Argeneau Vampir 16 - Der Vampir in meinem Bett
hinterher, wie er auf die Herrentoilette verschwand. Dann saß sie da und wurde von so vielen widersprüchlichen Gefühlen bestürmt, dass sie kaum einen klaren Gedanken fassen konnte. Was ihr aber wieder und wieder durch den Kopf ging, war die Frage: Was um alles in der Welt war da eben passiert?
Sie war sich nicht ganz sicher. Ihr war in Erinnerung, dass sie sich vorgebeugt hatte, und plötzlich war Christians Gesicht vor ihrem gewesen, sie hatte auf seine Lippen gestarrt und an seine Küsse gedacht. Sie wusste nicht, ob sie beschlossen hatte, ihn zu küssen, doch seine entsetzte Miene, als er sie von seinem Schoß schob, hatte sie noch allzu deutlich vor Augen. War sie tatsächlich über den armen schwulen und für sie viel zu jungen Christian hergefallen? Hatte sie versucht, ihn bei lebendigem Leib zu verschlingen? Jedenfalls war es ihr so vorgekommen. Sie hatte noch nie in ihrem ganzen Leben ein solches Verlangen verspürt, das bei seinen Küssen förmlich explodiert war und bei ihr den Wunsch geweckt hatte, völlig eins mit ihm zu werden.
Himmel! Wenn er sie nicht gestoppt hätte, wäre sie wohl noch auf die Idee gekommen, sich ihrer Shorts zu entledigen und ihm die Jeans auszuziehen, um sich hier mitten im Bus auf ihn zu setzen. Carolyn war nicht der Ansicht, dass sie sich noch rechtzeitig darauf hätten besinnen können, dass sie beide sich in der Öffentlichkeit befanden. Ganz zu schweigen davon, dass er viel zu jung für sie war und er vor allem gar kein Interesse an ihr haben konnte. Und was war mit diesen Träumen, die ihr so heiß und überwältigend erschienen waren? Also, im Vergleich zur Realität, von der sie bloß einen Bruchteil hatte kosten können, waren die Träume nichts gewesen. Ihr wurde klar, dass sie mehr wollte … aber nicht bekommen konnte.
Was war denn nur los mit ihr? Sie ließ sich in ihren Sitz sinken und schaute betreten vor sich, als sie etwas rascheln hörte. Sie sah neben sich und entdeckte den Schokoriegel. Als sie danach greifen wollte, hielt sie abrupt inne, da ihr auffiel, wie sehr ihre Hand zitterte.
Ach ja, Jack hatte davon gesprochen, dass sie womöglich an Unterzuckerung litt. Solche Probleme hatte sie vor dieser Reise nie an sich beobachten können, aber es schien, dass Orangensaft und Schokolade dagegen halfen. Sie nahm den Schokoriegel an sich, und mit einiger Mühe gelang es ihr, die Verpackung aufzureißen. Dann aß sie die Schokolade, während ihre Gedanken noch immer um das kreisten, was sie getan hatte.
Als sie aufgegessen hatte, gehörten ihr schlechtes Gewissen und ihre Verlegenheit der Vergangenheit an, und sie stellte sich die Frage, was sie nun tun sollte. Ihr kamen verschiedene Möglichkeiten in den Sinn, die sich letztlich alle darum drehten, dass sie Christian besser aus dem Weg ging. Sie musste sich bei ihm entschuldigen, doch sie schämte sich viel zu sehr, als dass sie sich dem jetzt schon hätte stellen können. Genau genommen verursachte dieser Gedanke eine Angst bei ihr, die an Panik grenzte, also suchte sie im Geiste nach einer Lösung, wie sie ihn meiden konnte.
Am liebsten wäre sie aus dem Bus ausgestiegen und hätte nach einer anderen Möglichkeit gesucht, ins Resort zurückzukehren, doch außer den Bussen waren hier keine Fahrzeuge unterwegs. Andererseits wusste sie aber auch, dass sie die Rückreise nicht an Christians Seite hinter sich bringen konnte. Wenn er es denn überhaupt gewollt hätte, dachte sie bei sich.
Sie knüllte die Schokoladenverpackung zusammen, stand von ihrem Platz auf und verließ in aller Eile den Bus.
Christian hatte soeben die Erinnerung des Fahrers gelöscht und ihn zurück zu seinem Bus geschickt, bevor er selbst zum Waschbecken ging und den Wasserhahn aufdrehte. Er spritzte sich ein paar Mal kaltes Wasser ins Gesicht, dann richtete er sich auf und betrachtete sich im Spiegel.
Er hatte jetzt wieder etwas mehr Farbe, aber genug Blut hatte er noch nicht getrunken, da er einem Mann, der einen Bus voller Touristen fuhr, nicht zu viel Blut abnehmen konnte, ohne Gefahr zu laufen, dass dieser zu geschwächt sein würde, um seiner Arbeit noch nachgehen zu können. Auf jeden Fall hatte er genug getrunken, um wieder klarer denken zu können und vor allem darüber nachzudenken, dass er es sich mit Carolyn womöglich verscherzt hatte.
Seufzend stützte er sich auf dem Waschbecken ab und kniff kurz die Augen zu, damit er sich überlegen konnte, was er Carolyn sagen sollte, wenn er zurück bei ihr im Bus war. Aber es
Weitere Kostenlose Bücher