Armageddon 01 - Die unbekannte Macht
die Oberfläche des Brightlime in dem weiten Cognacglas erzittern.
»Wo denn?« fragte Ashly.
Joshua ignorierte die beiden. Sie waren inzwischen seit zwei Tagen in Durringham, und allmählich fing er an, sich zu sorgen. Am Tag, als Ashly sie nach unten gebracht hatte, war unten am Hafen so etwas wie ein Aufstand ausgebrochen. Alles hatte dichtgemacht, Läden, Lagerhäuser, Regierungsbüros. Die Formalitäten am Raumhafen waren minimal gewesen, doch Joshua vermutete, daß das auf Lalonde immer so war. Ashly hatte vollkommen recht: das hier war eine massiv primitive Kolonie. Der heutige Tag war ein wenig besser verlaufen; wenigstens hatte der Industrieminister des Gouverneurs ihn mit einem Holzhändler aus Durringham zusammengeführt. Die Adresse hatte sich als ein kleines Büro unten am Fluß herausgestellt. Natürlich geschlossen. Nachforschungen hatten schließlich zu dem Besitzer geführt, einem Mister Purcell. Er hatte in einer Kneipe ganz in der Nähe gesessen und Joshua versichert, daß tausend Tonnen Mayope überhaupt kein Problem seien. »Schließlich kann man das Zeug hier unten nirgendwo verkaufen. Wir haben den halben Fluß hinauf alle Lager voll.« Er nannte einen Preis von fünfunddreißigtausend Fuseodollars inklusive und versprach, daß die Lieferungen zum Raumhafen am nächsten Tag beginnen konnten. Der Preis für das Holz war reinster Wucher, doch Joshua hatte keine Lust zu feilschen. Er erklärte sich sogar zu einer Anzahlung von zweitausend Dollars bereit.
Joshua, Ashly und Warlow waren auf ihren gemieteten Motorrädern zum Raumhafen zurückgekehrt (die Mietgebühren waren der reinste legalisierte Raub), um zu versuchen, eine McBoeing für den Transport in den Orbit zur Lady Macbeth zu chartern. Das hatte den Rest des Tages gekostet – und weitere dreitausend Fuseodollars an Bestechungsgeldern.
Es war nicht das Geld, das Joshua Sorgen bereitete; selbst wenn man die nötigen Schmiergelder in Rechnung stellte, betrug der Preis für das Mayope nur einen Bruchteil der Kosten für einen Flug nach Norfolk. Joshua war an Verhandlungen per Datavis und augenblicklichen Kontakt (über ein lokales Kommunikationsnetz) mit jeder denkbaren Person gewöhnt, die er zu sprechen wünschte. Auf Lalonde, wo es kein derartiges Netz gab und nur wenige Leute neurale Nanoniken besaßen, fühlte sich Joshua allmählich wie ein Fisch auf dem Trocknen.
Als er am späten Nachmittag in die Stadt zurückgefahren war, um diesen Purcell zu suchen und ihn zu informieren, daß sie eine McBoeing gechartert hatten, war der Holzhändler nirgendwo aufzutreiben gewesen. Joshua war schließlich mit düsterer Stimmung in den Crashed Dumper zurückgekehrt. Er war mit einemmal gar nicht mehr sicher, daß das Holz am nächsten Tag auftauchen würde, und sie mußten in sechs Tagen aufbrechen, wenn sie eine Chance auf eine Ladung Norfolk Tears bewahren wollten. Sechs Tage, und Joshua hatte keinerlei Alternative zu Mayope. Es hatte nach einer phantastischen Idee ausgesehen.
Er nahm einen weiteren Schluck von seinem Bier. Nach und nach füllte sich die Kneipe, als die Raumhafenbesatzung von der Schicht kam. In einer Ecke des Ladens spielte ein Audioblock eine Ballade, und einer der Gäste sang dazu. An der Decke drehten sich lustlos große Ventilatoren in dem fruchtlosen Versuch, die feuchte Luft umzuwälzen.
»Captain Calvert?«
Joshua hob den Blick.
Marie Skibbow steckte in einer enganliegenden ärmellosen grünen Stretchbluse, dazu trug sie einen kurzen schwarzen Faltenrock. Ihr dichtes Haar war zu einem hübschen Zopf geflochten. Sie trug ein rundes Tablett, das mit leeren Gläsern beladen war.
»Das nenne ich verschärften Service«, sagte Ashly grinsend.
»Das bin ich«, sagte Joshua. Was für Beine, dachte er. Und ein hübsches Gesicht, wenngleich für das Alter ein wenig zu weise.
»Wenn ich mich nicht irre, wollen Sie eine Ladung Mayope?« erkundigte sie sich.
»Weiß das etwa jeder in der Stadt?« antwortete Joshua mit einer Gegenfrage.
»So ungefähr. Der Besuch eines unabhängigen Händlers ist hier nicht gerade alltäglich, wissen Sie? Wenn wir nicht im Augenblick die Probleme oben am Quallheim hätten und die Leute nicht alle Zettdees hetzen würden, wären Sie wahrscheinlich das Gesprächsthema Nummer eins in ganz Durringham.«
»Ich verstehe.«
»Darf ich mich zu Ihnen setzen?«
»Sicher.« Er zog einen der freien Stühle unter dem Tisch hervor. Die Gäste hatten ihren Tisch bisher gemieden – schließlich hatte
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