Argeneau Vampir 13 - Vampir zu verschenken
eigenes Heim gehabt hätte, aber der Meinung gewesen war, aus Dankbarkeit bei mir bleiben zu müssen.« Er verzog das Gesicht und räumte ein: »Ich hätte Agnes immer noch fragen können, ob sie sich um meinen Sohn kümmern wollte, aber dann besuchte ich Thomas und sah, wie gut er sich eingelebt hatte und wie glücklich er war und …« Ein wenig hilflos zuckte er mit den Schultern. »Ich hätte es als grausam empfunden, ihn von Marguerite zu trennen. Er nannte sie Ma, und ich hatte das Gefühl, dass er sich kaum noch an mich erinnerte.«
Eshe dachte einen Moment lang darüber nach, dann fragte sie: »Mich wundert, dass Altheas Eltern sich nicht um den Jungen kümmern wollten.«
»Das wollten sie sehr wohl«, gestand er ihr. »Aber sie beschlossen, nach Altheas Tod für einige Zeit nach Europa zu gehen. Ich glaube, sie wollten vor all den schlimmen Erinnerungen davonlaufen. Und da Thomas bei Jean Claude und Marguerite untergebracht war, konnte ich ihn wenigstens von Zeit zu Zeit besuchen. Hätten Altheas Eltern ihn nach Europa mitgenommen, dann hätte ich ihn niemals wiedergesehen. Also sagte ich Nein.«
»Also … waren Agnes und John in Europa, als Althea starb, aber nach ihrem Tod sind sie hierher zurückgekehrt, und seitdem leben sie hier?« Im Geiste strich sie sie von der Liste der Verdächtigen. Sie hätten wohl kaum ihre eigene Schwester getötet, der sie beide ihr Leben zu verdanken hatten. Und sie waren in Europa gewesen, als Althea bei dem Hotelbrand ums Leben kam.
Als Armand nickte, hakte sie nach: »Aber seitdem leben sie in der Nähe? Nahe genug, um dich regelmäßig besuchen zu können?«
»Ja, genau. John hat von mir gelernt, als er für mich gearbeitet hat, und er hat so wie ich angefangen, nach und nach Farmen aufzukaufen. Ich glaube, inzwischen gehören ihm fünf oder sechs, und alle zehn Jahre wechselt er von der einen zur anderen, so wie ich das auch mache. Aber seine Anwesen liegen auch alle im südlichen Ontario und so weit verstreut, dass kaum ein Risiko besteht, den Leuten über den Weg zu laufen, in deren Gegend er früher mal gelebt hat. Allerdings wird dieses Risiko mit der Zeit immer größer«, fügte er mit düsterer Miene hinzu. »Früher blieben die Leute in den Städten, als man noch zu Pferd oder mit der Kutsche von A nach B reisen musste. Mit zunehmender Automatisierung steigt jedoch auch die Gefahr, dass man jemandem von früher begegnet, der sich noch gut an einen erinnern kann und dem dann auffallen könnte, dass man gar nicht gealtert ist.«
»Das heißt, du musst zukünftig Farmen kaufen, die weiter voneinander entfernt liegen?« Eshe überlegte, wie er wohl die Gefahr bannen wollte, von Sterblichen wiedererkannt zu werden.
Er schwieg eine Zeit lang, den Blick auf seinen mittlerweile leeren Teller gerichtet. »Ehrlich gesagt, habe ich überlegt, mich aus dieser Branche ganz zurückzuziehen.«
»Tatsächlich?«
»Ja, vielleicht ist es Zeit für eine Veränderung. Ich mache das jetzt schon so lange, dass ich merke, wie ich allmählich das Interesse verliere.«
»Und was interessiert dich stattdessen?«
»Da bin ich mir noch nicht sicher. Ich habe überlegt, vielleicht die Universität zu besuchen und Medizin oder Naturwissenschaften zu studieren.«
»Sie sind fertig, wie ich sehe«, ging plötzlich der Kellner gut gelaunt dazwischen und beugte sich vor, um die Teller an sich zu nehmen. »Kann ich Sie beide noch zu einem Dessert überreden?«
Eshe lehnte sich auf ihrem Platz nach hinten, um zu verhindern, dass er mit seinem Arm an ihrem Busen entlangstrich, als er nach dem nächsten Teller griff. So verlockend sich ein Dessert auch anhörte, war es doch eine Ewigkeit her, seit sie das letzte Mal eins gegessen hatte. Bereits jetzt hatte sie ihrem Magen mehr zugemutet, als der nach so vielen Jahrhunderten in sich aufnehmen konnte, und sie fürchtete allen Ernstes, dass sie platzen würde, wenn sie auch nur noch einen einzigen Happen aß.
»Nein, danke. Nur die Rechnung«, sagte Armand, während er den Kellner finster ansah. Offenbar war ihm nicht entgangen, dass der Mann beinahe mit ihren wohlgeformten weiblichen Attributen in Kontakt gekommen wäre, und nach seiner Miene zu urteilen, hielt er das nicht für einen puren Zufall.
Eshe war sich sicher, dass er die Gedanken des Kellners gelesen hatte und vermutlich mit seiner Annahme richtiglag, aber sie wollte sich nicht die Mühe machen, seinem Beispiel zu folgen. Sie konnte nicht verstehen, wie ein sterblicher Mann
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