Armageddon 01 - Die unbekannte Macht
hier unten in Durringham.«
Quinn Dexter hatte von den Vermißten gehört. Die Gerüchte hatten am gleichen Tag die Runde durch das Lager des zukünftigen Aberdale gemacht, an dem ein Empfangskomitee aus Schuster Gruppe Sieben einen Willkommensbesuch abgestattet hatte.
Vier komplette Familien. Siebzehn Menschen, die sich allem Anschein nach in Luft aufgelöst haben.
Die Geschichte interessierte Quinn, ganz besonders die Gerüchte. Banditen, Xenos (die Tyrathca-Farmer in den Ausläufern der Berge), geheimnisvolle gestaltwandelnde Ureinwohner, all das war als Theorie vorgebracht und für unzureichend befunden worden. Doch die Sache mit den Gestaltwandlern faszinierte Quinn. Einer der Zettdees aus Schuster Town wußte von mehreren Sichtungen zu berichten, als die ersten Siedler vor einem Jahr in diese Gegend gekommen waren.
»Einen hab’ ich mit eigenen Augen gesehen«, erzählte Sean Pallas. Sean war nur ein paar Jahre älter als Quinn, doch er hätte leicht für dreißig durchgehen können. Sein Gesicht war hager, seine Rippen traten hervor, Hände und Arme waren von roten Striemen und schwärenden Wunden übersät, wo Insekten ihn gestochen oder gebissen hatten. »Draußen im Dschungel. Er sah aus wie ein ganz normaler Mensch, aber er war vollkommen schwarz. Ich hab’ mich vielleicht erschrocken.«
»Heh!« beschwerte sich Scott Williams. Er war der einzige Afro-Karibe unter den achtzehn Zettdees von Aberdale. »Was soll denn daran falsch sein?«
»Nein, Mann, du verstehst nicht! Das Ding hat kein Gesicht gehabt! Keine Augen, kein Mund, nichts außer schwarzer Haut!«
»Sicher?« fragte Jackson Gael.
»Absolut. Ich war höchstens zwanzig Meter entfernt. Ich weiß genau, was ich gesehen habe. Ich habe geschrien und auf das Ding gezeigt, und es ist einfach verschwunden. Hat sich hinter einem Busch oder so was versteckt, und als wir an der Stelle waren …«
»… waren keine Tassen mehr im Schrank«, vollendete Quinn.
Die anderen lachten.
»Das ist überhaupt nicht lustig, Mann!« begehrte Sean auf. »Das Ding war dort, ich schwöre! Es konnte unmöglich von dort verschwinden, ohne daß es einer von uns gesehen hätte! Es hat seine Gestalt geändert und sich in einen Baum oder sonst was verwandelt. Und es gibt noch mehr von seiner Sorte. Sie lauern dort draußen im Dschungel, Mann, und sie sind stinkwütend auf uns, weil wir ihnen ihren Planeten stehlen.«
»Wenn sie so primitiv sind, woher wissen sie dann, daß wir ihren Planeten stehlen?« fragte Scott Williams. »Woher wissen sie, daß wir keine Ureinwohner sind?«
»Das ist kein Witz, Mann! Dir würde das Lachen schon vergehen, wenn eins von diesen Dingern plötzlich zwischen den Bäumen auftauchen und nach dir schnappen würde. Sie ziehen dich unter die Oberfläche, wo sie in riesigen Höhlenstädten leben. Spätestens dann wirst du an mich denken.«
Am Abend hatten Quinn und die anderen über Sean und seine Geschichte geredet. Sie stimmten darin überein, daß er ziemlich unterernährt ausgesehen hatte und wahrscheinlich hysterisch war. Ganz bestimmt jedoch hatte er einen Sonnenstich gehabt. Überhaupt hatten die Besucher aus Schuster einen düsteren Schatten auf die Stimmung der neuen Siedler geworfen; eine allzu gegenwärtige Mahnung, wie nah der Fehlschlag lag. Es hatte nicht viele Kontakte zwischen den beiden Gruppen gegeben, seit die Swithland aufgebrochen war.
Quinn hatte oft über das nachgedacht, was Sean Pallas erzählt hatte … und über die Gerüchte, die ihm im Umkreis von Aberdale zu Ohren gekommen waren. Ein schwarzer Humanoide ohne Gesicht, der ohne Spuren im Dschungel verschwinden konnte (mehr als einer, jedenfalls nach der Anzahl der Sichtungen zu urteilen).
Quinn war ziemlich sicher, daß er wußte, womit er es zu tun hatte: Irgend jemand dort draußen war im Besitz eines Chamäleon-Tarnanzugs. Niemand sonst in Aberdale war auf den Gedanken gekommen. Sie dachten nicht in den gleichen Bahnen wie Quinn. Für die Siedler war wahrscheinlich bereits die Vorstellung absolut lächerlich, daß sich irgend jemand im Hinterland des absolut größten Misthaufens von Planeten in der gesamten Konföderation versteckt halten könnte. Was, wenn Quinn es genau bedachte, der wirklich interessante Teil der Geschichte war. Wer auf den Gedanken kam, sich auf Lalonde zu verstecken, wo wirklich niemand je nachsehen kam, mußte der am dringendsten gesuchte Kriminelle des gesamten Universums sein. Nein, korrigierte er sich, eine ganze Gruppe von
Weitere Kostenlose Bücher