Ardeen: Band 3: Nimrod (German Edition)
aufstehen durfte.
Trotz ihrer misslichen Lage verkannte Meister Raiden vollkommen, wer nun das Kommando führte: „Was passiert nun? Wer seid Ihr und wer ist der Erhabene?“
Der Anführer antwortete: „Keine Fragen. Der Erhabene will euch sehen. Kleidung ausziehen. Alles – jetzt sofort!“
Meister Raiden machte keinerlei Anstalten der Aufforderung nachzukommen. „Und warum?“
Ein magischer Hieb traf ihn ins Gesicht, ein weiterer Schlag in den Bauch schickte ihn zu Boden. Der Herr von Naganor kam mühsam wieder auf die Füße, zeigte aber trotzdem ein gequältes Grinsen und bemerkte provokant: „Das beantwortet meine Frage auch nicht.“
Wieso erinnert mich das nur so sehr an Ravenor. Kann er nicht einfach die Klappe halten, unsere Situation verbessert er dadurch bestimmt nicht .
Der Anführer sagte wieder mit stoischer Bestimmtheit: „Keine Fragen! Ausziehen – alles!“
Um nicht auch mit rüden Schlägen bedacht zu werden, begann Eryn sich zu entkleiden und auch der Prinz entledigte sich seiner Kleider. Die ruckeligen Bewegungen legten den Schluss nahe, dass er das unter einem Bann tat. Dann wurde all ihr Hab und Gut in einen Sack gepackt, den sich einer der Dämonenmänner über den Rücken schwang.
Wenigstens werfen sie es nicht weg, dachte Eryn noch, als einer der Dämonen an ihn herantrat und dann einfach stehen blieb.
Mit großer Wahrscheinlichkeit scannt er mich gerade. Da traf ihn auch schon ein Bann, der ihn zwang, die Arme zu heben. Der Dämon zog ein Messer aus dem Gürtel und Eryn schnürte es vor Angst die Kehle zu.
Wie ein Tier beim Schlachter, unfähig zu entkommen und nicht einmal die Möglichkeit, um mein Leben kämpfen zu können .
Aber der andere zog ihm die Klinge nur über die Seite und holte sehr unsanft den Ring gegen das Unhaer aus Eryns Fleisch, dann war der Bann wieder aufgehoben und an seiner Seite lief Blut herunter. Die Wunde war nicht tief oder bedrohlich, doch ein Heilzauber wäre nett gewesen. Aber an Nettigkeiten schien keines der Wesen einen Gedanken zu verschwenden. Sie wurden, so nackt wie sie waren, in die Mitte genommen und durch ein Tor gebracht. Dahinter traten sie auf einen Weg, der mit den Augensäulen gesäumt war und schnurgerade in die Unendlichkeit zu laufen schien. Sowohl Meister Raiden als auch Eryn waren stehen geblieben, doch das war nicht im Interesse ihrer Bewacher. Sie bekamen beide einen derben Stoß in den Rücken mit der knappen Anweisung: „Weiter.“
„Ich kann auch ohne Hilfe laufen“, bemerkte Prinz Raiden bissig, erntete dafür aber nur eine weitere Aufforderung vom Anführer: „Schweigen!“
Der Prinz und Ravenor, einer wie der andere. Als ginge es darum, immer das letzte Wort zu haben – egal welche Konsequenzen damit verbunden sind.
Hör auf, mich mit Ravenor zu vergleichen!, nörgelte es plötzlich in seinem Kopf und Eryn war überrascht.
Ihr könnt meine Gedanken immer noch lesen?
Natürlich, das geht über den Seelenbann, dafür muss ich noch nicht einmal die Magie bemühen. Wenn du denkst, ist das fast so, als ob du laut reden würdest.
Das erklärte einiges und es gefiel Eryn wahrlich nicht. Aber die jetzige Situation war das größere Problem und so hoffte er auf eine geniale Eingebung seines Meisters. Habt Ihr einen Plan, Meister Raiden? Ich meine, so wie Ihr unsere Bewacher provoziert?
Nein. Solange wir dem Erhabenen nicht gegenübergetreten sind, werden sie uns nicht wirklich etwas tun. Aber es ist eine Frage der Ehre, nicht alles einfach so hinzunehmen. Es ist ein Protest gegen diese unwürdige Behandlung. Du hingegen kommst ihren Aufforderungen erstaunlich schnell nach.
Es ist eine Lektion in Gehorsam, die ich nur zu gut gelernt habe. Erspart Schmerzen und Ungemach. Befehle von oben werden ohne Wertung, Verzug oder gar Widerstand befolgt. Ihr erinnert Euch, denn diese Lektion habt Ihr mir oft genug erteilt, Meister Raiden.
Lass mich nicht vergessen, dir das nächste Mal eine Lektion in Loyalität zu geben.
Eine dritte inzwischen wohlbekannte Stimme mischte sich ein: SCHWEIGEN!
Ein Telepath.
JA, SCHWEIGEN! Es klatschte kurz und Meister Raidens Kopf flog auf eine Seite, während seine Nase zu bluten begann.
Warum habe ich so gar kein Mitleid. Soll er ruhig mal sehen wie das ist. Den Gedanken konnte sich Eryn nicht verkneifen, obwohl er nun wusste, wie leicht er von seinem Meister belauscht werden konnte. Doch der Herr von Naganor schwieg und versuchte mit dem Handrücken das Nasenbluten zu stillen.
Sie
Weitere Kostenlose Bücher