Aretha Franklin - Queen of Soul
schildert sie Hotdogs, Schweinshaxen, Brathhühner oder Süßkartoffeln, die ihr vor 40 Jahren vorgesetzt wurden. Über die Menschen in ihrem Leben – sogar ihre eigenen Kinder – erfährt der Leser hingegen wenig. So wundert es kaum, dass die Kritiken entsprechend mau ausfielen. In der Detroit Free Press hieß es: »Wenn Fans erwarten, dass Franklin ihr Herz ausschüttet, werden sie enttäuscht sein.« Tom Sinclair spricht in seiner Rezension für Entertainment Weekly von einem »überraschend zahmen« Buch und urteilt: »In diesem merkwürdig trockenen Buch beschönigt Franklin unerfreuliche Ereignisse und betont die positiven in einem geradezu lächerlichen Maße … Ihre beste Musik wird zweifellos die Zeiten überdauern. Ihrer seltsam zugeknöpften Autobiografie sollte jedoch eine wesentlich kürzere Lebensdauer beschieden sein.« Im Buchgeschäft bekommen Prominente genau eine Chance, ihre Autobiografie zu verfassen. Aretha hat ihre leider vertan.
Auch im Jahr 2000 war Aretha live auf der Bühne zu sehen. Am 10. April war sie einer von vielen Stars, die für das TV-Special 25 Years of Number One Hits: Arista Records’ Anniversary Celebration im Shrine Auditorium in Los Angeles auftraten. Das am 15. Mai im Fernsehen ausgestrahlte Event brachte Musikgiganten wie Carlos Santana, Toni Braxton, Barry Manilow, Alan Jackson, Dionne Warwick, Patti Smith, Sarah McLaughlin, Puff Daddy und Whitney Houston gemeinsam auf die Bühne. Der Auftritt von Houston erregte besondere Aufmerksamkeit, da sie offensichtlich unter Einwirkung irgendwelcher Sustanzen stand. Sie stolperte über ihren Rocksaum, griff sich so oft an ihr paillettenbesetztes Kleid, dass sich darauf schon kahle Stellen zeigten, und sah generell benebelt aus. Das einst herzliche Verhältnis zwischen Aretha und Whitney hatte sich längst auf frostige Temperaturen abgekühlt. In ihrer Autobiografie verkündete Aretha, dass Miss Houston sie jederzeit anrufen könne, sobald sie ihre hochnäsige Diva-Attitüde fallengelassen habe – aber keine Minute vorher.
Für das TV-Special weigerte sich Aretha typischerweise einmal wieder, nach Los Angeles zu fliegen oder mit dem Zug oder Auto zu fahren, stimmte aber zu, sich von New York aus via Satellit zuschalten zu lassen. Sie sah gut aus in ihrem schwarzen Hosenanzug und einer etwas verwegenen Frisur, die zum Teil aus eng am Kopf anliegenden Cornrows und zum Teil aus einer orangefarbenen Haarkaskade bestand. Ihr Hitmedley, das sie an diesem Abend live vor einem New Yorker Studiopublikum sang, umfasste eine Soloversion des George-Michael-Hits »I Knew You Were Waiting (For Me)« sowie »It Hurts Like Hell« und »Freeway of Love«. Für den Finalsong erhielt sie Unterstützung vom Gesangsquartetts Boys II Me. Sie sprach zudem einige warme Worte über den Tag, an dem Clive Davis ihr das Demoband von »I Knew You Were Waiting (For Me)« vorgespielt hatte. Die Show hatte so hohe Einschaltquoten, dass sie kurz darauf auch als DVD erschien, mit einigen im Fernsehen nicht gezeigten Aufnahmen als Bonus.
Im Juni 2000 war Aretha einer der Headliner beim JVC Jazz Festival in New York. Am 6. September trat sie wieder in Manhattan auf, diesmal als Präsentatorin der von der Rhythm & Blues Foundation vergebenen Pioneer Awards. Sie sollte den Preis an Atlantic-Gründer Ahmet Ertegün überreichen, der aber krankheitsbedingt nicht persönlich anwesend war. Als sie die Bühne betrat, verkündete Aretha, dass sie der Rhythm & Blues Foundation, die in Not geratene R & B-Künstler finanziell unterstützt, 50 000 US-$ spenden würde.
Aretha behauptete ihren Thron auch in diesem Jahr. So schrieb Vanity Fair in ihrer Musikausgabe vom November 2000: »›Queen of Soul‹ ist vielleicht der einzige Titel in der Popmusik, der auf seine Trägerin selbst im Alter immer noch passt.«
Wie man in Zusammenhang mit dem Konzert in Los Angeles sehen konnte, litt Aretha nach wie vor unter Flugangst. Immer wieder verkündete sie, dass sie fliegen würde, nur um dann in letzter Minute zu kneifen. »Ich habe schon viele Sachen ausprobiert, die aber bisher noch keine Wirkung gezeigt haben«, sagte sie damals lachend, »weil ich immer noch nicht fliege.« Schließlich fand sie sich damit ab und kaufte einen Spezialbus, mit dem sie nun, wie viele andere Musiker auch, wie in einem Haus auf Rädern von Stadt zu Stadt fährt. Sie sieht durchaus die Vorteile dieser Art der Fortbewegung: »So sehe ich Amerika. Ich kann einfach aus dem Bus steigen, in
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