Arkadien 03 - Arkadien fällt
etwa die ganze Fahrt über anhören?«
»Dann hätten wir sie nicht mitnehmen dürfen.«
Er schloss für einen Moment die Augen, als wollte er sich zur Ruhe zwingen. »Wir tun ihr nichts«, sagte er dann. »Sie ist die Einzige, die uns glauben wird, wenn wir den Beweis dafür liefern, dass die Malandras Quattrini getötet haben. Sie hat gesehen, was wir sind.«
»Wenn es nur das ist – das können wir auch allen anderen zeigen.«
»Dann werden sie erst recht glauben, dass wir es waren. Sie werden mit dem Finger auf uns zeigen und schon mal den Scheiterhaufen anheizen.« Er deutete auf Stefania. »Sie scheint ganz in Ordnung zu sein. Vielleicht geht sie mir auf die Nerven, aber sie ist nicht zwangsläufig unser Feind.«
Rosa verzog den Mund. »Und deshalb knebelst du sie?«
Stefania brummelte etwas in das Tuch, hob protestierend die Arme mit den Handschellen und ließ sie gleich darauf in den Schoß sinken.
»Das übersteht sie«, sagte er und nahm wieder Platz hinterm Steuer.
Rosa warf einen resignierenden Blick nach hinten, verstaute die Waffe und ließ sich in den Sitz sinken. Der Wagen rollte an und nahm Fahrt auf.
»Was sollte das mit den Tickets und den Pässen?«, fragte sie nach einer Weile. »Warum hast du mir nichts davon gesagt?«
»Weil ich nicht wollte, dass es so kommt wie jetzt. Dass zwischen uns die Entscheidung im Raum steht, ob wir fortgehen oder nicht.«
»Du willst doch gar nicht davonlaufen.«
»Ich lasse mich nicht einfach fortjagen. Ich hab Quattrini Unrecht getan, und das tut mir leid. Aus irgendeinem Grund hatte sie einen Narren an dir gefressen. Und jetzt ist sie tot, weil man uns beiden die Schuld dafür in die Schuhe schieben will. Das war keine spontane Aktion. Die haben das von langer Hand geplant.«
Stefania brachte ein wütendes Ächzen zu Stande und legte sich längs auf die Rückbank. Offenbar hatte sie beschlossen, sich vorerst mit ihrem Schicksal abzufinden.
»Warum haben sie das wohl getan?«, fragte er.
»Um uns loszuwerden.«
»Sie hätten uns einfach umbringen können. Vielleicht hätten das sogar die beiden Malandras vorhin geschafft. Und es hätte noch hundert andere Möglichkeiten gegeben.«
»Sie wollen uns loswerden, aber nicht töten?« Rosa schüttelte den Kopf. »Das ergibt keinen Sinn.«
»Deshalb hätte ich gern eine Erklärung dafür.«
Sie fühlte sich schuldig am Tod der Richterin und sie brannte vor Wut auf die Mörder. Zum ersten Mal glaubte sie zu begreifen, was Alessandro die ganze Zeit über angetrieben hatte. Erst Rache für den Tod seiner Mutter und für Cesares Verrat. Dann Rache an Rosas Vergewaltigern. Sein Drang zur Vergeltung war ihr immer ein wenig fremd gewesen, aber nun, mit dem getrockneten Blut der Richterin unter ihren Fingernägeln, verstand sie ihn endlich.
»Fuck«, entfuhr es ihr.
»Was ist?«
»Iole und die anderen. Falls es Alcantaras waren, die hinter alldem stecken … Falls da gerade wirklich so was wie ein Umsturz abläuft, dann sind sie auf der Isola Luna nicht mehr sicher.«
»Keiner von deinen Leuten interessiert sich für Iole«, sagte er beruhigend.
»Aber für Cristina di Santis! Sie kennt alle Geschäfte, alle Abkommen, sämtliche Einnahmequellen der legalen und illegalen Alcantara-Unternehmungen. Und sie ist bei Iole und der Falchi auf der Isola Luna.«
»Im Handschuhfach liegt ein Handy. Ruf sie an und sag ihnen, dass sie aufpassen sollen.«
Rosa öffnete die Teakholzklappe und zog eines von Alessandros iPhones hervor; er besaß mehrere, keines ließ sich zu ihm zurückverfolgen. Ungeduldig ließ sie es in der Inselvilla klingeln, bis eine automatische Ansage die Verbindung beendete. Aus dem Kopf tippte sie Ioles Handynummer ein.
Das Rufzeichen ertönte zweimal, dann nahm Iole den Anruf an.
Rosa atmete auf. »Ich bin’s.«
»Ich hab immer die Kühlschranktür zugemacht«, plapperte Iole los. »Und ich hab Sarcasmo keine Schokolade gegeben – nicht viel jedenfalls. Ich hab auch keine Sachen übers Internet bestellt, also heute noch nicht. Und ich war wirklich höflich zu Signora Falchi, auch wenn sie mal wieder das Gegenteil behauptet. Noch irgendwas, das ich falsch gemacht haben könnte?«
»Iole, hör mir jetzt genau zu. Du bist wieder auf der Insel, oder?«
»Seit einer Viertelstunde.«
»Ist noch jemand da? Außer Cristina und Signora Falchi und den Sicherheitsleuten?«
»Hab keinen gesehen.«
»Bist du im Haus?«
»Im Erdbeerzimmer.«
»Kannst du ans Fenster gehen? Von dort aus
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