Armageddon 01 - Die unbekannte Macht
die Flammen leckten. Die Schindeln und Planken waren längst verbrannt und hatten sich gelöst wie faulende Haut, und sie lagen in zerbröckelnden Resten rings um das Fundament.
Die Tiere waren versprengt. In Panik wegen der Hitze und den brüllenden Flammen hatten sie sich einen Weg durch den Palisadenzaun gebahnt und waren hundert Meter oder weiter gerannt, bis die unmittelbare Furcht nachgelassen hatte. Von dort aus waren sie ziellos umhergewandert. Gerald sah das Pferd und ein paar Hühner drüben beim Teich, wo sie desinteressiert tranken. Anderes Vieh weidete verstreut im Grasland.
Gerald sah nirgendwo eine andere Bewegung. Keine Menschen. Er starrte wie betäubt umher. Wo steckten Paula und Frank und Loren? Wo steckte die Arbeitsgruppe von Zettdees? Sie hätten alle versuchen müssen, das Feuer zu löschen!
Mit Beinen, die ihm kaum noch gehorchten, und mit brennenden Lungen rannte er die letzten Meter wie durch einen Nebel. Ein heller Funkenregen stob in den Himmel. Der Rahmen des Blockhauses gab ein gequältes Knarren von sich und brach in einer Serie von plötzlich nachgebenden Balken ein.
Gerald stieß einen lauten, verzweifelten Schrei aus, als die letzten Balken zur Ruhe gekommen waren. Fünfzehn Meter vor der brennenden Ruine blieb er stehen. »Loren? Paula? Frank? Wo seid ihr?« Der Schrei ging im Prasseln der Funken unter. Niemand antwortete. Er war zu entsetzt, um zu den Überresten seines Gehöfts zu gehen. Dann hörte er Orlando leise jaulen. Er ging zu seinem Hund.
Es war Paula. Die süße kleine Paula, das kleine Mädchen, das damals in der Arkologie auf seinem Schoß gesessen und wild kichernd versucht hatte, an seiner Nase zu ziehen. Die zu einer so hübschen jungen Frau herangewachsen war, die soviel stille, würdevolle Kraft besessen hatte. Die hier auf dieser wilden, verwegenen Welt richtig aufgeblüht war.
Paula. Augen starrten blind auf die hochstiebenden Funken. Ein zwei Zentimeter durchmessendes Loch mitten in der Stirn, die Wunde von der Hitze des Jagdlasers kauterisiert.
Gerald Skibbow blickte auf seine Tochter herab. Er hatte die Knöchel in den weit offenen Mund gerammt. Seine Beine gaben unter ihm nach, und langsam sank er in das niedergetrampelte Gras neben ihr.
So fand ihn Powel Manani, als er vierzig Minuten später herbeigeritten kam. Der Aufseher überflog die Szene mit einem einzigen Blick. All die Wut und der Haß, die sich im Verlauf des Tages in ihm aufgestaut hatten, waren nun in einer fast Zen-artigen Ruhe aufgegangen.
Manani inspizierte die schwelende Ruine des Gehöfts. Drei verkohlte Leichen lagen im Innern, was ihm eine Weile Rätsel aufgab, bis ihm dämmerte, daß der zweite Mann wahrscheinlich Lawrence Dillon war.
Quinn würde es eilig haben, ohne Zweifel. Und Lawrence’ Füße hatten schon schlimm ausgesehen, als er Vorix getötet hatte. Jesus Christus, was war das doch für ein eiskalter Bastard!
Die Frage lautete: Wohin würde Quinn von hier aus gehen?
Inzwischen waren nur noch sechs Zettdees übrig. Manani war zuerst beim Gehöft der Nicholls gewesen, wo die zweite Arbeitsgruppe Zettdees im Einsatz gewesen war. Er hatte einen nach dem anderen unter den entsetzten Augen der Nicholls abgeknallt wie tollwütige Hunde. Hinterher hatte er ihnen erklärt, was geschehen war. Sie hatten ihn trotzdem noch angestarrt, als wäre er ein Monster. Es war Powel egal. Die restlichen Siedler würden ihnen am nächsten Tag schon den Kopf waschen.
Manani starrte auf den Rand des Dschungels, der vielleicht einen Kilometer weit entfernt lag. Quinn war dorthin geflohen, soviel war offensichtlich. Aber ihn dort zu finden, das würde schwierig werden. Es sei denn … Quinn war möglicherweise auf direktem Weg zurück in das Dorf. Er war jetzt ein richtiger Bandit, er würde Nahrung und Waffen benötigen, genügend Vorräte, um aus Schuster County zu fliehen. Eine kleine umherstreifende Bande konnte sich verdammt lange vor den Sheriffs und selbst einem Marshal (vorausgesetzt, der Gouverneur schickte einen vorbei) verborgen halten.
Orlando schnüffelte an Mananis Beinen, und Powel streichelte den Hund geistesabwesend. Er vermißte Vorix mehr als jemals zuvor. Vorix hätte Quinn in weniger als einer Stunde aufgespürt.
»Also gut«, sagte er zu dem jungen Schäferhund. »Also zurück nach Aberdale.« Es war auf jeden Fall seine Pflicht, die Bewohner vor dem zu warnen, was sich hier zugetragen hatte. Quinn hatte sicher die Waffen der Ranch mitgenommen. Gott sei Dank
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