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Argus #5

Argus #5

Titel: Argus #5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jilliane Hoffman
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Außerdem war er viel älter als sie – sie schätzte ihn auf mindestens Mitte vierzig. Wenn nicht älter.
    Sie sah ihn an, wie er dalag und schlief, das Gesicht zu ihrer Seite gedreht, die Augen geschlossen, der Mund irgendwo unter dem riesigen Schnauzbart. Wenigstens schnarchte er nicht. Und er hatte ihr nicht den Rücken zugewandt, was sie hasste. Wenn Männer einem beim Schlafen den Rücken zukehrten, war das ein Zeichen von fehlendem Respekt. Sie pfiff auf das Argument «Aber ich habe geschlafen!», mit dem sich ihre Ex-Freunde rausreden wollten. Für Daria war es so: Wenn man es unbewusst tat, dauerte es nicht mehr lang, bis man es auch bewusst tat. Manny der Bär. Der Spitzname passte. Er war groß, kräftig, haarig. Bedrohlich kahl. Aber gleichzeitig war er auch sehr lieb. Wie ein riesiger Teddybär mit einem überdimensionierten Lächeln und einem noch größeren Lachen. Und sie fühlte sich sicher bei ihm. Genau das war es. Das war ihr Problem, analysierte sie. Das Gefängnis hatte den Ausschlag gegeben. Dort hatte er sie beschützt, und sie hatte sich bei ihm sicher gefühlt. Dasselbe war ihr mit Matt Terrance passiert, dem Typ mit der leisen Stimme aus der elften Klasse, der sich für sie mit einem Footballspieler prügelte, weil der sie eine Zicke genannt hatte. Matt war kein scharfer Typ oder so was, aber sie war trotzdem mit ihm zusammen gewesen. Er hatte sie sogar entjungfert. Nach ein paar Gläsern Tequila, wenn sie sich recht erinnerte.
    Irgendwo begann ein Handy zu klingeln. Die Titelmelodie von Psycho . Ihr Telefon, ein Anruf von der Staatsanwaltschaft.
    Bitte wach nicht auf. Bitte wach nicht auf. Bitte wach nicht auf.
    Sie stieg aus dem Bett und fand ihre Handtasche in der Ecke unter seiner Hose. Verdammt. Wie viel Uhr war es? Sie sah auf die Uhr. Halb zehn. Verdammt! Sie hätte um neun vor Gericht sein müssen …
    Dank ihrem Kater klang ihre Stimme genau so, wie sie sich fühlte. «Hallo, Gretchen!»
    «Du hörst dich ja grauenhaft an», sagte ihre Sekretärin. «Was ist los?»
    «Magen-Darm-Grippe. Ich war die ganze Nacht wach, und dann … ich habe verschlafen. Tut mir echt leid.»
    «Ich sorge dafür, dass Artigas für dich einspringt, der kann alles übernehmen. Bei dir steht heute sowieso nichts Weltbewegendes an. Mach dir keine Sorgen.»
    «Dann rufe ich ihn an …»
    «Nein, geh wieder ins Bett. Kurier dich erst mal aus. Ich rufe heute Nachmittag noch mal an, um zu hören, ob du morgen wieder auf den Beinen bist, aber ehrlich gesagt wär mir lieber, du bleibst schön zu Hause. Ich muss nämlich am Samstag die Geburtstagsfeier meiner Tochter ausrichten, und da kann ich wirklich keine Magen-Darm-Grippe gebrauchen.»
    «Sehr überzeugend», sagte eine raue Stimme hinter ihr, nachdem sie aufgelegt hatte. Daria zuckte zusammen. So viel zum heimlichen Abgang und der Vertagung eines Wiedersehens um sechs Monate oder so …
    «Guten Morgen», sagte Manny gähnend. «Wie viel Uhr ist es eigentlich?»
    «Halb zehn.»
    «Hoppla.»
    «Musst du arbeiten?», fragte sie.
    «Nein, nichts Wichtiges. Ein paar Anrufe genügen.»
    Sie sammelte ihre Handtasche und Bluse ein und wandte sich zu ihm um. «Also, ich muss zurück, und ich dachte …» Sie seufzte. «Ich wollte mir einen Mietwagen besorgen.»
    Er setzte sich im Bett auf und lehnte sich mit einem schiefen Grinsen an das Kopfbrett. «Einen Mietwagen? Was? Warum?»
    «Wegen letzter Nacht.»
    «Letzte Nacht?»
    «Ja, was zwischen uns passiert ist. Was nicht hätte passieren sollen.»
    «Wer sagt das?»
    «Ich sage das. Es war der Alkohol, Manny.»
    Er rieb sich über den Schädel und grinste breit. «Na, ich weiß nicht. Du hast dich ziemlich glücklich angehört. Ich habe noch nie jemanden so quieken hören.»
    Sie wurde knallrot, hob ihre Unterhose auf und ging ins Bad. «Es war ein Fehler.»
    Er griff nach seinem Handy, das auf dem Nachttisch lag. «Mist. Sieben SMS. Hat immer noch keiner kapiert, dass ich nicht weiß, wie die Dinger funktionieren? Scheiße … das hier sieht wichtig aus.»
    Sie ging zu ihm und nahm ihm das Handy aus der Hand. «Es ist ganz einfach. Drück auf diesen Knopf, und du kannst sie lesen. Tu nicht so alt. Wenn du antworten willst, drück auf ‹Antworten›, schreib deine Nachricht und schick sie ab. Das ist keine Quantenphysik.»
    «Danke», sagte er, als sie zurück ins Bad ging. «Ich wollte dich gern nur in meinem Hemd durchs Zimmer gehen sehen. Natürlich kann ich SMS schreiben. Ich tu’s nur nicht. Meine

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