Arkadien 03 - Arkadien fällt
den Kopf. Stefania beugte sich zwischen den Sitzen nach vorn. »Das sind drei gute, reichhaltige, verschwendete Pizzas.«
»Hinlegen. Bitte.«
Sie gehorchte. »Hört ihr das? Das war mein Magen.«
Rosa nickte. »Ziemlich laut.«
»Können wir aufhören über Essen zu reden?«, bat Alessandro.
»Da«, sagte Stefania, »schon wieder.«
»Wir knebeln sie doch.«
»Ich esse den Knebel.«
Er sah auf die Uhr und bog auf den Platz vor dem Hafen.
Hinter den erleuchteten Fenstern der Jacht bewegten sich Umrisse, aber niemals oben im Salon oder in den privaten Kabinen. Die Crew blieb auf den unteren Decks, auch wenn sich kein Passagier an Bord aufhielt. Nichts ließ darauf schließen, dass irgendetwas anders war als sonst. Keine verdächtigen Personen an der Anlegestelle, schon gar keine Polizei.
»Wie lange noch?«, fragte Stefania. »Er kommt zu spät.«
Rosa deutete nach vorn. »Da ist er.«
Der Fiat des Pizzadienstes bremste mit eingeschalteter Warnblinkanlage an der Promenade. Der Fahrer mit dem Cowboyhut sprang ins Freie, zog drei Kartons aus dem Kofferraum und schlenderte zur Gaia hinüber.
»Wenn sie klug sind«, sagte Stefania, »nehmen sie die Pizza an und essen sie.«
»Falls ich mich nicht täusche«, entgegnete Alessandro, »wird an Bord gerade so viel Adrenalin ausgeschüttet, dass niemand mehr Hunger hat.«
Ein schmaler Streifen im Schiffsrumpf entfaltete sich zu einer stählernen Treppe. Die einzelnen Stufen waren mit dickem Teppich belegt.
Rosa kniff die Augen zusammen. »Das da oben an der Reling ist nicht der Kapitän.«
»Nein«, flüsterte Alessandro.
»Jemand von der Crew, den ich kenne?«
»Du kennst sie, aber nicht von der Gaia . Das sind Männer aus dem Castello. Vom Wachdienst.«
»Hurra.«
Stefania erhob sich ein wenig, um ebenfalls zum Schiff zu sehen. »Ein Hinterhalt?«
»So was in der Richtung. Sie wussten genau, weshalb sie mich nicht mit dem Kapitän haben sprechen lassen. Er hätte mich gewarnt.«
Rosa ballte eine Hand zur Faust. »Was, wenn sie den Boten erschießen?«
Die Polizistin schnaubte. »Noch ein Toter, für den ihr verantwortlich seid.«
Für einen Moment glaubte Rosa, Stefania wäre zu weit gegangen. Auf Alessandros Hand am Steuer erschien schwarzer Flaum, zog sich aber gleich wieder unter die Ärmel der Lederjacke zurück.
Es war an der Zeit, dass sie etwas unternahm.
»Rosa, nicht!« Alessandro fuhr herum. »Die werden ihm nichts –«
Zu spät. Ihre Faust landete hart auf der Hupe. Der Schlüssel steckte, die Elektronik war eingeschaltet, und sogleich blökte ein lauter Ton über das Hafengelände.
Der Pizzabote blieb kurz vor der Treppe stehen und blickte zu seinem Wagen. Die Männer hinter der Reling wechselten ihre Positionen, um ein besseres Blickfeld zur Straße zu bekommen.
Rosa stieß die Tür auf. Sie hatte sich im Aussteigen verwandeln wollen, aber es klappte nicht so schnell, wie sie gehofft hatte. Stattdessen landete sie auf allen vieren auf dem Asphalt und wechselte erst einen Atemzug später die Gestalt. Als goldener Schuppenstrang schoss sie aus dem zusammenfallenden Kleid hinaus auf die Straße, hoffte, dass nicht ausgerechnet jetzt ein Auto vorüberraste, und glitt zur Promenade. Scheinwerfer erfassten sie auf den letzten Metern, aber da war sie schon auf dem Gehweg, schlängelte sich zwischen den Palmen hindurch und am dunklen Kai entlang zur Jacht.
Der Pizzabote hatte sich wieder der Gaia zugewandt. Wahrscheinlich wurde er zigmal am Tag angehupt. Vor ihm erhob sich der schneeweiße Rumpf wie eine Gletscherwand, die fernen Straßenlaternen spiegelten sich auf lackiertem Stahl.
Vom Boden aus konnte Rosa unter den Cowboyhut blicken. Es war nicht derselbe Fahrer wie der, den sie vor dem Imbiss gesehen hatten. Dieser hier war älter, mindestens dreißig. Er trug eine Weste wie sein Kollege, darunter ein weißes Hemd – und darunter noch etwas. Er war eindeutig zu warm gekleidet für einen lauen sizilianischen Märzabend.
Sie war noch zwei Meter entfernt, als sie die Pistole hinten in seinem Hosenbund entdeckte.
» American Pizza! «, rief er die Treppe hinauf. Die Reling der Jacht befand sich mehrere Meter über der Anlegestelle. Unmöglich, aus diesem Winkel dort oben jemanden zu erkennen. »Sie hatten bei uns bestellt.«
Von unten sah Rosa, dass er in der rechten Hand unter den Kartons eine zweite Waffe hielt. Er war entweder verrückt, sehr mutig oder überzeugt, dass seine Verstärkung jeden Augenblick eingreifen
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