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Arm und Reich

Arm und Reich

Titel: Arm und Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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ausführlichen Erörterung der Frage, wie unsere do­mestizierten Pflanzen und Tiere durch die Auswahl des Menschen entstanden. Statt über die Vögel der Galap­agosinseln zu schreiben, wie man es von Darwin wohl eher erwartet hätte, stellte er eine Erörterung der Art und Weise, wie Bauern verschiedene Stachelbeersorten züchten, an den Anfang seines Buches! Wörtlich heißt es darin:
    »In Gartenbaubüchern wird häufig die große Ge­schicklichkeit der Gärtner gerühmt, die mit dürftigem Material herrliche Erfolge erzielten. Aber ihre Kunst war sehr einfach; zumeist gelangten sie unabsichtlich zu ih­ren Erfolgen. Die ganze Kunst bestand darin, daß immer wieder der Same der besten Varietät ausgesät wurde; so­bald sich später zufällig eine noch bessere Varietät zeigte, wurde dann diese wieder auserlesen usw.« Diese Grund­sätze der Pflanzenzucht durch künstliche Selektion stel­len immer noch das verständlichste Modell für die Ent­stehung der Arten durch natürliche Selektion dar.

KAPITEL  7
Äpfel oder Indianer
Warum es den Bewohnern mancher Regionen nicht gelang, Pflanzen zu domestizieren
    W ir haben gerade erfahren, wie die Völker einiger Regionen begannen, Wildpflanzen zu kultivieren, und damit einen Schritt mit ebenso schwerwiegenden wie unabsehbaren Folgen für ihr Leben und den Platz ihrer Nachkommen in der Geschichte taten. Kehren wir nun zurück zu der Frage, warum die Landwirtschaft in einigen fruchtbaren, höchst geeigneten Regionen wie Kalifornien, Europa, Teilen Australiens mit gemäßigtem Klima und Afrika südlich des Äquators nicht unabhängig entstand, und weiter, warum sie in einigen der unabhängigen Entstehungszentren sehr viel früher in Erscheinung trat als in anderen.
    Als Antwort bieten sich zwei gegensätzliche Erklärungen an: Schuld war entweder die örtliche Bevölkerung oder das örtliche Angebot an Wildpflanzen. Die eine Erklärung geht davon aus, daß in allen ausreichend bewässerten Gebieten der gemäßigten oder tropischen Breiten eine genügend große Zahl von Wildpflanzen, die sich zur Domestikation eignen, vorhanden sind. In diesem Fall wäre die Erklärung für die Nichtentstehung der Land­wirtschaft in einigen dieser Gebiete in kulturellen Eigen­schaften ihrer Bewohner zu suchen. Die andere Erklä­rung unterstellt, daß in jeder der großen Weltregionen wenigstens einige Menschen die Experimentierfreudig­keit besessen hätten, die zur Domestikation führte. Nur ein Fehlen geeigneter Pflanzenarten könnte dann er­klären, warum die Landwirtschaft in einigen Gebieten nicht auf den Plan trat.
    Wie ich im nächsten Kapitel zeigen werde, ist das ent­sprechende Problem im Fall der Domestikation großer Säugetiere sehr viel einfacher zu lösen, was an der sehr geringen Zahl von Säugetier- im Vergleich zu Pflanzen­arten liegt. Auf der ganzen Welt gibt es nämlich nur etwa 148 Arten großer, wildlebender Landsäugetiere, die als Domestikationskandidaten prinzipiell in Betracht kom­men. Die Eignung einzelner Arten hängt von einer recht begrenzten Zahl von Faktoren ab. Deshalb kann für eine bestimmte Region ohne weiteres geprüft werden, ob die Nichtdomestikation dortiger Kandidaten womöglich auf das Fehlen geeigneter Arten anstatt auf irgendwelche Be­sonderheiten der örtlichen Vertreter der Spezies Mensch zurückzuführen ist.
    Ein solches Vorgehen würde bei Pflanzen schon an der riesigen Artenzahl scheitern, gibt es doch nicht we­niger als 200 000 Arten von Blütenpflanzen, also jener in der Vegetation überwiegenden Gewächse, von denen die meisten unserer Kulturpflanzen abstammen. Es wäre ein aussichtsloses Unterfangen, alle Wildpflanzen selbst eines so begrenzten Gebiets wie Kalifornien untersuchen zu wollen, um zu beurteilen, wie viele von ihnen dome­stizierbar gewesen wären. Wir werden aber gleich sehen, wie sich dieses Problem umgehen läßt.
    Angesichts der gewaltigen Zahl von Blütenpflanzen könnte einem zunächst der Gedanke kommen, daß bei solcher Überfülle jede Region mit einigermaßen mil­dem Klima mehr als genügend Arten aufweisen müß­te, um daraus eine Vielzahl von Kulturgewächsen zu züchten.
    Man darf aber nicht vergessen, daß die allermeisten Wildpflanzen aus offenkundigen Gründen als Nah­rung nicht in Betracht kommen: Sie sind holzig, tragen keine eßbaren Früchte, und ihre Blätter und Wurzeln sind ebenfalls nicht genießbar. Von den rund 200 000 Wildpflanzenarten stehen nur wenige Tausend auf dem Speiseplan des

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