Argeneau Vampir 16 - Der Vampir in meinem Bett
wollte ihm nicht gelingen, weil seine Überlegungen beharrlich zu den Sekunden zurückkehrten, in deren Verlauf Carolyn seine Welt auf den Kopf gestellt hatte.
In diesem winzigen Augenblick hatte er mehr Leidenschaft erlebt als in den gut fünfhundert Jahren zuvor. Diese Frau war die Flamme, die sein Dynamit zur Explosion brachte. Oder vielleicht war sie ja sogar das Dynamit selbst. Er konnte sich nicht entscheiden, aber irgendwas in dieser Richtung war sie für ihn, sonst hätte er nicht immer noch diese Erektion. Nicht mal die unmittelbare Nähe zu dem verschwitzten Fahrer, als Christian seine Zähne in dessen Hals getrieben hatte, hatte gereicht, um seine Erregung abebben zu lassen. Das war schon bemerkenswert, wenn man berücksichtigte, dass mit so wenig Blut in seinem Körper eine Erektion eigentlich gar nicht hätte möglich sein dürfen.
Er verzog den Mund, drehte den Wasserhahn zu und verließ die Toilette.
Die Touristengruppe war inzwischen zurückgekehrt und drängte in die Kleinbusse. Christian stellte sich zu den Leuten vor dem dritten Bus und wartete nervös, dass die Schlange bald kürzer wurde. Immerhin war er jetzt schon wieder dem Sonnenschein ausgesetzt, wovon er jedoch kaum Notiz nahm, da er voller Sorge war, wie Carolyn ihn wohl begrüßen würde.
Seine Tarnung war jedenfalls aufgeflogen, denn dass er schwul war, würde sie ihm jetzt nicht mehr abnehmen. Aber vielleicht hatten diese Küsse und Berührungen ja genügt, um sie in Versuchung zu führen, nicht länger an den Altersunterschied zwischen ihnen zu denken und ihn endlich näher an sich heranzulassen.
An diese Hoffnung klammerte er sich, bis er im Bus war und sah, dass ihr Platz verwaist war. Er blieb stehen und drehte sich um, doch bevor er den Fahrer fragen konnte, erklärte der von sich aus mit einem Lächeln: »Ihre Freundin ist in den ersten Bus umgezogen.«
»Ich dachte, in den anderen Bussen sind keine Plätze mehr frei«, gab er zurück.
»Immer nur einer, nämlich der beim Reiseleiter«, kam die Antwort.
»Aha«, murmelte Christian und ging weiter zu seinem Platz. Anscheinend hatten die Küsse nicht genügt, um sie in Versuchung zu führen. Stattdessen hatte sie die Flucht ergriffen.
»Caro! Endlich sind Sie zurück.«
Sie lachte, als sie Captain Jacks freundliche Begrüßung hörte, während er ihre Hand nahm, um ihr an Bord zu helfen. Da sie im ersten Bus vorn neben dem Reiseleiter gesessen hatte, war sie auch die Erste, die das Boot erreichte.
»Wo ist Ihr Musikerknabe?«, fragte er.
»Irgendwo da hinten«, sagte sie und fuchtelte in Richtung der Busse. Er führte sie zum Steuer, während die Crew sich um die übrigen Passagiere kümmerte.
»Aha, Sie haben sich wohl so sehr nach mir gesehnt, dass Sie einfach losgelaufen sind«, meinte er grinsend.
Carolyn lachte nur und schüttelte den Kopf, dann nahm sie auf dem Sitz Platz, auf dem sie auch schon am Morgen gesessen hatte.
»Ihre Blumen, meine Liebe«, verkündete er und nahm die Blumenkette vom Steuerrad, damit er sie ihr wieder umhängen konnte. Diesmal trat er nicht gleich danach einen Schritt nach hinten, sondern legte seine Hände an ihr Gesicht und hob ihr Kinn leicht in die Höhe. Er sah sie an und nickte zufrieden. »Sie haben eindeutig wieder Farbe im Gesicht, und Ihre Augen sind auch ganz klar. Jetzt lassen Sie mich ihre Hände sehen.«
Carolyn zog die Nase kraus und hielt ihm die Hände hin. »Nicht das geringste Zittern. Den zweiten Riegel habe ich bei den Schwefelquellen gegessen, und seitdem sind keine Probleme mehr aufgetreten. Außerdem habe ich beim Essen auf der Plantage Nachschlag bekommen. Mir geht es gut. Sie müssen sich keine Sorgen mehr machen«, versicherte sie ihm.
»Gut, aber tun Sie mir den Gefallen und lassen Sie Ihr Blut untersuchen, wenn Sie wieder zu Hause sind«, entgegnete er.
Sie nickte ernst. Die heutigen Erfahrungen hatten ihr Angst genug gemacht, dass sie sich bereits vorgenommen hatte, sich einer gründlichen ärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Erst nach dem Essen auf der Plantage hatte sie sich wieder richtiggehend gut gefühlt. Dabei war ihr erst voll zu Bewusstsein gekommen, wie geschwächt und desorientiert sie bis dahin gewesen war. Darauf führte sie auch den Zwischenfall im Bus zurück, denn es war gar nicht ihre Art, über einen Mann herzufallen.
Die ganze schreckliche Szene hatte sich immer wieder vor ihrem geistigen Auge abgespielt. Der Kuss, die Tatsache, dass sie sich auf seinen Schoß gesetzt hatte –
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