Arglist: Roman (German Edition)
einen Dreckskerl?«
»Weil er genau das ist! Ich habe ihn angeheuert, um Geheimnisse zu bewahren, und nicht, um sie auszuplaudern!«
»Er behauptet, Sie hätten ihn überhaupt nicht angeheuert. Er sei nur Ihr Alibi für das Verspielen der Versicherungssumme...«
»Eine Lüge!« Melinda drehte sich im Kreis. »Ich hatte ein Problem, okay? Ich lernte Phil in diesen schwierigen Zeiten kennen. Das einzig Gute , das er getan hat, war, mich zu den ›Anonymen Spielern‹ mitzunehmen. Das wiederum tat er nur, weil er mich flachlegen wollte.«
»Hat er?«, fragte Oliver.
»Beleidigen Sie mich nicht!«, fauchte Melinda ihn an. »Ich war spielsüchtig, nicht besoffen! Ich hatte einen klaren Kopf, und Shriner war ein Schwein.«
Oliver hob beschwichtigend die Hände. »Wir versuchen nur, in der Mordsache Ihres Mannes weiterzukommen. Wir stehen auf derselben Seite.«
»Genau das hat die Polizei mir schon vor fünfzehn Jahren erzählt, und ich glaube Ihnen kein bisschen mehr als denen damals.« Melinda ließ sich in ihr weißes Sofa sinken. »Unfähige Idioten!«
Darauf wusste Oliver nichts mehr zu sagen. Er blickte sich hilfesuchend nach Marge um. Sie seufzte leise und setzte sich neben Melinda aufs Sofa. »Es tut mir sehr leid, in alten Wunden herumzustochern, Mrs. Warren. Es muss sehr schmerzlich für Sie sein.«
Melinda funkelte Marge wütend mit feuchten Augen an. »Ersparen Sie mir das amateurhafte Psychogewäsch. Ich war bei genug Therapeuten, um Worthülsen von ernstzunehmenden Ratschlägen unterscheiden zu können, verstanden?«
Alle im Raum schwiegen. Oliver beschäftigte sich mit der Aussicht. Dann fing Melinda leise an zu reden. »Ich warte darauf... frage mich das immer wieder... wann kann ich endlich weitermachen?« Der Ausdruck in ihren Augen wurde sanfter, als Tränen ihre Wangen herunterliefen. »Habe ich nicht auch das Recht auf ein bisschen Glück?«
»Ich an Ihrer Stelle würde uns rausschmeißen und an meinen Anwalt verweisen.« Marge zuckte mit den Achseln. »Obwohl ich hoffe, dass Sie das nicht tun. Wenn wir Dr. Littles Mörder finden wollen, müssen wir mit Ihnen über Phil Shriner und Ihre Spielsucht reden.«
Oliver spürte, dass er sich jetzt einschalten konnte. »Wir würden gerne Ihre Geschichte hören, denn Ihre und Shriners scheinen ja nicht übereinzustimmen.«
Marge sprach vorsichtig weiter. »Phil deutete an, Sie hätten das Versicherungsgeld verspielt und wären zu beschämt gewesen, es vor Ihren Leuten zuzugeben. Stattdessen hätten Sie erzählt, das Geld für einen Privatdetektiv verbraucht zu haben. Shriner machte als ihr Alibi mit.«
»Er gab ganz schnell zu«, fuhr Oliver fort, »selbst spielsüchtig zu sein. Und er deutete an, es sei vermutlich der Tod Ihres Mannes gewesen, der Sie ins Glücksspiel getrieben hat.«
»Selbstverständlich hat mich sein Tod ins Glücksspiel getrieben!«, rief Melinda laut aus. »Ich habe meiner Psyche alle möglichen seltsamen Dinge angetan. Glauben Sie etwa, ich hätte schon gespielt, als Ben noch am Leben war?«
»Wann genau«, fragte Marge, »wurde denn Glückspiel ein Problem für Sie?«
»Ungefähr sechs Monate später...« Melinda griff nach einer Schachtel Papiertücher, stellte sie auf ihrem Schoß ab und riss eins aus der Öffnung. Sie tupfte ihre Tränen weg. »Sie müssen bedenken, ich fühlte mich nicht nur einsam, ich hatte auch Angst! Die Polizei hatte keine Ahnung, wer Ben getötet hatte, und ich konnte nicht aufhören, daran zu denken, dass da draußen jemand rumlief, der den Auftrag zu Ende bringen und mich und meine Jungs töten wollte. Ich war wie versteinert. Ich verkaufte das Haus und zog zu meinen Eltern, aber das half auch nicht lange. Ich fing an, ins Casino zu gehen, nur um mal rauszukommen. Mein Vater hat mir mit fünf Jahren Pokern beigebracht, und ich war gut darin. Zuerst habe ich Geld gewonnen, und genau das war mein Untergang. Wenn ich von Anfang an gleich verloren hätte, wäre ich wahrscheinlich nicht wiedergekommen.«
»Wie lange haben Sie gebraucht, um zu merken, dass Ihre Spielleidenschaft außer Kontrolle geraten war?«
»Ich weiß nicht, was Phil Ihnen erzählt hat, aber ich war nie pleite. Ich hatte immer einiges auf der hohen Kante.«
Sie suchte in ihrer Handtasche nach ihrer Schminke und begann, ihr Make-up zu korrigieren: Puder, Rouge, Lippenstift. Danach waren die Tränenspuren unsichtbar geworden.
»Trotzdem war es beschämend... Geld so zum Fenster rauszuwerfen. Phil und ich hatten dann einen
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