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Aristos - Insel der Entscheidung

Aristos - Insel der Entscheidung

Titel: Aristos - Insel der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Reid
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ließ keinerlei Zweifel zu, dass er es ernst meinte. Trotzdem musste Louisa lachen. „Er würde dich erledigen, bevor du die Fäuste auch nur anheben könntest“, sagte sie neckend. „Du hast wohl vergessen, wie groß er ist? Eins fünfundachtzig und um einiges muskulöser gebaut als du, Brüderchen.“
    „Ich trainiere aber schon seit einiger Zeit.“ Sein Ton klang beleidigt.
    „Um dich mit Andreas zu prügeln?“
    „Natürlich nicht!“ Seine Schwester wusste doch ganz genau, dass er damit die Mädels beeindrucken wollte. „Aber wenn er mir über den Weg läuft, kann er sich auf etwas gefasst machen!“
    „Und wieso, bitte? Du hast kein Recht, ihn anzugreifen!“
    „Jeder Bruder hat das Recht, seine Schwester zu verteidigen! Außerdem habe ich nie verstanden, warum Dad Andreas nicht windelweich geprügelt hat, als er dich in deiner Verzweiflung allein ließ.“
    Weil Dad wusste, dass er auch verzweifelt war, dachte Louisa und unterdrückte einen schweren Seufzer. Wochenlang hatten ihre Eltern damals auf sie eingeredet, wieder zu ihnen nach England zurückzukehren, und irgendwann hatte sie nachgegeben. Allerdings hatte sie fest damit gerechnet, dass Andreas ihr folgen und sie zurückholen würde. Wie sehr sie sich doch in ihm getäuscht hatte!
    Kopfschüttelnd rief sie sich zur Ordnung. Wenn sie jetzt daran dachte, in welcher Situation sie ihn dann vorgefunden hatte, als sie irgendwann von sich aus zu ihm zurückkehrte … Sie würde nur wieder die alte Wut und Enttäuschung heraufbeschwören.
    „Du wirst ihn hier aber nicht treffen“, informierte sie schließlich ihren Bruder. „Seine Mutter hat mir geschrieben, dass er diesen Sommer in Thailand verbringen will. Und da diese Reise Nikos gilt, wäre ich dir sehr dankbar, wenn du deine Rachepläne in Zukunft für dich behalten könntest!“
    Nachdenklich starrte sie über die Reling in das dunkle Wasser. Warum verteidige ich ihn nur immer wieder, diesen feigen, treulosen …
    „Tut mir leid“, sagte Jamie leise. Stillschweigend seine Entschuldigung akzeptierend, erwiderte sie nur: „Gleich legen wir an.“
    Langsam näherten sie sich den Hügeln der Insel, die sich in der Dämmerung dunkel gegen den samtigen Abendhimmel abhoben. Wie hatte sie Aristos vermisst! Die grünen Berghänge und die weißen feinkörnigen Sandstrände im Süden, die rauen Klippen und abgelegenen Bergdörfer im Norden und das Inselinnere mit den versteckten kleinen Wasserfällen, die kleine Teiche speisten – all das umgeben von kristallklarem, blaugrünem Meer.
    Nirgends konnte man so gut nachdenken und zur Ruhe kommen wie hier. Wie sie sich danach sehnte, wieder durch die kühlen Zedernhaine zu wandern und auf den Bergwiesen Blumen zu pflücken, die im Frühjahr und Sommer die Insel wie ein dichter bunter Blütenteppich überwucherten. Fast konnte sie jetzt schon den harzig-aromatischen Duft der Zistrosen riechen, aus denen die Einheimischen nach uralten Rezepten Salben und Tinkturen herstellten und deren weiß, violett und rosa blühende Sträucher überall auf Aristos zu finden waren.
    Auch wenn ihr Herz immer schwerer wurde, je näher die Lichter des Hafenstädtchens kamen, freute sie sich auf milde Abende mit glutroten Sonnenuntergängen, die sanfte Morgendämmerung, die die Felsen golden erstrahlen ließ, und die Stille der unberührten Meeresbuchten, in denen die üppige mediterrane Pflanzenwelt fast bis ans Wasser wucherte.
    Jetzt waren die bunten Lämpchen der Cafés und Bars an der belebten Strandpromenade schon ganz nah. Vertraute griechische Melodien drangen an ihr Ohr und hießen sie ein weiteres Mal an einem warmen Sommerabend auf der Insel willkommen.
    Während Andreas Richtung Hafen fuhr, war seine Miene immer noch grimmig. Als er in die Straße nahe der Hafenpromenade einbog, schlug ihm der wohlbekannte Mix aus griechischer Musik und aufgeregtem Stimmengewirr entgegen.
    Also ist die Fähre schon da, dachte er, während er im Schneckentempo die überfüllte Straße entlangfuhr und zwischen Wohnwagen, Cabriolets und Eselkarren einen Parkplatz suchte.
    Endlich fand er eine Lücke, parkte geschickt den Sportwagen ein und stellte den Motor ab. Warum er trotzdem nicht ausstieg und stattdessen das Gewimmel von Menschen, Autos und Kisten voller Waren beobachtete, das nach und nach von der Fähre auf die Insel strömte, wusste er nicht. Eigentlich wusste er nicht einmal, weshalb er zum Hafen gefahren war. Schließlich hatte er dem Impuls, die furchtbaren Erinnerungen

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