Aretha Franklin - Queen of Soul
doch noch nie hatte sie in ihrer Heimatstadt mit einem klassischen Orchester auf der Bühne gestanden. »Da ich sowieso mit dem Symphonieorchester auftrete, warum nicht ein paar Arien singen?«, erklärte sie damals. Auf die Frage, ob ihre eingefleischten Fans den Ausflug in die Welt der Klassik würden verwinden können, antwortete sie einige Tage vor dem Konzert: »Absolut. Es gibt verschiedene Arten von Soul. Das hier ist symphonischer Soul … Meine Fans sind sehr kultiviert. Sie mögen gute Musik, genau wie ich auch.« Aretha wies auch darauf hin, dass ihre Schwester Erma als Kind klassischen Klavierunterricht genossen hatte. »Sie konnte den ›Hummelflug‹ ganz hervorragend spielen«, erinnert sie sich. »Der Übergang zur Klassik war für mich ganz natürlich. Der Auftritt bei den Grammy Awards markierte einen Höhepunkt, aber ich habe mich schon lange davor für klassische Musik interessiert.« Bei anderer Gelegenheit sagte sie: »Ich habe immer Klassik gehört, auch wenn ich sie nicht gesungen habe. Sie war immer da, im Hintergrund. Natürlich ist es ein ziemlicher Spagat zwischen ›Dr. Feelgood‹ und ›Nessun Dorma‹, aber ich liebe beide Enden des Spektrums.«
Zum Detroiter Operndebüt der Diva kam reichlich Prominenz, darunter auch Motown-Star Martha Reeves, Bürgermeister Dennis Archer und der Abgeordnete John Conyers. Die Karten kosteten bis zu 150 US-$ das Stück. Die Show bestand aus zwei Hälften: In der ersten Hälfte spielte das Detroit Symphony Orchestra einige Stücke, darunter die Ouvertüre zu Leonard Bernsteins »Candide«, »African-American Symphony Scherzo« von William Grant Still, Duke Ellingtons »Solitude« und »Giggling Rapids«, Dizzy Gillespies »Manteca« und Ralph Hermanns »Ellington Fantasy«. In der zweiten stieß dann Aretha dazu, eingeleitet durch ein Medley aus klassischen Stücken, die den Übergang von der Klassik zum Pop bilden sollten (darunter die Titelmelodien der Filme 2001 , Jesus Christ Superstar und Die Stunde des Siegers) . Zu Arethas Repertoire des Abends gehörten eine langsame Version von »Angel« mit Hintergrundballett, »Freeway of Love«, »Why Do Fools Fall in Love?«, »Think« und »It Hurts Like Hell«. Am meisten Aufsehen erregte aber ihre Interpretation der Arie »Vissi d’arte« aus Puccinis Tosca . Brian McCollum schrieb in The Detroit Free Press , dass das Konzert ein anregender Mix aus »Frechheit und klassischer Eleganz« war, »so als sie eine Sekunde lang innehielt, um kaum wahrnehmbar mit dem Hintern zu wackeln, und das nur Minuten, bevor sie eine Arie aus Puccinis Tosca schmetterte«.
Im Wall Street Journal schrieb Greg Sandow voller Bewunderung, dass Aretha dank ihrer Stimmgewalt, »sogar mit Puccini triumphiert. Sie sang bei der diesjährigen Grammy-Verleihung ›Nessun Dorma‹ aus Turandot ; in Detroit sang sie ›Vissi d’arte‹ aus Tosca . Ihr Italienisch könnte sich kaum naiv-amerikanischer anhören und ihr Stil kann kaum als klassisch bezeichnet werden. Doch sie gibt der Musik eine unglaubliche Energie, wie jemand, der völlig unbeleckt auf wundersame Dinge stößt, die Experten übersehen haben. Und ihr hoher Ton am Schluss hätte Tote zum Leben erwecken können.« Sandow betont, dass er sich mehr Jazzsongs in der Show gewünscht hätte, sieht dann aber ein: »Es hat keinen Sinn, sich zu beschweren. Sie tut, was sie tut.«
Ist es schwerer eine Opernarie zu singen als einen Popsong? »Ich glaube nicht, nein«, antwortet Aretha. »Man muss sich nur mancher Dinge bewusst sein. Aber das ist ja bei allen Sachen so.« Damals verkündete Aretha auch, dass sie ein reines Opernalbum mit dem Titel My Favorite Arias aufnehmen werde. Die Detroiter Show wurde aufgezeichnet mit der Option, daraus ein Livealbum zu machen. Beide Projekte wurden jedoch nie realisiert. »Es war auf jeden Fall sehr erhellend«, sagte Aretha damals über den Ausflug ins Opernfach. »Es bedeutet eine Erweiterung meines Repertoires und meiner Erfahrung.«
Gleich nach dem triumphalen Konzert wurde bekannt, dass Aretha erneut verklagt worden war. Kläger war diesmal der Chicagoer Songwriter William »Sunny« Sanders, der 500 000 US-$ an Tantiemen für den Song »Angel« forderte, den er zusammen mit Arethas verstorbener Schwester Carolyn geschrieben hatte. Aretha ließ allerdings verlauten, Sanders habe bereits 116 000 US-$ erhalten und nicht erst 45 000 US-$, wie von ihm behauptet.
In ihrer Ausgabe vom 31. Dezember berichtete die Chicago Tribune , dass
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