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Arm und Reich

Arm und Reich

Titel: Arm und Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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Reiches (auch bekannt als Karl I., König von Spanien) und Herrscher über den damals mächtigsten Staat Europas, auftrat. Pizarro, der einen bunt zusammengewürfelten Haufen von 168 spa­nischen Soldaten befehligte, befand sich auf fremdem Terrain, wußte kaum etwas über die örtliche Bevölke­rung, war ohne Verbindung zum nächstgelegenen spa­nischen Posten, der tausend Meilen weiter nördlich in Panama lag, und konnte deshalb auf keinen Fall mit ra­scher Verstärkung rechnen, falls er in Not geriet. Atahu­alpa befand sich dagegen in seinem eigenen Reich mit Millionen von Untertanen und war umgeben von sei­nem 80 000 Mann starken Heer, das gerade siegreich einen Krieg gegen andere Indianer geführt hatte. Den­noch brachte Pizarro Atahualpa binnen weniger Minu­ten, nachdem beide sich zum erstenmal in die Augen geblickt hatten, in seine Gewalt. Er hielt ihn acht Mo­nate lang als Geisel fest und erpreßte in dieser Zeit das größte Lösegeld der Geschichte gegen das Versprechen, ihn freizulassen. Als das geforderte Lösegeld – so viel Gold, daß es einen sechseinhalb Meter langen, fünf Me­ter breiten und zweieinhalb Meter hohen Raum füllte – beisammen war, brach Pizarro kurzerhand sein Ver­sprechen und ließ Atahualpa hinrichten.
    Atahualpas Gefangennahme war eine wichtige Vor­aussetzung für die Eroberung des Inka-Reichs durch die Europäer. Zwar hätten die Spanier aufgrund ihrer waf­fentechnischen Überlegenheit am Ende auf jeden Fall gesiegt, doch die Gefangennahme des Herrschers be­schleunigte und erleichterte die Unterwerfung erheb­lich. Atahualpa wurde von den Inkas als Sonnengott und absoluter Gebieter, dessen Anordnungen sogar aus der Haft befolgt wurden, verehrt. In den Monaten vor seiner Ermordung hatte Pizarro Gelegenheit zur Aus­sendung von Erkundungstrupps, die unbehelligt ande­re Teile des Inka-Reichs erforschten. Außerdem konnte er nach Verstärkung aus Panama schicken. Als nach der Hinrichtung Atahualpas schließlich Kämpfe zwischen Spaniern und Inkas ausbrachen, waren die Eindringlin­ge zahlenmäßig nicht mehr ganz so unterlegen.
    Die Gefangennahme Atahualpas interessiert uns somit als entscheidendes Moment der größten Kollision in der jüngeren Geschichte. Sie ist überdies von allgemeinerem Interesse, da die Faktoren, die dazu führten, daß Pizarro Atahualpa in seine Gewalt bringen konnte, im wesentli­chen mit denen übereinstimmten, die das Ergebnis vieler ähnlicher Kollisionen zwischen fremden Eindringlingen und Urbevölkerungen an anderen Orten der Erde be­stimmten. Insofern bietet Atahualpas Gefangennahme tiefe Einblicke in den Lauf der Geschichte.
    Was sich an jenem Tag in Cajamarca abspielte, ist ge­nau überliefert, da viele daran beteiligte Spanier das Geschehen schriftlich festhielten. Um einen lebendi­gen Eindruck der Ereignisse zu gewinnen, wollen wir uns mit Hilfe von Passagen aus Augenzeugenberichten von sechs Gefolgsleuten Pizarros, darunter seine Brü­der Hernando und Pedro, in die Vergangenheit zurück­versetzen lassen:
    »Die Besonnenheit, innere Kraft, soldatische Diszi­plin, die endlosen Mühen, gefahrvollen Reisen und ge­fochtenen Schlachten der Spanier – Vasallen des ruhm­reichen Kaisers des Heiligen Römischen Reiches, unseres Königs und Gebieters – werden die Gläubigen entzücken und die Ungläubigen in Schrecken versetzen. Aus diesem Grunde, zur Ehre Gottes des Allmächtigen und zum Wohle seiner Katholischen Majestät des Kaisers be­fand ich es für recht, diesen Bericht zu schreiben und Eurer Majestät zu übermitteln, damit jedermann erfah­ren könne, was darin zu lesen steht. Mein Bericht mehrt den Ruhm Gottes, weil es unter seiner Führung gelang, eine so unermeßliche Zahl von Heiden zu unterwerfen und zu unserem Heiligen Katholischen Glauben zu be­kehren. Er mehrt auch den Ruhm unseres Kaisers, weil sich die Geschehnisse, von denen mein Bericht handelt, dank seiner überaus großen Macht und der Gunst der Vorsehung unter seiner Herrschaft zugetragen haben. Es wird den Gläubigen wohlklingen, daß so große Siege er­rungen, Länder entdeckt und erobert, Reichtümer zum Wohle des Königs und ihrer selbst heimgebracht wurden und daß unter den Ungläubigen Schrecken und un­ter allen Menschen Bewunderung gesät wurde.
    Denn wann in der Geschichte wurden jemals so hel­denhafte Taten von so wenigen im Kampf gegen so viele, in so vielen Gefilden, über so viele Meere und so große Entfernungen zu Lande vollbracht, um das

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