Arkonadas Totenbuch
über sein Gesicht. Kara sprang hinzu. Sie stützte ihren Partner.
Suko hatte noch immer beide Hände auf dem Schädel der Göttinnenfigur liegen. Er wußte nicht, wie es weiterging, da wollte er sich auf Myxin verlassen. Suko wartete, bis sich der kleine Magier wieder erholt hatte. »Was soll ich deiner Meinung nach jetzt tun?«
»Nicht aufgeben«, flüsterte Myxin. »Der Kopf ist wichtig.«
Suko hatte ihn gehört, aber nichts begriffen. »Soll ich ihn einfach abreißen?«
»Nein, aber du kannst es versuchen, ja, du mußt es sogar. Dreh ihn herum. Einfach herum. Das muß es sein!« schrie Myxin plötzlich, als hätte er in diesem Moment die berühmte Erleuchtung bekommen. Suko sah keinen Grund, den heftig gesprochenen Worten des kleinen Magiers zu mißtrauen. Er drehte den Schädel der steinernen Blutgöttin. Zuerst nach rechts. Nichts rührte sich. Kein Knirschen war zu vernehmen. Sukos Hände rutschten ab. Er probierte es in der Gegenrichtung. Und da klappte es plötzlich. Er brauchte nur noch einen schwachen Widerstand zu überwinden, um die Mechanik in Bewegung zu setzen.
Alle vernahmen sie das knirschende Geräusch, als würde etwas im Innern der Altarplatte einrasten. Suko ließ den Schädel der Göttin augenblicklich los, machte einen großen Schritt zurück, denn der große Altarsockel, auf dem die Figur ihren Platz gefunden hatte, drehte sich. Freie Bahn.
Sie schauten sich erst gegenseitig an, bevor ihre Blicke auf das fielen, was die Altarplatte freigegeben hatte. Es war ein großes, offenes Viereck, die Tür zu einem Geheimgang.
Die vier überstürzten nichts. Sie warteten, bis der Sockel die gesamte Öffnung freigegeben hatte.
Ihnen war aufgefallen, daß der Raum oder die Halle unter ihnen nicht in absoluter Dunkelheit lag. Etwas erhellte ihn. Ein schwacher Feuerschein, der aus der Tiefe hochdrang, und dessen letzter Widerschein erst dicht unter dem Einstieg von der Dunkelheit verschluckt wurde. Auch vernahmen sie Geräusche, die sie noch nicht deuten konnten, weil sie dumpf klangen, manchmal von einem hektischen Schrei oder Ruf unterbrochen. Unter ihnen lag das Zentrum.
Leider war ihr Blickwinkel ziemlich ungünstig. So konnten sie nicht erkennen, was sich da tatsächlich ereignete, aber ihnen war klar, daß sie nach unten mußten.
Es gab keine Treppe!
Dennoch ließen sie sich davon nicht hindern. Der Eiserne nahm die Dinge in die Hand.
»Na denn«, sagte er und faßte Suko an, um ihn mitzunehmen. Im nächsten Moment sprang er in die Tiefe…
***
»Terra pestem teneto — Salus hic maneto!« Diese Worte hatte ich gerufen, denn so lautete die Formel, die die Kräfte meines Kreuzes aktivierten, das vor urlanger Zeit einmal von dem Propheten Hesekiel erschaffen worden war.
Diese Formel drang glatt und sicher über meine Lippen. Sie sollte mir das Leben retten, das mir die würgenden Schatten nehmen wollten. Ich war, während ich die Formel aufsagte, auf die Knie gefallen, weil mich die Schwäche übermannt hatte und ich mich nicht mehr halten konnte. So hockte ich am Boden, hielt das Kreuz hart umklammert und hoffte darauf, daß mein Ruf Erfolg zeigte.
Das geschah.
Die nähere Umgebung war plötzlich in gleißendes Licht getaucht. Die Enden des Kreuzes, wo die Insignien der vier Haupterzengel eingraviert waren, gleißten so hell auf, daß ich geblendet wurde und die Augen schließen mußte.
Von einem Erfolg oder Mißerfolg sah und merkte ich nichts. Ich wußte auch nicht, was mit den würgenden Schatten des ehemaligen Dämonendieners Arkonada geschah, die Zeit war ebenfalls nebensächlich geworden, ich hockte inmitten dieser gewaltigen Glocke aus weißmagischem Licht, das versuchte, die Gefahr von mir fernzuhalten. Sie schaffte es!
Und Arkonadas Schatten zahlten einen schlimmen Tribut. Ich vernahm ein wildes, böses Flüstern, das schon mehr einem verzweifelten Schreien glich, und das sorgte dafür, daß meine Laune besser wurde. Starb Arkonada endgültig?
Ich hoffte es, ich wünschte es, denn auch seine Schatten waren gefährlich, ebenso wie sein verdammtes Totenbuch, aus dem Eli und deren Diener ihre Kraft nahmen.
Ich atmete tief ein. Daß es so gut klappte, freute mich. Wären die Schatten noch so wie beim ersten Angriff gewesen, hätte ich kaum so gut Luft bekommen.
Sie schrien weiter.
Es war auf eine gewisse Art und Weise unerklärbar, daß Schatten rufen oder schreien können, aber diese waren nicht normal. Sie hatten mal zu einem Körper gehört, der aber zerrissen
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