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Arm und Reich

Arm und Reich

Titel: Arm und Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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ob­jektiv quantifizierbar und nicht umstritten sind. Man mag an meinem subjektiven Eindruck zweifeln, daß Neuguineer intelligenter sind als Europäer, doch niemand kann bestreiten, daß Neuguinea viel kleiner ist und sehr viel weniger große Säugetierarten besitzt als Eurasien. Bringt man diese Unterschiede zur Sprache, ruft man jedoch bei Historikern Unmut hervor und sieht sich rasch dem Vorwurf des »geographischen Determi­nismus« ausgesetzt. Dieses Etikett weckt offenbar unan­genehme Assoziationen wie etwa die, daß menschliche Kreativität nichts zähle oder daß Menschen nur willen­lose Roboter seien, fest programmiert durch die Einflüs­se von Klima, Flora und Fauna. Solche Befürchtungen sind natürlich unbegründet. Ohne die menschliche Er­findungsgabe würden wir unser Fleisch noch heute mit Steinwerkzeugen zerkleinern und roh essen, wie es un­sere Vorfahren vor einer Million Jahren taten. In jeder menschlichen Gesellschaft gibt es erfinderische Geister. Wahr ist aber auch, daß die Umwelt in manchen Regio­nen mehr Ausgangsmaterial bereithält und günstigere Bedingungen für die Nutzung von Erfindungen bietet als in anderen.
    Diese Antworten auf Yalis Frage sind sicher länger und komplizierter, als er sie sich gewünscht hätte. Historiker werden sie dagegen eher für zu kurz und simplifizierend halten. Wenn die Geschichte aller Kontinente der letz­ten 13000 Jahre in ein Buch von 550 Seiten gezwängt wird, bleibt im Durchschnitt etwa eine Seite je Konti­nent und 120 Jahre, so daß Kürze und Vereinfachung unvermeidlich sind. Die komprimierte Darstellung hat aber auch einen Vorteil: Langzeitvergleiche zwischen Regionen liefern Erkenntnisse, die Untersuchungen kürzerer Zeitspannen in einzelnen Gesellschaften nicht hergeben.
    Natürlich bleiben zahlreiche Probleme, die Yalis Frage aufwirft, ungelöst. Zur Zeit können wir nur Teilantwor­ten geben und Vorschläge für die weitere Forschung ma­chen, nicht jedoch eine vollständige Theorie präsentieren. Es kommt jetzt darauf an, die naturwissenschaftliche Komponente der Humangeschichte auszubauen, ver­gleichbar mit anerkannten historischen Naturwissen­schaften wie Astronomie, Geologie und Evolutionsbiolo­gie. Ich möchte dieses Buch deshalb mit einigen Gedan­ken zur Zukunft der Geschichtswissenschaft und einem Ausblick auf einige ungelöste Probleme abschließen.
    Die nächstliegende Fortführung dieses Buchs besteht in der weiteren Quantifizierung – und somit überzeugen­deren Darlegung – der interkontinentalen Unterschiede hinsichtlich der vier am wichtigsten erscheinenden Fak­torengruppen. Um die Unterschiede im Ausgangsmate­rial der Domestikation zu veranschaulichen, hatte ich für jeden Kontinent die Gesamtzahl wilder landbewoh­nender Pflanzen- und Fleischfresser (Tabelle 8.2) sowie großsamiger Getreidearten (Tabelle 7.1) angegeben. Es würde sich anbieten, auch die entsprechende Zahl groß­samiger Hülsenfrüchte, wie Bohnen, Erbsen und Wicken, zu ermitteln. Außerdem habe ich Faktoren angeführt, die große Säugetiere als Domestikationskandidaten dis­qualifizieren, aber keine genaueren Angaben darüber ge­macht, wie viele Kandidaten auf jedem Kontinent durch jeden dieser Faktoren aus dem Rennen geworfen wer­den. Dies wäre interessant zu wissen, insbesondere für Afrika, wo ein höherer Anteil der in Frage kommenden Tierarten ausschied als in Eurasien: Welche disqualifi­zierenden Faktoren spielten in Afrika die größte Rolle, und worauf ist ihr häufiges Auftreten bei afrikanischen Säugetieren zurückzuführen? Es sollte auch quantitati­ves Datenmaterial zusammengetragen werden, um mei­ne vorläufigen Berechnungen zu überprüfen, nach de­nen die Diffusion entlang der Hauptachsen Eurasiens, Nord- und Südamerikas und Afrikas in unterschiedli­chem Tempo verlief.
    Eine zweite Fortführung wäre die Betrachtung kleine­rer räumlicher und zeitlicher Einheiten als der für die­ses Buch gewählten. Vielen Lesern ist sicher schon die Frage in den Sinn gekommen (sie drängt sich ja gerade­zu auf), warum es innerhalb Eurasiens die Gesellschaf­ten Europas und nicht Vorderasiens, Chinas oder Indi­ens waren, die Amerika und Australien kolonisierten, in der technischen Entwicklung die Oberhand gewan­nen und die politische und wirtschaftliche Führungs­rolle in der modernen Welt übernahmen. Ein Histo­riker, der irgendwann zwischen 8500 v. Chr. und 1450 n. Chr. gelebt und über den weiteren Gang der Geschich­te

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