Argus #5
Finger sind zu dick und die verdammten Tasten zu klein.»
Sie funkelte ihn an.
«Hör mal, Counselor, ich glaube, Fehler passieren aus bestimmten Gründen. Ich mag dich. Und ich glaube, du magst mich auch. Warum lassen wir’s nicht einfach auf uns zukommen? Hör auf, alles kontrollieren zu wollen, zum Beispiel, was du fühlen sollst und was nicht, und entspann dich einfach.»
«Sag mir nicht, was ich kontrollieren soll und was nicht», entgegnete sie heiser. «Du hast keine Ahnung, was ich denke.»
«Ich kann sehen, wie sich in deinem hübschen, rothaarigen Kopf die Rädchen drehen. ‹Er ist nicht mein Typ. Er ist mein leitender Ermittler. Er ist viel älter. Ich bin so klein, und er ist so schön. Wir streiten uns dauernd.› Aber fünfhundert Kilometer in einem Mietwagen hinter mir herzufahren, finde ich ein bisschen übertrieben. Ich beiße nicht.»
Er hatte recht. Jetzt, wo er wach war und mit ihr redete, klang es dämlich, vor ihm davonlaufen zu wollen.
«Du schon», fuhr er mit frechem Grinsen fort. Er berührte seinen Hals. «Ich glaube, ich habe einen Knutschfleck.»
Wieder schoss ihr das Blut ins Gesicht, und sie wandte sich ab. «Das ist mir alles so peinlich.»
«Ich habe deinen Körper gesehen. Da gibt es nichts, was dir peinlich sein müsste. Wenn ich deinen Körper hätte, würde ich die ganze Zeit nackt rumlaufen.»
«Jetzt ist es mir noch peinlicher. Das bin ich nicht, Manny. Ich würde so was nie tun.»
«Na gut, dann bist du’s eben nicht. Du bist ein braves Mädchen, wenn du das lieber hörst. Bis vor ein paar Stunden warst du noch Jungfrau, schätze ich. Wie du meinst. Aber du hast heute frei, und ich habe frei, und jetzt sind wir beide nüchtern. Verkatert, aber nüchtern. Und ich mag dich immer noch. Sehr. Echt sehr. Seit ich dich kenne. Ich mag dich sogar, wenn du schlecht gelaunt und böse bist. Und zufälligerweise sind wir hier in einem Hotelzimmer. Und du bist so gut wie nackt …»
Sie sah sich um. «Auf keinen Fall! Es klappt sowieso nicht zwischen uns, Manny. Verdammt, ich muss zurück. Ich habe Prozesse, auf die ich mich vorbereiten muss, Fälle, um die ich mich kümmern muss. Staatsanwälte, die ich anweisen muss. Ich kann nicht mit meinem leitenden Ermittler in einem billigen Hotelzimmer Sex haben! Was zum Teufel ist mit mir los?»
Er hob die Hände. «Schon gut, schon gut. Jetzt flipp nicht gleich aus, Counselor. Ich fahre dich nach Hause, und damit ist die Sache erledigt. Ich werde dich nicht anders ansehen, und wir tun so, als wäre nichts passiert, und du musst auch nicht wegrennen, wenn du mich im Gericht siehst. Ist es das, was du willst?»
Sie sagte nichts, sondern starrte nur auf einen Fleck auf dem Teppich.
«Ich ziehe mich jetzt an. Wir halten bei McDonald’s und holen uns Kaffee, und dann machen wir uns auf die lustige oder nicht ganz so lustige Heimreise.» Er seufzte tief. «Ich schätze, ich brauche mein Hemd wieder. So ein Mist.»
Sie schloss die Augen. Was war los mit ihr? Wer war diese Frau? Dann ließ sie das Hemd über ihre Schultern gleiten und stellte sich vor ihn.
«Das ist gemein … mir so was anzutun», sagte er leise.
Daria ließ das Hemd fallen und schlug die Augen auf. Er starrte sie an. Sie griff nach dem Pappbecher auf dem Nachttisch und trank einen Schluck Tequila.
«Ich weiß nicht, was ich hier tue, und ich weiß auch nicht, warum», sagte sie. «Ich weiß überhaupt nichts mehr heute Morgen. Aber wenn du dein Hemd wiederhaben willst, Detective, dann musst du herkommen und es dir holen. Und beeil dich lieber, bevor ich es mir anders überlege.»
29
Leben ist, was einem passiert,
wenn man gerade andere Pläne macht.
D as Heck des zerbeulten Kleintransporters vor ihr war voll mit quasireligiösen Aufklebern. Daria hielt kaum Abstand, weil sie alle lesen wollte.
Jesus kommt. Tu so, als wärst du beschäftigt.
Was zum Teufel würde Jesus tun?
Ich plane, Gott lacht.
Der letzte Spruch brachte sie ins Grübeln. War es nicht genau so? In all den Jahren, seit sie sich für Männer interessierte, war sie auf der Suche nach Mr. Right gewesen – oder wenigstens nach Mr. Okay –, aber es war nichts dabei rausgekommen. Internet-Dating, echtes Dating, Fitnessclubs, Nachtclubs, Bars, Cafés, Verkuppelungsversuche durch Freunde, Bürobekanntschaften. Wochenende für Wochenende, Happy Hour für Happy Hour, Blind Date für Blind Date hatte sie es versucht und war immer wieder enttäuscht worden. Seit dem College schien
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