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Arm und Reich

Arm und Reich

Titel: Arm und Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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jedem Kontinent beschränkte sich die Domesti­kation von Pflanzen und Tieren auf einige wenige, be­sonders begünstigte Regionen, die nur einen Bruchteil der Gesamtfläche ausmachten. Auch im Bereich tech­nischer und politischer Innovationen kam es häufiger zur Übernahme von Errungenschaften anderer Gesell­schaften als zu Neuerfindungen. Diffusion und Migra­tion innerhalb eines Kontinents leisteten somit wichti­ge Beiträge zur Entwicklung der dortigen Gesellschaften, die, bedingt durch Vorgänge, wie sie die sogenannten Musketenkriege der neuseeländischen Maori in so ein­facher Form veranschaulichen, auf lange Sicht meist ei­nen ähnlichen Werdegang erlebten (sofern die jeweiligen Umweltbedingungen dies zuließen). Gesellschaften, die ins Hintertreffen gerieten, machten entweder den Rück­stand wett oder wurden (wenn sie das nicht schafften) von konkurrierenden Gesellschaften verdrängt.
    Als zweite Gruppe von Faktoren möchte ich deshalb jene anführen, die einen Einfluß auf das von Kontinent zu Kontinent sehr unterschiedliche Tempo von Diffusi­on und Migration haben. Am schnellsten verliefen diese Prozesse in Eurasien, bedingt durch die vorherrschende Ost-West-Achse und die relativ geringen ökologischen und geographischen Barrieren. Für die Ausbreitung von Kulturpflanzen und Haustieren, die in hohem Maße kli­ma- und somit breitenabhängig sind, ist das unmittelbar einsichtig. Das gleiche gilt aber auch für die Ausbreitung technischer Neuerungen, und zwar insofern, als sie auf eine bestimmte Umwelt zugeschnitten sind. In Afrika und besonders in Amerika verlief die Diffusion wegen der dominierenden Nord-Süd-Achse und der hohen geo­graphischen und ökologischen Hürden langsamer. Er­schwert war die Ausbreitung auch in Neuguinea, dessen zerklüftete Landschaft nebst der langen, geschlossenen Gebirgskette größere Fortschritte in Richtung auf eine politische und sprachliche Vereinigung verhinderte.
    Mit der zweiten Gruppe von Faktoren, in deren »Zu­ständigkeit« die Diffusion innerhalb der Kontinente fällt, ist eine dritte verwandt, deren Faktoren die Diffusion zwischen Kontinenten beeinflussen, die ja ebenfalls zur Entstehung eines Vorrats an domestizierten Pflanzen und Tieren sowie technischen Errungenschaften beitra­gen kann. Von der interkontinentalen Diffusion profi­tierten die einzelnen Kontinente je nach geographischer Lage in sehr unterschiedlichem Maße. Am mühelosesten fanden Neuerungen innerhalb der letzten 6000 Jahre den Weg von Eurasien nach Afrika südlich der Sahara, wo die meisten Vieharten eurasischen Ursprungs sind. Keinen Beitrag leistete die interhemisphärische Diffu­sion indessen zur Entstehung der indianischen Hoch­kulturen in Amerika, das von Eurasien auf Äquatorhöhe durch breite Ozeane und im hohen Norden durch geo­graphische Hindernisse und ein unwirtliches, nur für Jäger und Sammler geeignetes Klima getrennt war. Das Australien der Aborigines, jenseits der Gewässer des in­donesischen Archipels gelegen, erhielt aus Eurasien er­wiesenermaßen nur den Dingo.
    Die vierte und letzte Faktorengruppe beinhaltet Unter­schiede in der Fläche und Bevölkerungsgröße der Kon­tinente. Mehr Land und mehr Bewohner bedeuten auch mehr potentielle Erfinder, mehr konkurrierende Gesell­schaften, mehr Innovationen, die übernommen werden können – und mehr Druck auf einzelne Gesellschaften, sich Neuerungen zu eigen zu machen, um nicht von Ri­valen hinweggefegt zu werden. Das letztere Schicksal er­eilte die afrikanischen Pygmäen und zahlreiche andere Jäger- und Sammlerpopulationen, die Landwirtschaft treibenden Völkern weichen mußten. Umgekehrt wi­derfuhr es auch den störrisch konservativen grönländi­schen Wikingern, an deren Stelle eskimoische Jäger und Sammler traten, deren Methoden zur Nahrungsgewin­nung unter den Verhältnissen Grönlands der Wikinger-Landwirtschaft haushoch überlegen waren. Unter den Landmassen unseres Planeten hatte Eurasien die größ­te Fläche und die größte Zahl konkurrierender Gesell­schaften, während Australien, Neuguinea und insbeson­dere Tasmanien am kärgsten ausgestattet waren. Nord­und Südamerika waren trotz ihrer großen Gesamtfläche durch geographische und ökologische Hindernisse so zersplittert, daß der Doppelkontinent im Grunde meh­reren kleinen Kontinenten mit spärlichen Verbindun­gen untereinander glich.
    Diese vier Gruppen von Faktoren stehen für große Umweltdifferenzen zwischen den Kontinenten, die

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