Arkonadas Totenbuch
Der gewaltige Leib zeigte buddhaähnliche Rundungen. War sie größer als ich? Höchstens um die Länge einer Hand. Direkt schaute sie mich an. Ich bekam ihre volle Kraft zu spüren und ging weiter. Dabei versuchte ich, meine Gedanken abzulenken, denn ich wußte, daß ich gar nicht mal so hilflos war, wie sie eigentlich dachte. Irgend etwas besaß ich noch, auf das ich zurückgreifen konnte, aber es fiel mir nicht ein, weil mich Eli mit ihrer verfluchten Magie regelrecht bedeckt hielt.
Sie tat meinem Gedächtnis regelrecht Gewalt an, und noch war ich nicht soweit, dieser Gefahr trotzen zu können.
Sie war scheußlich, daran gab es nichts zu rütteln. Besonders die mit Blut gefüllten Adern unter der dünnen Oberhaut sorgten für diesen Anblick. Was ich als schlimm empfand, konnte für ihre Diener genau das Gegenteil bedeuten. Diese fehlgeleiteten Menschen interessierte es nicht, wie eine Person aussah, der sie dienten, es kam bei ihnen darauf an, was sie ihnen gaben.
Ewiges Leben!
Ein absoluter Unsinn, eine Verrücktheit. Nie würde Eli es schaffen, dieses Versprechen einzulösen. Die Diener hatten ihr einen Teil des Blutes gegeben, dafür mußten sie auch büßen, denn das immerwährende Leben bekamen sie nicht. Wenn sie nicht mehr benötigt wurden, würde Eli sie ohne Erbarmen fallenlassen.
Sie war ein grausames Geschöpf, mit dem menschlichen Verstand nicht zu begreifen, wie so mancher Dämon, dessen Existenz man hinnehmen mußte, ohne bei einer Nachfrage konkrete Ergebnisse zu bekommen. Die Blutgöttin hatte sich zu ihrer gesamten Größe aufgerichtet und stand hocherhoben vor mir. Die dicken Arme hielt sie angewinkelt, die Hände wie ein Trichter geöffnet, und zwischen ihren Handflächen tanzten die Feuerzungen.
Sogar das Totenbuch lag aufgeschlagen in den Händen, seine Seiten waren mir zugekehrt, ich sah die blutigrote Schrift und dachte daran, daß es von den Großen Alten verfaßt worden war. Sie waren von meinen Freunden und mir vernichtet worden. Es stellte sich die berechtigte Frage, ob ich bei ihrem Erbe scheitern würde.
Wieso konnte ich daran denken? ich ging auch nicht mehr weiter. Irgend etwas stimmte hier nicht, da war was anders geworden. Besser!
Ich dachte, ich folgerte, und ich vernahm in meinem Kopf eine Stimme, die auf telepathischem Wege mit mir Verbindung aufgenommen hatte. Zuerst hielt ich es noch für eine Einbildung und auch für einen Wunschtraum, als ich den Klang hörte, der mir so bekannt vorkam. Es lag schon einige Zeit zurück, daß ich ausgerechnet mit dieser Person in Kontakt getreten war, aber ich konnte mich stets auf sie verlassen, denn sie gehörte zu meinen Freunden, obwohl sie schon älter als 10.000 Jahre war.
Ebenfalls gedanklich sprach ich seinen Namen aus.
»Myxin?«
Der kleine Magier gab mir keine Antwort. Wahrscheinlich hatte er, der sensitiv Begabte, mich nicht gehört, weil meine eigenen Kräfte nicht ausreichten, den Ring zu durchbrechen, aber ich war froh, daß ich ihn verstehen konnte.
Wir sind in der Nähe… am Kloster… gib nicht auf… kämpfe gegen sie an! Eli ist nicht allmächtig. Sie kann kein ewiges Leben geben… das kann sie nicht… versuch es… laß dich nicht beeindrucken… ihre magische Sphäre ist enorm stark… aber du bist es auch… kämpfe, John, kämpfe…!
Die Stimme verklang. Etwas anderes war dazwischengekommen. Es schob sich voran wie ein großer Schatten, der alles verdecken wollte und nur eine Lücke zu Eli freiließ.
Was hatte mir Myxin geraten?
Kämpfen sollte ich! Mit meinen Waffen, diesmal aber nicht mit dem Kreuz.
Die Blutgöttin mußte genau gemerkt haben, daß ich ihrer Kontrolle entwichen war. Jetzt versuchte sie mit aller Kraft, mich wieder in ihren Bann zu bekommen. Wenn ihr das gelang, war ich verloren. Deshalb handelte ich sofort, denn noch konnte ich meine eigenen Bewegungen lenken und steuern.
Die Beretta ließ ich stecken, als ich unter meine Jacke griff. Dafür holte ich etwas anderes hervor, das auch einer dämonischen Person wie der Blutgöttin in seiner Wirkung Angst einjagen konnte. Es war der Bumerang!
Ich fühlte mich besser, als er in meiner Rechten lag. Die Diener mit ihren gezückten Knochenmessern bewegten sich nicht, und ich merkte auch, wie die Schatten der Blutgöttin näher kamen und ihre Ausstrahlung mich erreichten.
Ich hob den Arm.
Im Gesicht der Blutgöttin zuckte es. Sie zog den Mund in die Breite, möglicherweise ahnte sie etwas. Zu einer Gegenreaktion oder einem Kommentar ließ
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