Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Arm und Reich

Arm und Reich

Titel: Arm und Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
Vom Netzwerk:
Nicht er­wähnt sind Pflanzen, die erst später Bedeutung erlangten, wie beispielsweise Bananen in Afrika, Mais und Bohnen im Osten der heutigen USA und Süßkartoffeln in Neuguinea. Baumwolle (Gattung der Malvengewächse) tritt in vier Arten auf, von denen jede in einem anderen Teil der Welt heimisch ist, während Kürbisse (Gattung der Kürbisgewächse) in fünf Arten vorkommen. Man beachte, daß Getreide, Hülsenfrüchte und Faserpflanzen in den meisten Regionen bei der Entstehung der Landwirtschaft Pate standen, während Wurzeln, Knollen und Melonen nur an wenigen Orten schon früh von Bedeutung waren .

    Tabelle 6.1 Bedeutende frühgeschichtliche Anbaupflanzen (Aus­wahl nach Regionen)
    Trotz dieser Parallelen gab es aber auch erhebliche Unterschiede in den landwirtschaftlichen Systemen der verschiedenen Regionen. Einer bestand darin, daß in der Landwirtschaft der Alten Welt die Breitsaat, die Bestel­lung der Felder mit Monokulturen und schließlich der Pflug große Bedeutung erlangten. Das heißt, Samen wur­den handvollweise ausgesät, so daß ein Feld einer einzi­gen Frucht gewidmet war. Nachdem Kühe, Pferde und andere Tiere domestiziert waren, wurden sie vor Pflü­ge gespannt und halfen bei der Feldbestellung. Dagegen wurde in der Neuen Welt niemals eine Tierart domesti­ziert, die sich zum Pflügen eignete. Die Felder wurden stets von Hand mit Hilfe von Stöcken oder Hacken be­stellt, und die Samen wurden einzeln eingepflanzt und nicht handvollweise ausgestreut. Die meisten Felder in der Neuen Welt hatten deshalb nicht den Charakter von Monokulturen, sondern waren bunte Gärten mit vieler­lei Gewächsen.
    Ein weiterer wichtiger Unterschied zwischen den ver­schiedenen Anbausystemen lag darin, welche Pflanzen als Lieferanten von Kalorien und Kohlehydraten am wichtigsten waren. Wie wir sahen, übernahm in vielen Regionen Getreide die Funktion des Hauptnahrungs­lieferanten. In anderen teilten sich diese Rolle dagegen Wurzeln und Knollen, die im vorgeschichtlichen Vor­derasien und in China so gut wie bedeutungslos waren.
    Maniok (alias Tapioka) und Süßkartoffeln wurden im tropischen Südamerika zum Grundnahrungsmittel, Kar­toffeln und Oka in den Anden, afrikanische Jamswurzeln in Afrika und indopazifische Jamswurzeln und Taro in Südostasien und Neuguinea. Baumfrüchte, insbesonde­re Bananen und Brotfrüchte, dienten ebenfalls in Südost­asien und Neuguinea als kohlehydratreiche Grundnah­rungsmittel. Als das Zeitalter Roms begann, wurden so­mit schon fast alle der bedeutendsten Kulturpflanzen der Gegenwart an diesem oder jenem Ort der Welt angebaut. Die frühzeitlichen Jäger und Sammler waren mit den Wildpflanzen ihrer jeweiligen Umgebung – ebenso wie mit der Tierwelt, wie wir später sehen werden (Kapitel 8) – gründlich vertraut, und offensichtlich entdeckten und domestizierten die frühen Bauern darunter nahe­zu alle, deren Domestikation der Mühe wert war. Ge­wiß, Erdbeeren und Himbeeren wurden erst im Mittel­alter von Mönchen gezüchtet, und es stimmt natürlich auch, daß moderne Pflanzenzüchter immer noch an der Verbesserung der traditionellen Anbaupflanzen arbeiten, ja daß ihnen sogar die Züchtung einiger neuer gelang, bei denen es sich vor allem um Beeren (wie Blaubeeren, Preiselbeeren und Kiwis) und Nüsse (etwa Macadamia-, Pekan- und Cashewnüsse) handelte. Doch diese klei­ne Zahl neuzeitlicher Errungenschaften ist von beschei­dener Bedeutung, vergleicht man sie mit Erfolgsgewäch­sen wie Weizen, Mais und Reis. Dennoch fehlen auf unserer Triumphliste viele Wild­pflanzen, die trotz wertvoller Früchte bis heute nicht do­mestiziert werden konnten. Ein bemerkenswertes Beispiel ist die Eiche, deren Früchte ein Grundnahrungsmittel von Indianern in Kalifornien und im Osten der heutigen USA waren und die auch von europäischen Bauern nach Mißernten als Notnahrung verzehrt wurden. Wegen ih­res hohen Stärke- und Ölgehalts stellen sie eine wertvol­le Nahrung dar. Wie viele andere Früchte der Natur, die eigentlich eßbar sind, enthalten die meisten Eicheln bit­tere Tannine; Eichel-Liebhaber lernten jedoch, mit die­sen Stoffen in der gleichen Weise umzugehen wie mit den Bitterstoffen in Mandeln und anderen Wildpflan­zen: Entweder wurden die Tannine durch Mahlen und Herauslaugen aus den Eicheln entfernt, oder es wurden von vornherein nur die Früchte von gelegentlichen Mu­tanten mit niedrigem Tanningehalt gesammelt.
    Wie kommt es, daß wir bisher an der Domestikation

Weitere Kostenlose Bücher