Arglist: Roman (German Edition)
bedeutet Sehen so viel wie Glauben.« Decker hatte zwei Muffins verschlungen und bereits den zweiten Becher Kaffee geleert. Er zog den Kinnriemen seines Helms fest und rückte die kugelsichere Weste auf seiner Brust zurecht. Zusätzlich hatte er noch ein paar dicke Sportsocken und eine Bomberjacke übergestreift. Er begann zu schwitzen. »Ich sollte dann besser mal gehen.«
»Viel Glück«, wünschte ihm Cressly.
»Danke.«
Decker kehrte im Laufschritt zur Mitte des Rasens zurück, während sich die Schwarz-Weißen von der Vorderfront des Hauses entfernten. Fünf Minuten später klingelte sein Handy. »Decker.«
»Das soll alles sein? Da treibt sich immer noch eine ganze Armee herum! Ich zähle mal... eins, zwei, drei, vier, fünf... ich komme auf ein halbes Dutzend Autos allein in meinem Sichtkreis. Ich weiß, dass ihr noch mindestens zwanzig ums ganze Haus rum aufgefahren habt!«
»Mit welcher Zahl an Polizeiautos können Sie leben?«
»Keins.«
»Zwei?«
»Fangt mit zwei an.«
Eine halbe Stunde später standen zwei einsame Streifenwagen vor dem Sand Dunes . »Ich habe für Sie getan, was möglich war, Rudy. Jetzt könnten Sie mir vertrauen und eins der Mädchen freilassen, oder?«
Decker musste eine weitere halbe Stunde bitten und betteln, bis eine zweite nackte Frau aus dem heruntergekommenen Haus kam.
Zwei weniger, blieb noch eine. »Das war wieder eine sehr kluge Entscheidung, Rudy.«
»Ich muss ein verdammter Idiot sein, sie gehen zu lassen. Sobald ich die letzte Schlampe nicht mehr in der Hand habe, bin ich tot.«
»Rudy, ich weiß, dass Sie alles, was ich sagen werde, für gequirlte Scheiße halten werden, aber niemand von uns will Sie erschießen.« Decker wartete einen Moment. »Ich könnte jetzt reinkommen, und dann gehen wir drei zusammen wieder raus, was meinen Sie?«
»Ich mag ein verdammter Idiot sein, aber so bescheuert bin ich nun auch wieder nicht.«
»Warum sind Sie nervös?«, fragte Decker. »Ich ziehe mich splitterfasernackt aus, damit Sie sehen, dass ich keine Waffe verstecke.«
»Wie viele Scharfschützen lauern da draußen, Decker?«
»Ich gehe vor Ihnen. Die werden mich nicht erschießen, um Sie zu bekommen.« Decker blickte nach oben. »Zumindest hoffe ich das!« Keine Antwort. »Ich bemühe mich ja nur, das Ganze möglichst einfach zu gestalten. Aber wenn Ihnen das lieber ist, dann igeln Sie sich da ein, so lange Sie wollen.«
»Ganz genau, verdammt noch mal!«
Während der nächsten Stunde ging das Geschwätz immer weiter, bis kurz nach drei Uhr morgens. Trotz der Socken hatte Decker kalte, um nicht zu sagen eiskalte Füße, die dazu noch von dem langen Stehen teuflisch wehtaten. Der Rest seines Körpers war schweißgebadet. Erschöpfung übermannte ihn, und er musste mit sich kämpfen, um wach und aufmerksam zu bleiben. Schließlich sagte er: »Rudy, Sie können bleiben, wo Sie sind und so lange Sie wollen, aber ich brauche dringend ein bisschen Schlaf.«
»Dann legen Sie sich hin und schlafen Sie’ne Runde.«
»Lassen Sie mich ins Haus, und wir gehen gemeinsam wieder hinaus. Das Mädchen geht vor Ihnen, und ich bin hinter Ihnen. Wir umschließen Sie, bis wir Sie in Sicherheit gebracht haben.«
»Und verhaftet.«
»Wenn Ihr Schuss aus Notwehr auf Mr. Fettarsch alles war, was Sie getan haben, dann wird es einen einzigen Anklagepunkt geben, nämlich illegaler Waffenbesitz.«
»Bullshit.«
»Ich verbürge mich dafür.«
»So viel Macht und Einfluss haben Sie gar nicht!«
»Ich hab’s geschafft, dass die Bullen abziehen, oder?«
»Verkaufen Sie mich nicht für blöd: So viel Macht und Einfluss haben Sie nicht.«
Decker wiederholte sich. »Wenn Ihr Schuss aus Notwehr auf Mr. Fettarsch alles war, was Sie getan haben, dann klagen wir Sie nur wegen illegalen Waffenbesitzes an. Können Sie damit leben?«
»Natürlich kann ich damit leben, aber ihr Arschlöcher werdet mich wegen versuchten Mordes anklagen.«
»Sie haben ihm in den Arm geschossen, Rudy, nicht in die Brust, nicht in den Kopf, nicht in den Bauch. In den Arm . Jeder von uns hier weiß, dass Ihr Schuss nicht tödlich sein sollte.«
Es brauchte einige Zeit, Rudy von Deckers Aufrichtigkeit zu überzeugen, aber schließlich stimmte er einem vagen Aufgabe-Szenario zu. Und dann verging noch mehr Zeit, als Banks hin und her schwankte, wie genau er sich nun ergeben wollte.
Erst musste Decker seine Bomberjacke ablegen. Dann forderte Banks Decker auf, seine Schuhe auszuziehen, die Knöchel zu zeigen und die
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