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Arm und Reich

Arm und Reich

Titel: Arm und Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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Haustiere, Federvieh und In­sekten eine wichtige Rolle für den Menschen. Zahlrei­che Vogelarten wurden wegen ihres Fleischs, ihrer Eier und Federn domestiziert: das Huhn in China, meh­rere Enten- und Gänsearten in verschiedenen Teilen Eurasiens, Truthähne in Mesoamerika, das Perlhuhn in Afrika und die Moschusente in Südamerika. Wöl­fe wurden in Eurasien und Nordamerika domestiziert und zu Hunden gezüchtet, die dem Menschen als Jagd­gefährten, Wächter, Schoßtiere und in einigen Gesell­schaften auch als Nahrung dienen. Nagetiere und ande­re Kleinsäuger, die als Schlachttiere domestiziert wur­den, waren unter anderem das Kaninchen in Europa, das Meerschweinchen in den Anden, eine Riesenratte in Westafrika und möglicherweise die Baumratte, ein Nagetier, in der Karibik. Frettchen wurden in Europa für die Kaninchenjagd abgerichtet, Katzen in Nordafri­ka und im Nahen Osten zur Bekämpfung schädlicher Nagetiere. Erst im 19. und 20. Jahrhundert domestiziert wurden Fuchs, Nerz und Chinchilla als Pelzlieferanten sowie Hamster als drollige Spielgefährten. Sogar eini­ge Insekten wurden domestiziert, insbesondere die Ho­nigbiene in Eurasien und der Seidenspinner in China.
    Viele der genannten Kleintiere waren mithin Spender von Nahrung, Kleidung oder Wärme. Keins ließ sich je­doch vor Pflüge oder Wagen spannen oder von Reitern besteigen, keins mit Ausnahme des Hundes zog Schlit­ten oder diente als Kampfmaschine zur Kriegführung, und keins hatte als Nahrungslieferant auch nur annä­hernd die Bedeutung unserer großen Haustiere. Deshalb wollen wir uns im weiteren auf die großen domestizier­ten Säugetiere beschränken.
    Die Bedeutung domestizierter Säugetiere fußt auf er­staunlich wenigen Arten großer landbewohnender Pflanzenfresser. (Nur landbewohnende Säugetiere wur­den domestiziert, was auf die naheliegende Tatsache zu­rückzuführen ist, daß Wasserbewohner vor Erfindung moderner Großaquarien schwer zu halten und zu züch­ten waren.) Definiert man »groß« als »schwerer als 45 Kilo«, so wurden vor Beginn des 20. Jahrhunderts nur 14 solcher Arten domestiziert (siehe Tabelle 8.1). Von diesen »klassischen 14« gewannen neun (die »übrigen Neun« aus Tabelle 8.1) nur in begrenzten Regionen der Welt Bedeutung als Haustiere: Dromedar, zweihöcke­riges Kamel, Lama/Alpaka (verschiedene Rassen mit dem gleichen Ahnen), Esel, Rentier, Wasserbüffel, Jak, Banteng und Gaur. Nur fünf Arten gelangten auf der ganzen Welt zu überragender Bedeutung. Bei diesen »großen Fünf« der domestizierten Säugetiere handelt es sich um Kuh, Schaf, Ziege, Schwein und Pferd. Auf den ersten Blick mögen Sie bei dieser Aufzählung ekla­tante Auslassungen feststellen. Warum fehlt zum Bei­spiel der Afrikanische Elefant, mit dem Hannibal die Alpen überquerte? Und wo bleibt der Asiatische Ele­fant, der noch heute in Südostasien als Arbeitstier ein­gesetzt wird? Nein, beide wurden nicht vergessen, und damit sind wir auch schon bei einer wichtigen Unter­scheidung. Elefanten wurden zwar gezähmt, aber nicht domestiziert. Hannibals Elefanten von damals waren ebenso wie die Arbeitselefanten von heute lediglich wilde Elefanten, die eingefangen und gezähmt wurden. Sie wurden nicht in Gefangenschaft gezüchtet. Demgegenüber besagt die Definition von Domestikation, daß ein Tier vom Menschen gehalten und durch Zuchtwahl im Hinblick auf seine Nützlichkeit verändert und sei­ne Fortpflanzung und Futterversorgung von Menschen bestimmt und geregelt wird.
    Mit anderen Worten geht es bei der Domestikation darum, Wildtiere in etwas anderes, für den Menschen Nützlicheres zu verwandeln. Domestizierte Tiere unter­scheiden sich in verschiedener Hinsicht von ihren wildle­benden Vorfahren, wobei die Unterschiede auf zweierlei Weise hervorgerufen werden: zum einen dadurch, daß der Mensch diejenigen Einzeltiere einer Art auswählt, die für ihn nützlicher sind als andere der gleichen Art, und zum anderen durch die ganz von selbst erfolgenden Anpassungsreaktionen der Tiere auf die veränderten Be­dingungen der natürlichen Selektion in einer von Men­schen beherrschten Umwelt im Vergleich zu ihrer natür­lichen Umwelt. In Kapitel 6 wurde gezeigt, daß dies für die Pflanzendomestikation ganz genauso gilt.
    Domestizierte Tiere wiesen vielfältige Unterschiede zu ihren wildlebenden Vorfahren auf: Bei manchen Ar­ten änderte sich der Wuchs: Kühe, Schweine und Scha­fe wurden im Zuge der Domestikation kleiner,

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