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Arkadien 01 - Arkadien erwacht

Titel: Arkadien 01 - Arkadien erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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ab.
    Diesmal wurde er von den Beinen gerissen. Als er mit Rücken und Hinterkopf am Boden aufschlug, sah Rosa das münzgroße Loch in seiner Stirn.
    »So«, sagte Iole zufrieden, als hätte sie eine schwierige Handarbeit fertiggestellt.
    Pantaleones Stimme plärrte aufgeregt aus dem Handy am Boden. »Was ist da los bei dir? Rosa? Geht es dir gut?«
    Sie achtete nicht auf ihn. Iole stand vor ihr, hatte die Hand mit dem Revolver sinken lassen und blickte zu dem Toten hinüber. Sie trug ein weißes Kleid und roch nach Seife und Haarshampoo. Gewaschen und ausstaffiert, um einen hübschen Köder für die Jagd abzugeben.
    Rosa umarmte sie und spürte den Griff der Waffe im Rücken, als Iole die Geste erwiderte. Beide hatten Tränen in den Augen, aber keine weinte.
    »Haben sie dir etwas getan?«, fragte Rosa.
    Iole schüttelte den Kopf.
    Rosa nahm ihr sanft die Waffe aus der Hand. »Hat dein Vater dir das beigebracht?«
    »Mein Onkel«, sagte sie. »Augusto.«
    »Ist Alessandro bei dir?«
    »Nein.«
    Zweifelnd blickte Rosa durch die geöffnete Tür ins Zimmer. Keine Spur von ihm. War es der falsche Raum? Vielleicht das falsche Haus?
    »Ich hol dich hier raus«, sagte sie zu Iole, war aber nichtsicher, wer hier gerade wen gerettet hatte. Sie vermied es, den Toten anzusehen. Iole hingegen machte zwei langsame Schritte auf ihn zu, legte den Kopf schräg und betrachtete ihn.
    Mit links nahm Rosa das Handy wieder an sich, den Revolver hielt sie in der Rechten. »Pantaleone?«
    »Was, zum Teufel, ist passiert?«
    »Sie haben mich belogen.«
    »Hast du das Mädchen gefunden?«
    »Ja. Aber das war es nicht, was Sie und Ihr Freund Remeo gesagt haben.« Sie wollte sich nicht vor Iole darüber beschweren, dass sie mit Alessandro gerechnet hatte. Der alte Mann verstand sehr genau, was sie meinte. »Ich hab die Schnauze voll von Ihnen und Ihren Tricks.«
    »Du hast das Mädchen befreit. Das muss genügen.«
    »Das hier ist wieder einer von Ihren verdammten Tests, oder? Um herauszufinden, ob ich das Zeug dazu habe, die Alcantaras anzuführen.«
    »Du hast gerade bestanden.«
    »Sie haben gesagt, ich würde ihn hier finden.«
    »Halt dich von ihm fern«, sagte er mit Nachdruck. »Die Carnevares sind nicht wie du und ich. Er wird dir nichts als Schmerz und Leid zufügen.«
    »Überlassen Sie das mir.« Sie sah zu Iole hinüber, die neben dem Leichnam hockte und mit der Fingerspitze sein lebloses Gesicht berührte.
    »Du wirst jetzt tun, was ich dir befehle.« Der Ton des alten Mannes wurde schärfer. »Ich bin dein capo und du wirst mir gehorchen.«
    »Einen Scheiß werde ich. Treiben Sie Ihre Spielchen mit Florinda und Zoe, wenn die es sich gefallen lassen.«
    »Vergiss ihn, Rosa. Lauf mit dem Mädchen zum Wagen und dann verschwindet ihr. Noch habt ihr eine Chance. Aber es wird nicht lange dauern, bis irgendwer bemerkt, dass die Kleine fort ist.« Er zögerte kurz, dann fügte er hinzu: »Vorhin,als du beschäftigt warst, habe ich eine Nachricht erhalten. Die Entscheidung des Tribunals ist gefallen.«
    »So früh?« Durch die offenen Türen fiel ein bläulicher Schimmer. Bald würde die Sonne aufgehen.
    »Gleich nach der Eröffnung hat Cesare alle damit überrascht, dass er seinen Vorwurf zurückgezogen hat«, sagte Pantaleone. »Deine Schwester hat vor ein paar Minuten angerufen und es mir erzählt. Cesare hat erklärt, dass du zwar die Schuld am Tod seines Sohnes trägst, aber nicht selbst abgedrückt hast. Damit ist er meinen Zeugen zuvorgekommen und hat ein Urteil vermieden, das seinem Ruf geschadet hätte. Das wäre ein schlechter Einstand als capo der Carnevares gewesen. So aber hat er allen bewiesen, dass er sich den Gesetzen der Dynastien unterwirft und den Titel eines capo mit Würde tragen wird. Das Tribunal dürfte den Carnevares in diesem Augenblick nahelegen, ihn zum neuen Oberhaupt zu wählen.«
    »Es gibt noch eine andere Möglichkeit«, flüsterte Rosa und betrachtete den Revolver in ihrer Hand.
    »Ja. Die gibt es.«
    »Er weiß, dass ich versuchen werde, Iole zu befreien. Und dass dabei wahrscheinlich Carnevare-Blut fließen wird.«
    »Was offenbar gerade geschehen ist«, bemerkte Pantaleone.
    »Und diesmal wird keiner glauben, dass nicht ich es war, die geschossen hat.« Sie holte tief Luft und wandte sich an das Mädchen: »Iole, weißt du, wer der tote Mann ist?«
    »Dario Carnevare«, sagte Iole. »Alessandros Großcousin.«
    Pantaleone stöhnte leise. »Das ist der zweite Bruch des Konkordats, den er dir vorwerfen

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