Armageddon 01 - Die unbekannte Macht
hartnäckigen Pfeifens. Fragen wurden gerufen, doch niemand wußte, warum die Jäger zurückbeordert wurden. Die Pfeife wurde nur in Notfällen und am Ende des Tages benutzt.
Scott bemerkte überrascht eine große Gruppe von Leuten, die sich oben auf einem steilen Erdhügel postiert hatten. Es waren vielleicht vierzig oder fünfzig Mann. Sie mußten aus dem Dorf gekommen sein. Scott sah Rai Molvi vor ihnen stehen und aus Leibeskräften in die Pfeife blasen. Er war sich der zahlreichen Augen bewußt, die auf ihn gerichtet waren, während er zusammen mit Alex Fitton die Böschung hinaufkletterte.
Ein großer Qualtook-Baum stand dort, wo der Hang endete. Einer der dickeren Äste ragte über den Abhang auf der anderen Seite hinaus. Drei Silikontaue waren über den Ast geworfen worden.
Die Gruppe von Siedlern teilte sich lautlos und bildete eine Gasse in Richtung des Baums. Scott ging zwischen ihnen hindurch und verspürte zum ersten Mal so etwas wie Besorgnis. Dann sah er, was an den Seilen baumelte. Jemina war die letzte gewesen, sie röchelte und zappelte noch. Ihr Gesicht war purpurn angelaufen, Augen und Zunge quollen hervor.
Er wandte sich ab und wollte rennen, doch sie schossen ihm mit einem Laser in den Oberschenkel und schleiften ihn zurück. Alex Fitton legte den Strick um seinen Hals und zog die Schlinge straff. Tränen rannen über seine Wangen, als er es tat, trotzdem – Roger Chadwick war Alex’ Schwager gewesen.
Der Rückweg zu seiner Ranch hatte Gerald Skibbow fast umgebracht. Er war gerannt und gerannt, als er den Rauch gesehen hatte.
Er hatte das verirrte Schaf an einer Leine hinter sich her gezogen. Orlando, der mächtige Schäferhund der Familie, war gutgelaunt nebenher durch das hohe Gras getapst. Der Hund spürte, daß sein Herr zufrieden mit ihm war, weil er die Fährte des verirrten Schafes aufgenommen und schließlich das Tier selbst gefunden hatte. Gerald hatte geduldig gelächelt und die übermütigen Possen seines Hundes beobachtet. Das Tier war inzwischen beinahe erwachsen. Merkwürdig nur, daß Loren die besten Ergebnisse bei seiner Ausbildung erzielte.
Gerald war am Morgen durch die halbe Savanne getrottet – jedenfalls war es ihm so vorgekommen. Er konnte nicht glauben, wie weit das verdammte Schaf in der kurzen Zeit gekommen sein sollte. Schließlich hatten sie es laut blökend am Boden eines steilen Grabens vielleicht drei Kilometer vom Gehöft entfernt gefunden. Gerald war froh, daß die Sayce sich strikt im Dschungel aufhielten. Und bis jetzt hatten sie nie Schwierigkeiten mit irgendwelchen Kroklions gehabt, die angeblich das Grasland durchstreiften, abgesehen von ein paar weit entfernten schlanken Gestalten im Gras und dem einen oder anderen nächtlichen Brüllen.
Dann, als er noch vielleicht zwei Kilometer von zu Hause entfernt gewesen war, hatte er diese schreckliche blau-graue Rauchwolke entdeckt, die träge vor ihm in den Himmel stieg, die Ursache hinter dem Horizont verborgen. Er hatte in kalter Furcht auf den Rauch gestarrt – die anderen Gehöfte lagen allesamt kilometerweit entfernt, und es gab nur den einen möglichen Brandherd. Es war, als beobachtete Gerald, wie sein eigenes Lebensblut hinauf in den wolkenlosen blauen Himmel verdampfte. Seine Ranch war alles, was er hatte. Er hatte sein Leben investiert, und er hatte keine andere Zukunft.
»Loren!« hatte er gebrüllt. Dann hatte er die Leine des Schafes losgelassen und war gerannt. Das Lasergewehr hatte ihm in die Seite geschlagen. Er hatte es weggeschleudert. Orlando hatte drängend gebellt, als er die Angst und Aufregung seines Herrn gespürt hatte.
Es war das Gras. Das verdammte Gras. Es klebte an seinen stampfenden Beinen und behinderte ihn. Spalten und Löcher im Untergrund ließen ihn immer wieder stolpern. Immer wieder fiel er der Länge nach hin, schrammte sich Hände und Unterarme auf, schlug sich das Knie an – es war egal. Immer wieder rappelte er sich hoch und rannte weiter. Immer und immer wieder.
Die Savanne verschluckte die Geräusche ringsum. Das Schaben des Grases an seinen abgewetzten Hosen, sein mühsames Atmen, das Ächzen jedesmal, wenn er stürzte, das alles wurde von der windstillen, heißen Luft aufgesaugt, als hungerte sie danach, als schnappte sie begierig nach dem leisesten Geräusch.
Die letzten zweihundert Meter waren die schlimmsten. Gerald kletterte auf eine niedrige Anhöhe, und vor ihm lag das Gehöft. Nur die Tragbalken standen noch, stämmige schwarze Balken, an denen
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