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Argemí, Raúl

Argemí, Raúl

Titel: Argemí, Raúl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chamäleon Cacho
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suchte Kraft im Gebet.
    Gott war unerbittlich mit ihnen und ihrem sündigen Leben, dachte er angsterfüllt, und jetzt war sogar sein Feuer zur Strafe auf sie herabgekommen.
    Obwohl er wusste, dass es zwecklos war, beschleunigte Prudencio Márquez seinen Schritt zu einem halsbrecherischen Tempo. Die Entfernung war groß, und der Rauch wurde immer dichter.
    »Lass ein Wunder geschehen, Herr …«

Drei
     
     
     
    Ich kann die Krankenschwestern nicht voneinander unterscheiden, das macht mich ganz verrückt. Ich weiß nicht einmal, ob ich stundenlang schlafe oder nur kurz einnicke; immer sind sie da, in ihren weißen Kitteln. Wenn ich nur diese seltsame Vermutung loswerden könnte, dass es nur eine Dicke gibt und die andere ihr Spiegelbild ist, wäre ich nicht so ungeduldig und es würde mir auch weniger ausmachen, gelähmt zu sein und vor mich hinzuvegetieren, ohne zu wissen, ob Tag oder Nacht ist.
    Auch deshalb war es ein verwirrender Tag. Und wenn ich seinen Höhepunkt benennen müsste, hätte die Demütigungsnummer, welche die Plattnase abzog, den ganzen Applaus bekommen.
    Ich wüsste nicht, wie man sonst mit so wenig Einsatz ein so perverses Ergebnis erzielen kann. Die Bettpfanne, eine Art ovale Waschschüssel, die Sorte Nachttopf, die dazu vorgesehen ist, Exkremente in liegender Position aufzufangen, ist ein Folterinstrument, das eine Erfindung der Inquisition hätte sein können. Es gibt nur wenige Dinge, die unangenehmer sind, als in seiner eigenen Scheiße zu liegen. Ganz zu schweigen von der Zugabe, die die Hand der Schwester darstellt, die einem mit der Gleichgültigkeit eines Bestatters den Hintern abwischt.
    Es gibt natürlich einen Trick. Es gibt immer einen Trick, um eine Bestrafung aushalten zu können: den Körper verlassen und sich auf eine andere Ebene flüchten. Bloß nicht das Opfer sein, auch wenn es der Wahrheit entspricht und man an Händen und Füßen gefesselt ist und von der Seele der Gestank nach erbärmlicher Niederlage aufsteigt.
    Das war es, was ich versuchte: so zu tun, als wäre ich nicht da, während ich inständig hoffte, dass die Blutergüsse die Schamesröte überdeckten, die mir im Gesicht brannte, als der Polizist mit dem idiotischen Vorhaben zurückkam, bei Márquez Fingerabdrücke zu nehmen.
    Wieder gab es einen Streit im Flüsterton.
    »Wo hast du denn dein Polizeihandwerk gelernt?«, schimpfte eine der Krankenschwestern verhalten. »Siehst du nicht, dass seine Finger verbrannt sind? Was sollen denn das für Fingerabdrücke sein?«
    »Wenn ich ihn nicht eindeutig identifizieren kann, kriege ich Schwierigkeiten … und das werde ich zu verhindern wissen.«
    Aus dem Augenwinkel sah ich, wie der Uniformierte unschlüssig um meinen Zimmernachbarn kreiste, in der Hand ein Stempelkissen und ein paar weiße Kärtchen.
    »Du bist ja nicht ganz gescheit«, behauptete die Dicke mit einem kurzen Krächzen, das wohl ein ironisches Lachen sein sollte. »Kennst du den verrückten Márquez etwa nicht?«
    »Gesehen hab ich ihn schon mal«, sagte der Polizist, kurz davor, klein beizugeben. »Aber es gibt ein paar Schwierigkeiten, zu denen ich mich nicht äußern darf, das Protokoll ist vertraulich.«
    »Aha! Das muss ja furchtbar wichtig sein. Dann brauchst du auch von niemandem Hilfe zu erwarten.«
    Für einen Moment stockte das Gespräch. Nachdenklich hielt der Mann den Blick auf die Frau gerichtet, die so tat, als beachte sie ihn nicht mehr. Um deutlich zu machen, dass er hier überflüssig war, hob sie meine Bettdecke und überprüfte die Bettpfanne.
    »Noch immer nichts?«, empörte sie sich. »Ich werde ihm einen Einlauf machen müssen, wenn er keinen Stuhlgang hat.«
    Ich hätte sie umbringen können, und das war ernst gemeint. Wenn ich meine Hände hätte gebrauchen können, hätte ich es getan.
    »Du musst mir helfen, Teresa …«
    Aha, die verdammte Indianerin heißt Teresa, dachte ich.
    »Wie denn bitte? Wenn ihr von der Polizei einem nicht vertraut, weiß ich nicht, wie ich euch helfen soll.«
    »Weißt du, schuld sind die Mormonen. Die von der Mission auf der Anhöhe von Quebrada Luán …«
    »Diese Gringos sind anständige Leute, die sich um die Armen kümmern. Was hast du gegen sie?«
    »Ach, nichts, gar nichts … Nur dass die Mormonen ein eigenes Funkgerät besitzen und das Polizeirevier darüber verständigt haben, dass sie den gesuchten Pick-up gesehen hätten.«
    »Welchen Pick-up? Und wer wird gesucht? Du bist doch zur Schule gegangen, auch wenn es nur die Grundschule war.

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