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Arm und Reich

Arm und Reich

Titel: Arm und Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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Indianer vor, daß binnen kurzer Zeit die meisten von Schwertern niedergestreckt waren.
    Der Statthalter selbst nahm sein Schwert und seinen Dolch, begab sich mit einigen Begleitern mitten hinein ins Getümmel der Indianer und erreichte mit großem Mut Atahualpas Sänfte. Furchtlos packte er Atahual­pa am linken Arm und schrie dazu ›Santiago!‹, doch es gelang ihm nicht, Atahualpa aus seiner Sänfte zu zer­ren, da sie hochgehalten wurde. Obwohl wir die Sänf­tenträger einen nach dem anderen töteten, nahmen an­dere sofort ihren Platz ein und hielten die Sänfte hoch, so daß wir lange Zeit damit beschäftigt waren, Indianer zu überwältigen und zu töten. Schließlich gaben sieben oder acht Spanier ihren Pferden die Sporen, sprangen von einer Seite auf die Sänfte und warfen sie mit großer Anstrengung auf die Seite. Auf diese Weise wurde Ata­hualpa gefangengenommen, und der Statthalter brach­te ihn zu seiner Unterkunft. Die Sänftenträger und jene Indianer, die Atahualpa eskortiert hatten, blieben bis zu­letzt an seiner Seite und mußten alle sterben.
    Erschreckt vom Donner der Kanonen und dem An­blick der Pferde – beides war ihnen völlig neu –, versuch­ten die Indianer, die noch auf dem Platz waren, in gro­ßer Panik zu entfliehen, indem sie die Mauer an einer Stelle einrissen und in die Ebene dahinter liefen. Unse­re Kavallerie setzte ihnen nach und blies zum Angriff, wozu die Parole ausgegeben wurde: Jagt die mit den fei­nen Gewändern! Laßt keinen entkommen! Spießt alle auf!‹ Das Indianerheer, das Atahualpa mitgebracht hat­te, wartete unterdessen eine Meile vor Cajamarca, be­reit zur Schlacht, doch es regte sich nicht, und während des ganzen Geschehens erhob nicht ein einziger India­ner seine Waffe zum Kampf gegen die Spanier. Als die­jenigen Abteilungen, die in der Ebene vor der Stadt ste­hengeblieben waren, sahen, wie die anderen Indianer schreiend flohen, gerieten die meisten ebenfalls in Pa­nik und ergriffen die Flucht. Es war ein seltsamer An­blick, denn das ganze Tal war auf 15 oder 20 Meilen vol­ler Indianer. Die Nacht war bereits angebrochen, und unsere Kavallerie war immer noch damit beschäftigt, Indianer zu verfolgen und in den Feldern niederzuma­chen, als eine Trompete ertönte und uns das Signal zur Rückkehr ins Lager gab.
    Wäre es nicht Nacht geworden, hätten nur wenige der über 40 000 indianischen Krieger ihr Leben retten kön­nen. Sechs-, wenn nicht sogar siebentausend Indianer waren getötet, und viele weitere hatten einen Arm ver­loren und waren verwundet. Atahualpa gestand selbst ein, daß wir in der Schlacht 7000 seiner Männer getötet hatten. Der Mann in einer der Sänften, der ebenfalls den Tod gefunden hatte, war der Herrscher von Chincha, der hoch in Atahualpas Gunst stand. Die Sänftenträger wa­ren offenbar alle hohe Würdenträger und Ratsmitglie­der gewesen. Keiner von ihnen überlebte, und gleiches galt auch für die Träger der anderen Sänften und Hän­gematten. Der Fürst von Cajamarca fiel ebenso wie vie­le andere, doch waren ihrer so viele, daß man sie nicht zählen konnte, denn alle, die Atahualpa persönlich dien­ten, waren hohe Herren. Es war ungewöhnlich, Zeuge zu werden, wie ein so mächtiger Herrscher in so kurzer Zeit gefangengenommen werden konnte, war er doch in Begleitung eines so starken Heeres gekommen. Wahrlich, dieses Werk konnte von uns wenigen Mannen nicht aus eigener Kraft vollbracht werden. Das konnte nur durch Gottes Gnade geschehen, die groß ist.
    Atahualpas Gewand war ihm vom Leibe gerissen wor­den, als ihn die Spanier aus seiner Sänfte gezerrt hat­ten. Der Statthalter ließ ihm Kleidung bringen, und als Atahualpa angezogen war, befahl er ihm, bei sich Platz zu nehmen, und beschwichtigte ihn in seiner Wut und Empörung über seinen plötzlichen Sturz aus so hoher Position. Der Statthalter sprach zu Atahualpa: ›Nimm es nicht als Schmach, daß du besiegt und gefangen bist, denn zusammen mit den Christen, die mich begleiten und derer nur wenige an der Zahl sind, habe ich schon größere Reiche als deines unterworfen und mächtigere Fürsten als dich besiegt und in ihren Ländern die Herr­schaft des Kaisers errichtet, dessen Vasall ich bin und der König von Spanien und des ganzen Erdballs ist. Wir sind gekommen, dieses Land in seinem Namen in Be­sitz zu nehmen, auf daß seine Bewohner Gott kennen­lernen und den Heiligen Katholischen Glauben anneh­men mögen. Um unserer guten Mission willen läßt

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