sich die Sachen und bedeckten ihre Blöße.
„Wie seid ihr hineingekommen?“, fragte der Drache und Meister Raiden erklärte, wie sie die Schwachstelle gefunden hatten und dann mit dem Tunnel durchgestoßen waren.
Das brachte ihnen die Anerkennung des Großen Grauen: „Ihr seid klüger, Menschlein, als man auf den ersten Blick vermuten könnte. Vielleicht sollte ich es noch ein wenig aufschieben, mir eure Essenz einzuverleiben.“ Eryn schluckte. Hatte der Drache tatsächlich vor ihnen die Magie zu stehlen, oder war dies nur ein böser Scherz?
Auch Meister Raidens unerschütterliches Selbstvertrauen begann leicht zu schwanken: „Erhabener, wir haben Euch nichts getan und Ihr bedroht uns auf diese Weise. Es könnte für uns beide von Nutzen sein, unser Wissen auszutauschen.“
„Den Fehler, Menschlein, habe ich mit deiner Rasse schon zu oft gemacht und die Geschichte scheint sich immer wieder aufs Neue zu wiederholen. Ich habe den Worten eines räudigen Magiers geglaubt und er hat mich betrogen. Zuletzt Ador Coronos – sein Name sei verflucht. Es wird noch 1000 Jahre dauern, bis ich seinen Verrat vergessen kann. Und abgesehen davon, welches Wissen könntest du mir schon anbieten, so jung und unerfahren wie du bist, von deinem Schüler ganz zu schweigen. Er ist so grün, dass seine Adern noch unregelmäßig flackern.“
„Und doch habe ich etwas anzubieten, was Euch interessieren wird, Erhabener. Ich kann es Euch zeigen, wenn ich Zugang zur Magie bekomme. Was habt Ihr schon von mir zu befürchten? Ich habe Eure Macht gesehen.“
Die grünen Augen des Drachen ruhten auf Meister Raiden, dann meinte er spöttisch: „So, du hast meine Macht gesehen, obwohl deine Magie versiegelt ist?“
Aber der Meister der Worte
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