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Arm und Reich

Arm und Reich

Titel: Arm und Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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Kü­ste erreicht hatte, kehrte er mit einer von Kanonen star­renden Flotte zurück, um Kilwa, den wichtigsten Ha­fen Ostafrikas, über den der Handel mit Gold aus Sim­babwe abgewickelt wurde, zur Kapitulation zu zwingen. Was waren aber die Gründe dafür, daß Europäer früher als subsaharische Afrikaner in den Besitz der genann­ten drei Vorteile kamen?
    Wie wir sahen, haben alle drei ihre Wurzeln in der Entstehung der Landwirtschaft. Diese hatte jedoch in Afrika südlich der Sahara (verglichen mit Eurasien) Ver­spätung, bedingt durch den Mangel an domestizierba­ren heimischen Tier- und Pflanzenarten, die wesentlich kleinere für landwirtschaftliche Zwecke geeignete Flä­che und die dominierende Nord-Süd-Achse mit ihrem Bremseffekt auf die Ausbreitung von Landwirtschaft und Erfindungen. Wir wollen untersuchen, wie diese Fakto­ren im einzelnen wirkten.
    Beginnen wir mit den Haustieren. Wie schon erörtert, stammen jene, die wir heute in Afrika südlich der Sa­hara antreffen, aus Eurasien, ein paar Ausnahmen viel­leicht aus Nordafrika. Dies bedeutet, daß Haustiere erst Tausende von Jahren, nachdem eurasische Zivilisationen mit ihrer Nutzung begannen, nach Afrika südlich der Sahara gelangten. Das klingt zunächst verblüffend, da Afrika für uns der Kontinent der großen wilden Säuge­tiere ist. Wir sahen aber in Kapitel 8, daß ein wildleben­des Tier nur dann als Domestikationskandidat in Fra­ge kommt, wenn es eine Reihe bestimmter Eigenschaf­ten aufweist. So muß es einigermaßen sanftmütig und unterwürfig gegenüber Menschen sein. Es darf in sei­ner Ernährung nicht zu wählerisch sein und muß eine gewisse Immunität gegen Krankheiten besitzen. Ferner muß es schnell wachsen und sich auch unter den Be­dingungen der Gefangenschaft fortpflanzen. Eurasiens Kühe, Schafe, Ziegen, Pferde und Schweine zählten zu den wenigen großen Wildtierarten der Welt, die jedem dieser Kriterien genügten. Ihre afrikanischen Pendants – wie etwa Kaffernbüffel, Zebra, Buschschwein, Nashorn und Nilpferd – wurden dagegen niemals domestiziert, auch nicht in der Neuzeit.
    Es stimmt natürlich, daß afrikanische Großtiere in der Geschichte wiederholt gezähmt wurden. So benutz­te Hannibal bei seinem erfolglosen Feldzug gegen Rom gezähmte Afrikanische Elefanten, und von den alten Ägyptern wird behauptet, daß sie Giraffen und ande­re Tiere zähmten. Doch keine dieser gezähmten Krea­turen wurde im eigentlichen Sinne domestiziert, sprich in Gefangenschaft durch Zuchtwahl genetisch modifi­ziert, um für den Menschen nützlicher zu sein. Wären afrikanische Nashörner und Nilpferde domestiziert und als Reittiere abgerichtet worden, hätten sie, statt nur als Futter für Armeen zu dienen, auch eine schlagkräftige Kavallerie abgegeben, gegen die europäische Reiter auf Pferden schlechte Chancen gehabt hätten. Bantu-Stoß­trupps auf Nashörnern hätten das römische Reich aus den Angeln heben können. Doch dazu kam es nie.
    Ein zweiter Faktor ist ein ähnlicher, wenn auch nicht ganz so krasser Unterschied zwischen Afrika südlich der Sahara und Eurasien in der Ausstattung mit domestizier­baren Pflanzen. Im Sahel, in Äthiopien und Westafri­ka wurden zwar eine Reihe heimischer Gewächse do­mestiziert, doch ihre Zahl war sehr viel geringer als in Eurasien. Wegen dieser beschränkten Vielfalt des Aus­gangsmaterials begann möglicherweise selbst die frühe­ste Landwirtschaft in Afrika mit einigen Jahrtausenden Verspätung gegenüber Vorderasien.
    Was die Domestikation von Pflanzen und Tieren betrifft, besaß somit Eurasien und nicht Afrika den zeitli­chen Vorsprung und auch die größere Vielfalt. Ein dritter Faktor ist die Fläche Afrikas, die nur etwa der Hälfte Eu­rasiens entspricht. Von ihr liegt nur etwa ein Drittel in­dem Raum zwischen Sahara und Äquator, der schon vor 1000 v. Chr. von Bauern und Viehzüchtern bewohnt war. Heute hat Afrika weniger als 700 Millionen Einwohner, Eurasien dagegen vier Milliarden. Bekanntlich führen eine größere Fläche und eine höhere Zahl von Bewoh­nern unter sonst gleichen Umständen zu einer größeren Zahl konkurrierender Gesellschaften und Erfindungen, mit der Folge einer beschleunigten Entwicklung.
    Der letzte Faktor zur Erklärung der langsameren Ent­wicklung Afrikas nach dem Ende des Eiszeitalters, ver­glichen mit Eurasien, liegt in der unterschiedlichen Aus­richtung der Hauptachsen der beiden Kontinente. Afri­kas Hauptachse verläuft wie die des

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