Arkadien 03 - Arkadien fällt
könnten wir die halbe Cosa Nostra innerhalb einer einzigen Woche hochgehen lassen. Aber solange wir nicht genug Einsatzkräfte haben, haben wir keine Chance. Deshalb ist es manchmal besser, einige von euch zu dulden und zu beobachten, als euch alle aufzuschrecken und dabei zuzusehen, wie ihr uns durch die Finger schlüpft und auf Nimmerwiedersehen untertaucht. Jeder Mafioso, der etwas auf sich hält, hat in irgendeinem Hafen ein Schiff oder wenigstens ein Boot liegen. Würden wir die alle Tag und Nacht überwachen, müssten wir dafür jeden Verkehrspolizisten aus ganz Italien abziehen.«
»Aber für Ihre Leute sind wir Quattrinis Mörder«, sagte Alessandro. »Damit dürften wir so was wie einen Sonderstatus haben.«
Rosa nickte. »Poster im nächsten Heft der Polizeigewerkschaft.«
»Und wenn nicht die Bullen an Bord auf uns warten, dann vielleicht die anderen«, ergänzte er.
»Die, die euch reingelegt haben?« Stefania verriet durch nichts, ob sie daran glaubte.
Dass irgendwer es auf Rosa und Alessandro abgesehen hatte und sie über den Umweg von Quattrinis Ermordung aus dem Weg schaffen wollte, stand fest. Aber wer? Und was hatten diejenigen als Nächstes vor?
Mehr als um sich selbst sorgte Rosa sich um Iole. Hoffentlich saß sie schon mit den Frauen im stillgelegten Weltkriegsbunker unter der Vulkaninsel und ging den beiden gerade gehörig auf die Nerven.
»Warten wir, bis es dunkel ist«, schlug Alessandro vor. »Wenn sich bis dahin nichts Verdächtiges getan hat, gehen wir an Bord.«
Er parkte den Wagen an der Uferstraße, fast einen Kilometer vom Jachthafen entfernt. Hier fügte sich der Porsche unauffällig in eine ganze Reihe von Nobelkarossen ein.
Alessandro wählte die Nummer der Brücke. Rosa behielt währenddessen Stefania im Auge. Die Polizistin saß nach wie vor ruhig auf der Rückbank und schob sich umständlich mit gefesselten Händen ein paar verschwitzte Haarsträhnen aus der Stirn.
Nach wenigen Sekunden wurde der Anruf entgegengenommen. Alessandro runzelte die Stirn, nickte Rosa aber zögernd zu. Noch war ihr nicht nach Aufatmen zu Mute. Die Gaia war ihre einzige Möglichkeit, zur Isola Luna zu gelangen.
Nachdem er das Gespräch beendet hatte, fasste er das Wichtigste für sie zusammen. »Das war der Steuermann. Er sagt, sie haben nichts Auffälliges bemerkt. Bislang ist keine Polizei an Bord aufgetaucht, die Mannschaft ist vollzählig bis auf den Koch. Der hat seinen freien Tag. Sie können auf die Schnelle ein paar Männer organisieren, die mit zur Isola Luna fahren. Falls wir das wollen.«
»Killer«, sagte die Polizistin verächtlich.
»Und der Besatzung traust du noch immer?«, fragte Rosa.
»Für den Kapitän lege ich die Hand ins Feuer. Bei den anderen bin ich mir nicht so sicher. Aber ich schätze, wir haben keine Wahl.« Einen Moment lang herrschte unschlüssiges Schweigen. »Sie werden sich melden, falls irgendwas Unvorhergesehenes passiert. Die Gaia kann jederzeit aufbrechen. Ich bin trotzdem dafür, dass wir sicherheitshalber bis nach Einbruch der Dunkelheit warten. Eine, besser anderthalb Stunden. Beobachten wir so lange den Hafen und schauen, ob uns was auffällt.«
Rosa blickte hinaus aufs Meer. Es sah aus, als flösse Tinte vom Horizont ins Wasser und färbte es allmählich schwarz.
»Okay«, sagte sie widerstrebend. »Dann warten wir.«
Im selben Augenblick schrillte das Telefon.
»Iole«, sagte er mit Blick auf das Display. »Oder jemand, der ihr Handy benutzt.«
Rosa schnappte sich das iPhone und nahm das Gespräch an. »Hallo?«
»Handtaschenmanufaktur Dallamano.«
»Wie geht’s dir?«
Die Verbindung war schlecht. Ein Kratzen hing in der Leitung. Iole klang leiser als sonst, noch dazu flüsterte sie. »Ich kenne diese Männer. Das sind welche von uns. Alcantaras.«
»Ganz sicher?«
»Absolut.«
»Bist du im Bunker?«
»Cristina und Signora Falchi sind unten. Ich hab keine Verbindung bekommen, also bin ich wieder nach draußen. Ich kann ein paar von ihnen sehen. Sie sind an der Anlegestelle. Zwei Boote liegen hier vor Anker, das dritte muss anderswo sein. Vielleicht in der Bucht an der Südküste.«
»Pass nur auf, dass sie dich nicht sehen.«
»Bin ja nicht bescheuert.«
Rosa hatte sich noch nie so gefreut, Ioles Stimme zu hören. Im Augenblick hätte sie sogar ihr Geplapper stundenlang ertragen.
»Ich wollte dir nur sagen, dass sie keinen von uns bekommen haben«, sagte das Mädchen. »Sarcasmo ist bei uns. Wir haben genug zu essen für ein
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